Brandmüller hält gegenwärtige Kardinalstreffen für "absolut nutzlos"
Kardinal Walter Brandmüller hält die Konsistorien der vergangenen Jahre mangels Möglichkeit zu freier Diskussion für eine "komplett nutzlose Prozedur". In einem von ihm geplanten, aber nicht gehaltenen Redebeitrag für das Kardinalstreffen Anfang der Woche, den der italienische Vatikan-Journalist Sandro Magister am Mittwoch veröffentlichte, erneuerte der emeritierte Kurienkardinal seine Kritik an der aktuellen Gestalt des Kardinalskollegiums und forderte Reformen.
Während in der Vergangenheit die Aufgabe der Kardinäle in der Beratung des Papstes bestanden und es zu ihrer Pflicht gehört habe, im Konsistorium dem Papst ihre Einschätzungen und Ratschläge offen mitzuteilen, sei diese Offenheit nun durch eine "seltsame Stille" ersetzt worden, so der Kirchenhistoriker. Bei den in den letzten Jahren fast ausschließlich anlässlich von Heilig- und Seligsprechungen einberufenen Konsistorien, fehlen Brandmüller zufolge Möglichkeiten zur Diskussion. "Es wurden Formulare verteilt, um Redezeit zu beantragen, gefolgt von offensichtlich spontanen Äußerungen zu irgendeinem Thema, und das war's. Es gab nie eine Debatte, einen Austausch von Argumenten zu einem bestimmten Thema", klagte der Kardinal. Sein Vorschlag an den Kardinaldekan, im voraus ein Thema für den Austausch festzulegen, sei nicht beantwortet worden. "Kurz gesagt: seit mindestens acht Jahren sind die Konsistorien ohne jede Form des Dialogs zu Ende gegangen", lautete das Fazit des 93-jährigen Deutschen.
Nur noch römische Kardinäle sollen Papst wählen
Im Zuge seiner Kritik erneuerte Brandmüller auch seine Forderung nach einer Reform des Konklaves. Schon zuvor hatte er mit Verweis auf den fehlenden Dialog bei gleichzeitiger Internationalisierung des Kardinalskollegiums befürchtet, dass auf dieser Grundlage eine qualifizierte Entscheidung über einen neuen Papst im Konklave kaum möglich sei. "Die unvermeidliche Folge war, dass Kardinäle eingesetzt wurden, die keine Erfahrung mit der römischen Kurie und damit mit den Problemen der pastoralen Leitung der Weltkirche hatten", schrieb Brandmüller nun. Das habe ernste Konsequenzen für die Beteiligung der "Kardinäle von den Peripherien" an einem Konklave. Die fehlende Vertrautheit untereinander begünstige den Einfluss von Interessensgruppen unter den Kardinälen bis hin zu Formen von Simonie, also Ämterkauf. Brandmüller spielte damit auf den Vorwurf an, eine Gruppe um den mittlerweile verstorbenen belgischen Kardinal Godfried Danneels habe Absprachen zur Papstwahl getroffen, was letztlich zur Wahl von Papst Franziskus geführt habe. Als Lösung schlug der emeritierte Kurienkardinal eine Beschränkung des aktiven Wahlrechts im Konklave auf die in Rom residierenden Kardinäle vor.
Bisher sind bei einem Konklave alle Kardinäle wahlberechtigt, die noch nicht das Höchstalter von 80 Jahren erreicht haben. Papst Franziskus hat während seines Pontifikats Wert darauf gelegt, mehr Bischöfe aus entlegenen Gegenden der Weltkirche ins Kardinalskollegium aufzunehmen, während Bischöfe traditioneller Kardinalssitze wie Mailand, Turin und Berlin bisher leer ausgingen. In den vergangenen Jahren haben mehrere Theologen Vorschläge zur Reform des Konklaves vorgelegt, darunter die Kirchenhistoriker Hubert Wolf und Massimo Faggioli. Brandmüller war von 1998 bis 2009 Präsident des Päpstlichen Komitees für Geschichtswissenschaft. 2010 wurde er von Papst Benedikt XVI. zum Kardinal erhoben. Er gehörte mit den Kardinälen Raymond Burke, Carlo Caffarra und Joachim Meisner zu den Autoren kritischer Nachfragen zum nachsynodalen Schreiben "Amoris Laetitia" und dessen Aussagen zum Kommunionempfang wiederverheirateter Geschiedener. (fxn)