Vorwurf der Gotteslästerung: Polen muss Sängerin 10.000 Euro zahlen
Polen muss der Popsängerin Doda (38) 10.000 Euro Schadensersatz zahlen, weil ein Gericht sie zu Unrecht wegen Gotteslästerung zu einer Geldstrafe verurteilt hat. Die Sängerin hatte in einem Interview gesagt, die Autoren der Bibel hätten unter Alkohol- und Drogeneinfluss gestanden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) entschied am Donnerstag, die Aussage sei von der Meinungsfreiheit gedeckt. (AZ: 8257/13)
Im August 2009 veröffentlichte eine Boulevardzeitung ein Interview mit der Sängerin unter dem Titel "Doda: Ich glaube nicht an die Bibel". Der Journalist hatte ihr Fragen gestellt, angelehnt an die offen antireligiöse Haltung ihres damaligen Freundes. Doda hatte geantwortet, dass sie an eine "höhere Macht" glaube, aber eher von wissenschaftlichen Fakten überzeugt sei als von den "unglaublichen (biblischen) Geschichten", die von "jemandem geschrieben wurden, der dicht ist vom Weintrinken und Kiffen".
Verachtung für Gläubige?
Im Januar 2012 verurteilte das Warschauer Bezirksgericht sie zu einer Geldstrafe von 5.000 polnischen Zloty (etwa 1.160 Euro). Es befand, ihre Äußerungen seien bewusst beleidigend und zeigten Verachtung für Gläubige. Doda focht das Urteil zunächst erfolgslos an. 2013 legte sie Beschwerde beim EGMR ein und bezog sich auf die Meinungsfreiheit.
Die Richter des EGMR entschieden nun zu Gunsten der Sängerin. Das Interview enthalte zwar Aussagen, die schockieren könnten, diese stellten aber keine Hassrede dar und seien von der Meinungsfreiheit gedeckt. Die Sängerin habe keinen ernsthaften Beitrag zu einer Debatte über religiöse Fragen leisten wollen, sondern ihr junges Publikum in "frivoler Sprache" adressiert.
Urteile mit religiösem Hintergrund sind in Polen kein Einzelfall. So war der Sänger der Death-Metal-Band "Behemoth", Adam "Nergal" Darski, im Februar 2021 wegen Verletzung religiöser Gefühle zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Darski, von 2009 bis 2011 mit Doda liiert, hatte auf Facebook ein Foto gepostet, wie er mit seinem Schuh ein Gemälde der Gottesmutter Maria zertritt. Später wurde er in dem Fall freigesprochen. (tmg/epd)