Diskussion um Laienbeteiligung bei Bischofswahlen

Katholisches Büro NRW warnt vor Neuverhandlung von Konkordaten

Veröffentlicht am 14.07.2022 um 15:19 Uhr – Lesedauer: 

Düsseldorf ‐ Wenn Laien bei der Wahl eines Bischofs mitwirken sollen, müssen dafür erst die Verträge zwischen den Ländern und dem Heiligen Stuhl verändert werden. Der Chef des Katholischen Büros in Düsseldorf rät davon ab: Es drohe weniger statt mehr Beteiligung.

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Der Leiter des Katholischen Büros Nordrhein-Westfalen Antonius Hamers sieht eine Neuverhandlung von Konkordaten kritisch. Im Interview mit dem Kölner "Domradio" sagte Hamers, dass es zwar sicherlich gut und richtig sei, über die Beteiligung von Laien bei der Bestellung von Bischöfen nachzudenken. "Vor Bestrebungen, das Konkordat an dieser oder auch an anderen Stellen aufzumachen beziehungsweise zur Verhandlung zu stellen, kann ich jedoch nur warnen", so Hamers. Das Wahlrecht der Domkapitel sei ein Sonderrecht, das bis in die alte Reichskirche, also bis ins Mittelalter, zurückreiche und somit ein uraltes Privileg sei, das bis ins 20. Jahrhundert durchgetragen worden sei und für das es weltweit nur sehr wenige Beispiele gebe. "Wenn man dieses Recht zur Diskussion stellt, besteht die Gefahr, dass das Wahlrecht eher eingeschränkt als ausgeweitet wird", betonte der Leiter des Katholischen Büros.

Eine Änderung sei zudem hochkomplex. Hamers rate davon ab, einzelne Regeln in Frage zu stellen, zumal bei einer Änderung des Preußenkonkordats alle Bundesländer und alle Bistümer auf dem ehemals preußischen Gebiet beteiligt werden müssten. Nur weil die Konkordate bereits Anfang des 20. Jahrhunderts geschlossen wurden, seien sie nicht überholt.

Nach wie vor stellten Konkordate eine gute vertragliche Grundlage für eine verbindliche rechtliche Beziehung zwischen Staat und Kirche dar: "Zudem unterstreichen sie, dass wir als Kirche – auch wenn wir zahlenmäßig geringer werden – eine gesellschaftliche Relevanz und Verpflichtung haben. Wir geben der Gesellschaft wichtige Impulse, und wir empfangen von der Gesellschaft wichtige Impulse", so Hamers weiter. Die Absicherung theologischer Fakultäten an staatlichen Universitäten sei für beide Seiten ein Vorteil: Für die Kirche, da sie so im wissenschaftlichen Bereich auf der Höhe der Zeit bleibe und im Austausch mit anderen Wissenschaften stehe, für den Staat, weil er ein Interesse an akademisch gut ausgebildeten Geistlichen habe: "Weil die Kirche eine gesellschaftliche Bedeutung hat, ist es wichtig, dass diejenigen, die in der Kirche Verantwortung tragen, eine gute, qualifizierte Ausbildung haben, weil sie zumindest indirekt auch in der Gesellschaft eine Rolle spielen", betonte Hamers.

Synodaler Weg will mehr Beteiligung bei Bischofswahl

Die Forderung des Synodalen Wegs, Laien bei der Bestellung von Bischöfen mitwirken zu lassen, betrifft eine in Deutschland durch Konkordate geregelte Materie. Die Synodalversammlung hatte im Februar beschlossen, dass bei der Bischofswahl "das Volk Gottes insgesamt als handelndes Subjekt in Erscheinung treten" solle. Dazu soll eine "Musterordnung für die freiwillige Selbstbindung der jeweiligen Domkapitel bei der Bestellung von Bischöfen" erarbeitet werden. Vorgesehen ist ein zusätzliches beratendes Gremium, das mit dem Domkapitel gemeinsam eine Liste geeigneter Kandidaten erstellt, die nach Rom gesandt wird. In den Diözesen, für die das Badische oder das Preußische Konkordat gelten, wählt das Domkapitel den Bischof aus einer Dreierliste aus Rom, in den bayerischen Bistümern ernennt der Papst Kandidaten frei. Eine Änderung daran würde eine Änderung der Konkordate erfordern. 

Auch in der Diskussion um die von Kardinal Rainer Maria Woelki gegründete Kölner Hochschule für Theologie und Kirche (KHKT) wurden jüngst Fragen nach der Auslegung der Staatskirchenverträge gestellt. Während der ehemalige ZdK-Präsident Thomas Sternberg in der Priesterausbildung an der KHKT einen Bruch des Preußenkonkordats sieht, geht der Bonner Staatskirchenrechtler Christian Hillgruber davon aus, dass lediglich ein vollständiger Abzug aller Priesterkandidaten von der Bonner Theologie-Fakultät an die KHKT dem Konkordat widerspreche.

Konkordate sind völkerrechtliche Verträge zwischen dem Heiligen Stuhl und Staaten. In Deutschland gelten das Bayerische Konkordat von 1924, das Preußenkonkordat von 1929 und das Badische Konkordat von 1932 in den Bundesländern und Diözesen in den jeweiligen damaligen Ländergrenzen, deutschlandweit gilt das Reichskonkordat von 1933. Seit den 1960er-Jahren wurden weitere Staatsverträge zwischen Bundesländern und dem Heiligen Stuhl geschlossen, zuletzt stimmte der Berliner Senat Ende Juli einem Staatsvertrag zu. (fxn)