Bischof Bätzing würdigt Gorbatschow: Versöhnung ist möglich
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, trauert um den verstorbenen ehemaligen sowjetischen Staatspräsident Michail Gorbatschow. Die Kirche in Europa habe dem am Dienstag im Alter von 91 Jahren Verstorbenen viel zu verdanken. "Die Wiedervereinigung Deutschlands wurde ebenso möglich wie ein neues Erwachen kirchlichen Lebens in den ehemaligen Ländern des Ostblocks", so der Limburger Bischof am Dienstag auf Twitter. Die Welt wäre heute eine andere, hätte es ihn und sein beherztes Eingreifen zum Fall der Berliner Mauer damals nicht gegeben. "Glasnost und das Ende des Eisernen Vorhangs sind ihm zu verdanken."
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Der DBK-Vorsitzende sah im Tod des Friedensnobelpreisträgers eine Erinnerung daran, dass Versöhnung auch in diesen Zeiten möglich sei. "Mehr denn je ist diese neue, auf Freiheit gegründete Weltordnung durch die neuerlichen politischen Entwicklungen und durch autokratische Regime bedroht", sagte Bischof Bätzing weiter.
Am Abend kondolierte Papst Franziskus der Tochter Gorbatschows. In einem durch den Pressesaal des Heiligen Stuhls veröffentlichten Telegramm versicherte er Irina Gorbatschowa und ihrer Familie seines Gebets in "dankbarer Erinnerung an sein weitsichtiges Engagement für Eintracht und Brüderlichkeit unter den Völkern sowie für den Fortschritt seines Landes in einer Zeit bedeutender Veränderungen".
Historisches Zusammentreffen mit Johannes Paul II.
Gorbatschow gehörte seit 1971 dem Zentralkomitee der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) an, 1985 wurde er ihr Generalsekretär. 1988 wurde er Präsident der Sowjetunion. Gorbatschows Politik der Öffnung und Entspannung trug maßgeblich zum Ende des Kalten Krieges, zum Fall des Eisernen Vorhangs und dem Ende der deutsch-deutschen Teilung bei. Für seine Politik stehen die Schlagworte "Glasnost" und "Perestroika", die sich mit "Transparenz" und "Umgestaltung" übersetzen lassen.
Im Dezember 1989 empfing Papst Johannes Paul II. Gorbatschow im Vatikan, nachdem die Politik von Glasnost und Perestroika zuvor bereits Erleichterungen für die Kirche in der UdSSR bedeutet hatte. Der Papst drückte in seiner Ansprache die Hoffnung auf größere Religions- und Gewissensfreiheit in der Sowjetunion aus. "Bei dieser Gelegenheit mache ich mir die Erwartung von Millionen Ihrer Mitbürger – und mit ihnen von Millionen anderer in der ganzen Welt – zu eigen, daß nämlich das Gesetz über die Gewissensfreiheit, das demnächst vom Obersten Sowjet erörtert wird, dazu beitragen wird, allen Gläubigen die volle Ausübung des Rechts auf Religionsfreiheit zu garantieren, das, wie ich schon oft gesagt habe, die Grundlage der anderen Freiheiten ist", betonte der Papst in seiner Ansprache. Bei dem Treffen lud Gorbatschow den Papst auch zu einem Besuch in der Sowjetunion ein. Trotz der Zusage Johannes Pauls II. hat bis heute kein Papst Moskau besucht. (fxn)
1.9.22, 8:40 Uhr: Ergänzt um Beileidswünsche von Papst Franziskus.