"Institutionen wie die Kirchen brauchen wie der Staat verlässliche Einnahmen"

Niedersachsens Finanzminister für Beibehaltung der Kirchensteuer

Veröffentlicht am 17.08.2022 um 11:04 Uhr – Lesedauer: 

Osnabrück ‐ Kritiker verkennen, "dass das System der Kirchensteuer ein durchaus solidarisches und gerechtes ist", so Finanzminister Reinhold Hilbers. Die Erhebung durch die Finanzverwaltung der Länder verstoße auch nicht gegen die Trennung von Staat und Kirche.

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Der niedersächsische Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) hat sich für die Beibehaltung der Kirchensteuer in Deutschland ausgesprochen. "Institutionen wie die Kirchen brauchen wie der Staat verlässliche Einnahmen zur Erfüllung ihrer Ziele und Aufgaben", schreibt er in einem Gastbeitrag in den Zeitungen der Verlagsgruppe Bistumspresse (Sonntag) in Osnabrück. "Ohne verlässliche Einnahmen würde die notwendige Planungssicherheit fehlen", so der Katholik.

Die Kirchen leisten laut Hilbers über ihre originären Bereiche hinaus "wertvolle Arbeit". Sie seien Träger von Krankenhäusern, sozialen Einrichtungen, Altenheimen, Schulen und Kitas und stünden Menschen auch unabhängig von ihrer Kirchenzugehörigkeit offen. Kritiker verkennen laut dem Finanzminister, "dass das System der Kirchensteuer ein durchaus solidarisches und gerechtes ist". Jedes Kirchenmitglied werde im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten herangezogen.

Hilbers widerspricht dem Vorwurf, die Erhebung der Kirchensteuer durch die Finanzverwaltung der Länder verstoße gegen die Trennung von Staat und Kirche. "Durch die verfassungsrechtlich garantierte Möglichkeit zur Steuererhebung ist die Kirche unabhängig von der Finanzierung des Staates." Ein Spenden- oder Kollektensystem, wie es sich manche Kritiker wünschten, hänge dagegen letztlich von Zufälligkeiten ab und berge gerade die Gefahr von Abhängigkeiten.

Caritas für, BKU gegen Kirchensteuer

Auch Caritaspräsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa und die Amtschefin im Erzbischöflichen Ordinariat München, Stephanie Herrmann, verteidigen in weiteren Gastbeiträgen die Kirchensteuer. Der Vorsitzende des Bundes Katholischer Unternehmer (BKU), Ulrich Hemel, macht sich dagegen für ihre Abschaffung stark. "Die Einhebung von Kirchensteuer durch den Staat ist ein Ärgernis", schreibt der Theologe und Unternehmensberater. "Denn das Verfahren spiegelt eine Nähe von Kirche und Staat vor, die längst nicht mehr da ist." Auch sei es theologisch fragwürdig, dass derjenige, der die Abgabe nicht mehr zahle, automatisch kein Kirchenmitglied mehr sei.

In Deutschland ist die Kirchensteuer eine gesetzlich festgelegte Abgabe der Kirchenmitglieder. Sie wird über das staatliche Finanzamt eingezogen und an die Kirchen weitergegeben. Der Staat erhält dafür etwa drei Prozent des Steuereinkommens. Die katholische Kirche hat 2021 bundesweit insgesamt 6,73 Milliarden Euro aus Kirchensteuern eingenommen, trotz Rekord-Mitgliederverlusts und Corona-Pandemie war das der zweithöchste jemals gemessene Wert (2019: 6,76 Milliarden Euro); die evangelische Kirche nahm rund 6 Milliarden Euro ein.

Bei einer repräsentativen Umfrage des Insa-Instituts im Auftrag der "Bild"-Zeitung hatten sich kürzlich 67 Prozent der befragten Bundesbürger für eine Abschaffung der Kirchensteuer ausgesprochen; bei den befragten Katholiken lag der Anteil bei 68 Prozent. Die Zeitung zitierte den Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke mit den Worten: "Die Kirche ist gut beraten, nach Wegen alternativer Finanzierung zu suchen, da das deutsche Kirchensteuersystem kein Zukunftsmodell sein dürfte." Ein "abrupter Ausstieg" sei allerdings nicht möglich. (tmg/KNA)