Alle verbliebenen "Katholischen Integrierten Gemeinden" vor Abwicklung
Auch die letzten beiden in Deutschland bestehenden kirchlichen Vereine der "Katholischen Integrierten Gemeinde" (KIG) stehen vor der Auflösung. Auf Anfrage teilten sowohl das Erzbistum Paderborn wie das Bistum Rottenburg-Stuttgart mit, dass die dort noch bestehenden kanonischen Vereine aufgelöst werden sollen. In Rottenburg-Stuttgart besteht eine in der Form eines öffentlichen kanonischen Vereins errichtete Gliederung der KIG. Nach Auskunft der Pressestelle des Bistums sei der Verein aber bereits seit Jahren de facto aufgelöst aufgrund der Überalterung der verbliebenen Mitglieder. Da öffentliche Vereine nur durch die zuständige kirchliche Autorität, in diesem Fall der Diözesanbischof, aufgelöst werden können, besteht die 1991 in dieser Rechtsform errichtete Gemeinschaft trotzdem rechtlich noch. "Der Verein ist wie beschrieben nicht mehr aktiv, wurde aber de jure noch nicht aufgelöst. Um de jure zu ratifizieren, was de facto schon erfolgt ist, soll es nun eine Vereinsauflösung seitens der Diözese geben", so ein Sprecher des Bistums.
In Paderborn ist die KIG in Form eines privaten kanonischen Vereins organisiert. Nach Auskunft der Pressestelle des Erzbistums führt die Bistumsleitung Gespräche mit Vertretern der KIG mit dem Ziel einer Auflösung. Private Vereine können sich gemäß ihren Satzungsbestimmungen selbst auflösen. Außerdem ist eine Auflösung durch die zuständige Autorität möglich, wenn "wenn seine Tätigkeit zu einem schweren Schaden für die kirchliche Lehre bzw. Disziplin wird oder den Gläubigen zum Ärgernis gereicht", so das Kirchenrecht. Im Sommer 2021 wurde die als öffentlicher Verein organisierte "Gemeinschaft der Priester im Dienst an Integrierten Gemeinden" des Erzbistums durch den mittlerweile emeritierten Erzbischof Hans-Josef Becker aufgelöst.
Auflösung in München und Freising, Augsburg und Münster bereits erfolgt
Nach Schilderungen von ehemaligen Mitgliedern über geistliche Manipulationen in einem System psychischer und finanzieller Abhängigkeit ordnete Kardinal Reinhard Marx 2019 eine Visitation der Gemeinschaft im Erzbistum München und Freising an. Auf der Grundlage des Visitationsberichts Ende 2020 löste der Münchener Erzbischof den Verein in seiner Diözese auf. Nach der Auflösung wurden zudem neue Vorwürfe erhoben. Nach der Auflösung der diözesanen kanonischen Vereine der KIG des Bistums Augsburg (2022) und jüngst im Bistum Münster ist die Gemeinschaft damit wohl bald in allen deutschen Diözesen, in denen sie aktiv war, kirchenrechtlich abgewickelt. International gab oder gibt es Niederlassungen in den Diözesen Wien (Österreich), Rom und Frascati (Italien), Budapest und Pécs (Ungarn), Dar es Salaam und Morogoro (Tansania) und im Lateinischen Patriarchat Jerusalem, deren aktueller Status nicht bekannt ist.
2020 distanzierte sich der emeritierte Papst Benedikt XVI. von der KIG, zu der er jahrzehntelang enge Verbindungen unterhalten hatte. Er sei offensichtlich "über manches im Innenleben" der Gemeinde "nicht informiert oder gar getäuscht" worden, sagte er gegenüber der Herder-Korrespondenz. 1978 wurde die KIG von den damaligen Erzbischöfen in Paderborn und München, Johannes Degenhardt und Joseph Ratzinger, kirchlich anerkannt und 1985 als öffentlicher kanonischer Verein errichtet. (fxn)