Geistlicher war 1964 verstorben

Missbrauchsvorwürfe: Stadt beseitigt "Ehrengrab" von Pfarrdechanten

Veröffentlicht am 03.08.2022 um 13:41 Uhr – Lesedauer: 

Horstmar ‐ Seit 1964 hatte der ehemalige Pfarrdechant ein sogenanntes "Ehrengrab" auf dem Friedhof in Horstmar. Nun wurde die Grabstelle allerdings eingeebnet. Grund dafür sind Missbrauchsvorwürfe gegen den Geistlichen.

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Nach Vorwürfen sexuellen Missbrauchs hat die Stadt Horstmar im Landkreis Steinfurt das Grab eines ehemaligen Pfarrdechanten auf dem kommunalen Friedhof aufgelöst und eingeebnet. Auf Anordnung des Verwaltungschefs sei die Grabstätte bereits im Februar beseitigt worden, berichteten die "Westfälischen Nachrichten" (Mittwoch) mit Bezug auf den Bürgermeister der Stadt, Robert Wenking. Demnach hatte der Geistliche ab 1946 in der Gemeinde gewirkt und nach seinem Tod 1964 ein sogenanntes "Ehrengrab" auf dem Friedhof bekommen.

Als Grund für die Auflösung nannte Wenking den Anruf eines Horstmarer Bürgers im Januar, der erklärt habe, dass der Pfarrdechant sich ihm als Kind gegenüber in sexuell missbräuchlicher Weise genähert habe. Auslöser dafür war ein Artikel über sexuellen Missbrauch im Bistum Münster. Daraufhin habe er den Kontakt zum Interventionsbeauftragten des Bistums, Peter Frings, hergestellt, so der Bürgermeister. Nach dem Gespräch habe er sich dazu entschlossen, das "Ehrengrab", dessen Ruhefrist ohnehin im Jahr 2004 abgelaufen war, zu beseitigen.

Verhalten lasse Aufrechterhaltung des Grabs nicht zu

Seine Entscheidung beruhe demnach auf der Tatsache, dass zu einem weitaus früheren Zeitpunkt vor Ort bereits über "missbräuchliches Verhalten" des Geistlichen gegenüber Kindern berichtet worden sei. Bis zum Anruf im Januar hätten ihm allerdings keine konkreten und offiziellen Aussagen Betroffener vorgelegen, erklärte Wenking der Zeitung. "Dieses sexuell missbräuchliche Verhalten lässt auch unter Berücksichtigung des zugefügten Leids insbesondere für die heute noch lebenden Betroffenen die Aufrechterhaltung eines Ehrengrabs nicht zu." Die Stadt habe zum Schutz der Betroffenen gehandelt und nichts verheimlicht, betonte der Bürgermeister.

Das Grab ist nicht die einzige Grabstätte eines Priesters, die wegen Missbrauchsvorwürfen eingeebnet wurde. Das Grab des katholischen Pfarrers und mehrfachen Missbrauchstäters Herbert Jungnitsch im sächsischen Heidenau wurde im Mai nach monatelanger Diskussion eingeebnet. Der Heidenauer Ortskirchenrat hatte bereits 2020 die Einebnung beschlossen, wollte jedoch einen Aufarbeitungsprozess in der Pfarrgemeinde abwarten. (cbr)