"Viel ist innerhalb der katholischen Kirche bisher nicht passiert"

Initiative #OutInChurch kritisiert Entwurf für neue Grundordnung

Veröffentlicht am 01.08.2022 um 14:40 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ Ein halbes Jahr nach #OutInChurch hat Mitorganisator Rainer Teuber eine gemischte Bilanz gezogen. Viel sei bislang mit Blick auf die Forderungen der Initiative nicht passiert. Kritik äußerte Teuber zudem am Entwurf der neuen Grundordnung.

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Die katholische Initiative #OutInChurch hat den vorliegenden Entwurf für eine neue "Grundordnung des kirchlichen Dienstes" kritisiert. "Auf den Entwurf der Grundordnung muss noch einmal kritisch geguckt werden. Da tauchen schwammige Begriffe auf, die neue Rechtsunsicherheiten schaffen", sagte Mitorganisator Rainer Teuber am Montag in einem Interview des Internetportals domradio.de. Unter anderem vermisse man in dem Entwurf die Berücksichtigung der Geschlechtsidentität. "Denn hier entstehen neue Unsicherheiten, die unbedingt eine Nachbesserung erfordern, damit eben auch der kirchliche Arbeitsplatz für trans- und intergeschlechtliche Menschen, für non-binäre Mitarbeiter zu einem Arbeitsplatz ohne Angst wird", so Teuber.

Zwar würdigte der Kunsthistoriker, dass das Eingehen einer gleichgeschlechtlichen Zivilehe künftig wohl kein Kündigungsgrund mehr sein werde: "Aber das wird erst rechtssicher, wenn die Grundordnung verabschiedet ist. Doch die Nagelprobe steht noch aus, wie weit die Deutsche Bischofskonferenz da gehen möchte." Denn wenn die katholische Kirche in Deutschland ein Arbeitsrecht verabschiede, dass transidente non-binäre Personen anerkenne, verstoße sie damit im Grunde genommen gegen die römische Lehrmeinung. Man sei als Initiative #OutInChurch sehr gespannt, wie sich in diesem Zusammenhang die jüngst veröffentlichte Erklärung des Heiligen Stuhls zum Synodalen Weg der katholischen Kirche in Deutschland auswirke.

"Viel ist innerhalb der katholischen Kirche bisher nicht passiert"

Teuber kritisierte weiter, dass sich in der von #OutInChurch angestoßenen Debatte bislang alles auf das kirchliche Arbeitsrecht fokussiere. Die Initiative sei aber mit sieben Kernforderungen an die Öffentlichkeit gegangen und sechs weitere lägen bislang völlig unbearbeitet auf dem Tisch. "Wir stehen noch ganz am Anfang. Viel ist innerhalb der katholischen Kirche bisher nicht passiert", so Teuber, der als Leiter Museumspädagogik und Besucherservice bei der Essener Domschatzkammer beschäftigt ist.

Er beklagte zudem, dass die Initiative nicht stärker angefragt werde; "wir als Initiative #OutInChurch vermissen schmerzlich ein Gespräch mit uns". Immerhin sei die Expertise beim Themenkomplex queeres Leben innerhalb der Initiative "immens groß". Im Rahmen der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz im März im bayerischen Vierzehnheiligen habe es einen Termin mit dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, dem Mainzer Bischof Peter Kohlgraf und dem Essener Weihbischof Ludger Schepers gegeben. Dabei habe die Initiative angeboten, sich an den Gesprächen zur neuen Grundordnung zu beteiligen. "Doch es gab bis heute leider kein Gesprächsangebot. Das ist schade", betonte Teuber.

Teuber: Das System reagiert nur auf Druck

Der Kunsthistoriker verbuchte es in dem Interview jedoch als Erfolg, dass bislang keinem Beteiligten bei #OutInChurch von einem kirchlichen Arbeitgeber gekündigt worden sei. Die Bischöfe und Generalvikare hätten stattdessen sehr schnell auf #OutInChurch reagiert und "ihre Liebe zu ihren queeren Mitarbeitern entdeckt". Dies bewertete Teuber jedoch ebenfalls kritisch: "Warum entdecken die Kirchenverantwortlichen ihre Wertschätzung für queere Mitarbeiter am 25. Januar nach Kampagnenstart und nicht schon vorher? Es ist wie so oft in der katholischen Kirche: Das System reagiert nur auf Druck."

Im Rahmen von #OutInChurch hatten sich Ende Januar rund 125 Mitarbeiter der katholischen Kirche öffentlich als queer geoutet, also etwa als homosexuell oder transgender. Sie forderten unter anderem eine Überarbeitung der arbeitsrechtlichen Bestimmungen der Kirche, damit etwa in einer homosexuellen Partnerschaft lebende Beschäftigte keine Kündigung fürchten müssten. Als Reaktion auf die Forderungen und ähnliche Diskussionen beim Synodalen Weg legte die Bischofskonferenz Ende Mai den Entwurf für eine neue Grundordnung vor. Demnach sollen die private Lebensgestaltung, das Beziehungsleben und die Intimsphäre der Beschäftigten keinen Anlass mehr für Kündigungen bieten. Die Beratungen über das neue Arbeitsrecht sollen noch in diesem Jahr abgeschlossen werden. (stz)