Union kritisiert "Zurückdrängen" der Religion durch die Koalition

Neues Gesetz: Religionseintrag im Personenregister nicht mehr möglich

Veröffentlicht am 30.09.2022 um 13:49 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Bislang konnten Bürger in Deutschland ihre Religionszugehörigkeit freiwillig im Personenstandsregister eintragen lassen – doch damit ist nun Schluss. Die Ampelkoalition hat diese Möglichkeit jetzt gestrichen, die Union äußerte sich empört.

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Der Bundestag hat die Möglichkeit einer freiwilligen Eintragung der Religionszugehörigkeit aus dem Personenstandsrecht gestrichen. Das Parlament verabschiedete am Donnerstagabend mit den Stimmen der Ampelkoalition ein entsprechendes Gesetz zur Verwaltungsdigitalisierung, die Union stimmte gegen das Gesetz, AfD und Linke enthielten sich. Mit dem Gesetz sollen laut Bundestag die Grundlagen für die elektronische Kommunikation von Bürgern und anzeigepflichtigen Einrichtungen mit dem Standesamt gelegt werden. Die Streichung der Möglichkeit zur Eintragung der Religionszugehörigkeit wurde unter anderem mit einem Mehraufwand für die Behörden begründet. Ein Antrag der Union, der weiterhin die gesetzliche Möglichkeit des Religionseintrags vorsah, fand unter den Abgeordneten keine Mehrheit.

Amthor kritisiert bewusste Schlechterstellung von Religionsgemeinschaften

Das "Dritte Gesetz zur Änderung personenstandsrechtlicher Vorschriften" führt den elektronischen Zugang der Bürger zu den standesamtlichen Verfahren ein. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um die Ausstellung einer Personenstandsurkunde oder eines Ehefähigkeitszeugnisses sowie um die Bearbeitung der Anmeldung einer Eheschließung oder der Anzeige einer Geburt oder eines Sterbefalls. Das neue Gesetz soll laut der Bundesregierung einen weitgehenden Verzicht auf die Vorlage urkundlicher Nachweise durch Anzeigende und Antragsteller ermöglichen. Damit würden Vorgaben des Onlinezugangsgesetzes umgesetzt.

In der Union stieß die Streichung der Möglichkeit einer freiwilligen Eintragung der Religionszugehörigkeit auf scharfe Kritik. Der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor warf der Ampelkoalition vor, "die Religion immer weiter ins Private zurückdrängen" zu wollen. Deshalb habe sie im Personenstandsrecht eine bewusste Schlechterstellung von Religionsgemeinschaften herbeigeführt. Dies sei ein Affront gegenüber großen Bevölkerungsgruppen, die bisher umfangreich vom freiwilligen Religionseintrag im Geburtenregister, im Eheregister oder im Sterberegister Gebrauch gemacht hätten. "Für viele Bürger ist ein solcher Eintrag nicht nur ein Bekenntnis im Rahmen ihrer positiven Religionsfreiheit, sondern auch ein Ausdruck ihrer Identität. In diesem Zusammenhang erstaunt es, dass ausgerechnet eine Koalition, die etwa in Geschlechterfragen für eine identitätspolitische Selbsterklärungsfreiheit in Registern wirbt, nun die Religion als Merkmal personaler Identität aus den Personenstandsregistern streicht", so der Fachsprecher der Unionsfraktion für Staatsorganisation.

Kritik auch aus den beiden großen Kirchen

Der kirchenpolitische Sprecher der Union, Thomas Rachel, erklärte, er gebe keinen plausiblen Grund, die Verbindung von Personenstand und Religion aufzuheben: "Ganz im Gegenteil: Es ist gegenüber vielen gläubigen Menschen unangemessen, ein solches gesellschaftspolitisches Vorhaben im Windschatten eines Gesetzes zur Verwaltungsdigitalisierung zu verstecken." Der Koalition sei es wohl zu keinem Zeitpunkt um eine religionsfreundliche Lösung gegangen, sondern nur um ein Zurückdrängen der Religionsgemeinschaften. Damit untergrabe sie das bewährte Verhältnis von Staat und Kirchen.

Auch das Katholische Büro in Berlin und der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hatten sich für die Beibehaltung der Möglichkeit der freiwilligen Angaben sowie für das Benutzungsrecht für die Religionsgemeinschaften eingesetzt. Unter anderem hatten sie in einer Stellungnahme im April darauf verwiesen, dass im Sterberegister bislang etwa 80 Prozent der Verstorbenen Angaben zur Religion gemacht hätten und in den Geburten- und Eheregistern rund die Hälfte der Bürger ihre Religionszugehörigkeit eintragen ließen. Ferner hatten sie geltend gemacht, dass die Religion ein wesentliches Identitätsmerkmal der Person darstelle und Ausdruck der positiven Religionsfreiheit sowie der positiven informationellen Selbstbestimmung sei. (stz)