Kardinal Zuppi nach Rechtsruck: Wahl in Italien kein "schwarzer Tag"
Für den Vorsitzenden der Italienischen Bischofskonferenz war der Tag der italienischen Parlamentswahl kein "schwarzer Tag". "Wenn Italiener ihre Zukunft wählen, ist das nie eine schlechter Tag. Es ist immer das Ausüben der Demokratie", sagte Kardinal Matteo Zuppi der Zeitung "Avvenire" (Mittwoch). Die Italiener hätten mit dem Wählen ihr Recht und ihre Pflicht ausgeübt. Nun müsse gefragt werden, wofür das Ergebnis der Abstimmung stehe.
Vergangenen Sonntag erhielt bei den Parlamentswahlen in Italien das Rechtsaußen-Bündnis, bestehend aus Giorgia Melonis "Fratelli d'Italia", der Lega mit Matteo Salvini und Silvio Berlusconis Forza Italia, rund 44 Prozent der Stimmen. Damit erreicht die Rechte die absolute Mehrheit sowohl in der Abgeordnetenkammer als auch im Senat. Mit 26 Prozent sind die "Fratelli" stärkste Partei. Die Wahlbeteiligung lag mit knapp 64 Prozent auf dem niedrigsten Stand der Nachkriegszeit.
Er kenne Meloni persönlich, so Zuppi. Mit Blick auf ihren Wahlsieg wolle er sie an ihre große Verantwortung und an die an sie gerichteten Erwartungen erinnern. Und daran, dass sie der Politik Würde geben müsse. "Es ist ein schwieriger Moment, aber auch ein außerordentlich wichtiger, um die Wurzeln unseres Landes zu bewahren, unsere Verfassung, und um mit einer Vision nach vorne zu blicken", so Zuppi.
Der frühere Generalvikar von Rom, Kardinal Camillo Ruini, ist nicht überrascht vom Wahlerfolg Melonis. Die vorherrschende politische Kultur sei links, aber das Land zu einem großen Teil rechts, so der ehemalige Vorsitzende der Italienischen Bischofskonferenz im Interview des "Corriere della Sera" (Mittwoch). Er habe den Aufstieg Melonis gesehen und glaube nicht, "dass es bei den Linken heute eine Frau gibt, die eine große politische Bedeutung hat".
Einen Grund für Melonis Erfolg sieht der Kardinal in "der Klarheit und Beständigkeit ihrer Positionen". Die Wähler hätten in ihr eine Führungspersönlichkeit gesehen, so Ruini. Ein Protest sei ihre Wahl nicht gewesen, denn der "Protest hat sich in Enthaltung geäußert".
Die Bedenken besonders im europäischen Ausland gegenüber der neuen Regierung müssten nun von dieser berücksichtigt und widerlegt werden. "Die Verteidigung der Interessen Italiens ist legitim und richtig, kann aber nur im Rahmen der europäischen Einheit erfolgen", so der 91-jährige Ruini. Er selbst erhoffe sich von der künftigen Regierung eine Auseinandersetzung mit der demografischen Entwicklung des Landes. (tmg/KNA)