Brauchen konkrete Lösungsangebote der christlichen Ethik
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Die Social-Media-Timelines sind voll von Sommer, Sonne, Strand und Meer. Kaum einer, der im Moment nicht im Urlaub weilt und den lieben Gott einen frommen Mann sein lässt. Selbst Bilder von Bundeskanzlern vor respekteinflößenden Gasturbinen bestätigen zwar eine Vorahnung. Aber eine erschütterte Bundesrepublik sieht anders aus.
Und das, obwohl an den Grenzen Taiwans unser Verständnis von Globalisierung und dem Wirtschaftskumpel China wackelt, in den Wäldern Portugals unserem unbändigen Konsum mit Feuerschwaden die Folgen aufgezeigt werden und seit fast einem halben Jahr in der Ukraine unser Vertrauen in die Friedensfestung Europa bombardiert wird.
Doch die Zeitenwende hat unseren Alltag noch nicht existentiell verändert. Kaum einer kann sich vorstellen, was der Verzicht auf 20 Prozent des eigenen Energieverbrauchs bedeutet, um über den Winter zu kommen. Genau das hatte aber zuletzt die Bundesnetzagentur gefordert. Oder welche Konsequenzen eine anhaltend hohe Inflation und die neue Gasumlage auf den eigenen Geldbeutel haben werden. Es geht nicht um ein Schüren von Angst, sondern um die Debatte, wie wir künftig zusammenleben wollen. Welche Generation trägt die Lasten? Welchen Dienst muss der Einzelne für alle leisten? Wie verhindern wir ein Anwachsen der Armut? Und wie behalten wir im Dilemma die Schöpfung angemessen im Blick? Es geht um Gerechtigkeit, Solidarität und Nachhaltigkeit. Genau, diese großen Begriffe der christlichen Sozialethik.
Zuversicht geben sie aber nicht automatisch. Sie brauchen eine Übersetzung ins Hier und Heute. Und sie müssen sich gegenüber anderen Angeboten behaupten. In der sich dynamisierenden Debatte über Freiheit und Verantwortung wartet niemand auf die Stimme christlicher Ethik. Jetzt sind sowohl die christlichen Sozialethiker:innen als auch die Verbände gefragt, aus den theoretischen Grundlagen und zurückliegenden Erfahrungen konkrete Lösungsangebote für unser Land zu formen. Für die Gesellschaft könnte es ein Relevanzbeweis des Christlichen in der Zeitenwende sein. Und dem Einzelnen ein Angebot der Zuversicht für die Krise.
Der Autor
Thomas Arnold ist Leiter der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.