Gesicht oder Rücken zum Volk – oder beides?

40.000 Menschen bei Protestkundgebung gegen Liturgiereform

Veröffentlicht am 08.08.2022 um 16:01 Uhr – Lesedauer: 

Neu Delhi ‐ Über die richtige Zelebrationsrichtung in der Messe herrscht seit Jahrzehnten ein Streit in der syro-malabarischen Kirche: Nun machten über 40.000 Laien, Priester und Ordensleute ihrem Ärger über einen liturgischen Kompromiss Luft.

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Mehr als 40.000 katholische Laien, Priester und Ordensleute aus rund 360 Pfarreien der Erzdiözese Ernakulam-Angamaly forderten bei einer Protestkundgebung in einem Stadion in Kochi, dass die komplette Messe vom Priester mit dem Gesicht zur Gemeinde gefeiert wird. Die Kundgebung habe nur eine Woche nach der Absetzung von Erzbischof Antony Kariyil als Metropolitvikar stattgefunden, berichtet der asiatische Pressedienst Ucanews (Montag).

Redner bei der Kundgebung "Viswasa Samrakshana Maha Sangamam", was sich grob als "Versammlung zum Schutz des Glaubens" übersetzen lässt, erinnerten an das historische Versprechen ihrer Vorfahren aus dem 17. Jahrhundert, das als "Eid des schrägen Kreuzes" bekannt geworden war, berichtete Ucanews. Damals weigerten sich viele der als "Thomas-Christen" bekannten Katholiken, sich den Jesuiten und der lateinisch-katholischen Hierarchie zu unterwerfen. Das hatte die Spaltung der Kirche in Kerala in sieben separate Kirchen zur Folge, von denen die Syro-Malabar-Kirche eine ist.

Jahrzehntelanger Streit

In dem aktuellen jahrzehntelangen Streit ging es um die Frage, ob der Priester die gesamte Messe mit dem Gesicht zur Gemeinde oder mit dem Gesicht zum Altar zelebriert. Laut dem von der Synode 2021 beschlossenen und von Papst Franziskus gebilligten Kompromiss sind die Priester gehalten, bis zum Hochgebet die Messe mit dem Gesicht zur Gemeinde zu feiern, sich dann umzudrehen, um sich dann zum Ende des Gottesdienstes wieder der Gemeinde zuzuwenden. Weil Erzbischof Kariyil den Kompromiss ablehnte und an der Liturgie mit dem Gesicht zur Gemeinde festhielt, war Erzbischof Andrews Thazhath vom Vatikan zum Apostolischen Administrator der Erzdiözese Ernakulam-Angamaly ernannt worden.

Kardinal George Alencherry, Oberhaupt der Syro-Malabar-Kirche des östlichen Ritus, begrüßte die Ernennung eines Administrators als Beginn der "Suche nach einer Lösung für den Streit". Kirchenmitarbeiter sagten jedoch gegenüber Ucanews, nachdem sich jetzt die Gläubigen mit den Priestern solidarisch erklärt hätten, sehe sich Erzbischof Thazhath einer schwierigen Aufgabe gegenüber. "Normalerweise unterstützen die Gläubigen den Beschluss der Synode. Aber in diesem Fall sind mehr als 99 Prozent der Gläubigen und der Priester in der Erzdiözese dagegen", zitierte Ucanews namentlich nicht genannte Kirchenmitarbeiter. – Mit mehr als einer halben Million Gläubigen leben rund zehn Prozent der weltweit 5,5 Millionen Mitglieder der syro-malabarischen Kirche im Erzbistum Ernakulam-Angamaly. (KNA)