"Ich habe den Anteil der Gegner viel geringer eingeschätzt"

Steinhäuser: Deshalb habe ich gegen den Sexualmoral-Text gestimmt

Veröffentlicht am 19.09.2022 um 11:54 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ In der Aussprache nach dem Scheitern des Grundtextes zur Sexualethik bei der vergangenen Synodalversammlung bekannte auch der Kölner Weihbischof Rolf Steinhäuser, er habe gegen den Text gestimmt. Jetzt hat er seine Beweggründe erklärt.

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Der Kölner Weihbischof Rolf Steinhäuser hat sein ablehnendes Votum zum abgelehnten Sexualmoral-Text des Synodalen Wegs erklärt. "Wir konnten ihn nur insgesamt annehmen oder ablehnen", sagte Steinhäuser im Interview der "Kölnischen Rundschau" (Montag). Demnach hätten pointierte Zuspitzungen im Text ihm Probleme gemacht. "Hätte ich die Möglichkeit gehabt, über einzelne Aussagen oder Abschnitte abzustimmen, dann wäre ein überwiegender Teil für mich zustimmungsfähig gewesen, und ich hätte den Eindruck gehabt, damit kommen wir ein gutes Stück weiter." So bleibe jedoch das Gefühl zurück, dass "viel Gutes und Differenziertes" auf der Strecke geblieben sei, bedauerte er.

Grundsätzlich sei es ihm in Fragen der Sexualität wichtig, ob sich zwei Menschen "innerlich ganz einander zuwenden", so Steinhäuser. "Mir ist es ein Anliegen, dass die sexuellen Zeichen und diese innerliche Zuwendung nicht auseinanderfallen. Form und Inhalt gehören zusammen und sollten zueinander passen." Der Ort gelebter Sexualität sei aus seiner Sicht nur die Ehe. "Ich weiß natürlich, dass dies nicht der Lebenswirklichkeit vieler Menschen entspricht", erklärte der Weihbischof. "Aber die Tatsache, dass alle Menschen lügen, hebt nicht die Gültigkeit des 'Achten Gebots' auf." In der Aussage des Textes, gleichgeschlechtliche Sexualität sei keine Sünde, die von Gott trenne und damit in sich nicht als schlecht zu beurteilen sei, sieht Steinhäuser die "Gefahr eines Freifahrtscheins – da bin ich immer dagegen".

Dissens zwischen Lehre der Kirche und Lebenswirklichkeit der Menschen

Er plädiere jedoch für eine Weiterentwicklung der bestehenden kirchlichen Sexualmoral, da diese den Menschen oft nicht gerecht werde. "Sie objektiviert und verkürzt", kritisierte Steinhäuser. "Es gibt einen Dissens zwischen der Lehre der Kirche und der Lebenswirklichkeit der Menschen, das müssen wir einfach feststellen." Steinhäuser betonte im Interview zudem, dass ihn das Scheitern des Sexualmoral-Grundtextes an der Zwei-Drittel-Mehrheit der Bischöfe überrascht habe. "Ich habe den Anteil der Gegner viel geringer eingeschätzt. Zumal bei einer Mehrheit der Bischöfe der Gedanke präsent war: Wir dürfen das Papier nicht durchfallen lassen, sonst führt das zum Ende des Synodalen Weges." Ein Ende des Reformprozesses nütze jedoch niemanden. Unter den Kölner Bischöfen habe es im Vorfeld keine Abstimmungen gegeben.

Bei der vierten Synodalversammlung hatte der Grundlagentext "Leben in gelingenden Beziehungen – Grundlinien einer erneuerten Sexualethik" in zweiter Lesung zwar eine Mehrheit des Plenums erhalten, er scheiterte aber an der notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheit der Bischöfe und wurde damit abgelehnt. Die Ablehnung des Textes kam für viele überraschend und sorgte für einen Eklat. (cbr)