Oberhirte widersetzte sich Kompromiss zu Zelebrationsrichtung

Bericht: Vatikan drängt Erzbischof wegen Liturgie-Streit zum Rücktritt

Veröffentlicht am 27.07.2022 um 12:44 Uhr – Lesedauer: 

Neu Delhi ‐ Seit Jahrzehnten tobt in der syro-malabarischen Kirche in Indien ein liturgischer Streit. Im vergangenen Jahr wurde ein Kompromiss gefunden, der jedoch von Traditionalisten kritisiert wird. Nun musste deswegen ein Erzbischof zurücktreten.

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Der indische Erzbischof Antony Kariyil soll auf Druck des Vatikan seinen Rücktritt erklärt haben. Kariyil unterzeichnete örtlichen Medienberichten zufolge am Dienstag sein Rücktrittsgesuch. Dem vorausgegangen war ein Gespräch des Erzbischofs mit dem päpstlichen Nuntius in Indien, Erzbischof Leopoldo Girelli, eine Woche zuvor in dessen Dienstsitz in Neu Delhi, bei dem der Oberhirte zum Rücktritt gedrängt worden sein soll. Da Kariyil seinen Rücktritt zunächst ablehnte, suchte Girelli ihn am Dienstag in dessen Bischofshaus auf, woraufhin der Erzbischof das Gesuch unterschrieb.

Kariyil gehört der syro-malabarischen Katholischen Kirche an, einer mit Rom unierten Ostkirche im Südwesten Indiens. Im August 2019 wurde er von der Synode seiner Kirche zum Vikar des Großerzbischofs von Ernakulam-Angamaly, Kardinal George Alencherry, gewählt. Das Großerzbistum ist die zweitgrößte Diözese Indiens. Die Kirche äußerte sich offiziell nicht zum Rücktritt Kariyils. Verschiedene Medienberichte berufen sich jedoch auf Quellen innerhalb des Großerzbistums, dass es nun "nur eine Formalität" sei, dass die Synode den Rücktritt des Erzbischofs akzeptiere.

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Im Hintergrund steht mutmaßlich ein jahrzehntelanger liturgischer Streit in der syro-malabarischen Kirche, bei dem es um die Zelebrationsrichtung des Priesters in der Messe geht. Traditionalisten fordern, dass der Zelebrant gemeinsam mit den Gläubigen in Richtung Osten betet, Reformkräfte setzen sich für die Feier mit dem Gesicht zur Gemeinde ein. Ein Kompromiss der syro-malabarischen Synode vom August 2021 sieht vor, dass der Priester bis zum Hochgebet zur Gemeinde hin zelebriert und sich dann erst zum Ende des Gottesdienstes wieder zur Gemeinde umdreht. An dieser Regelung wurde Kritik laut, weil sie ohne Beratungen mit Priestern und Laien erfolgt sei.

Kariyil gilt ebenfalls als Kritiker dieses liturgischen Kompromisses und soll ihn mehrfach nicht befolgt haben. Damit stellte er sich in Opposition zu Kardinal Alencherry, der die erneuerte Liturgie unterstützt, obwohl sie in Ernakulam-Angamaly von Beginn auf großen Widerstand traf. Eine Gruppe von Priestern und Laien rief vor dem Hintergrund der Rücktrittserklärung zur Unterstützung von Kariyil auf. Sie forderten, ihn im Amt zu belassen und eine Lösung des Konflikts "durch brüderlichen Dialog im katholischen Geist" zu finden. (rom)