Priester protestiert gegen Kirchenschließung durch Lukaschenko-Regime
Die katholische Kirche in Belarus wehrt sich gegen die von dem autoritären Regime des Landes verfügte unbefristete Schließung eines bedeutenden Gotteshauses in der Hauptstadt Minsk. In einem Schreiben an Staatsoberhaupt Alexander Lukaschenko kritisiert der zuständige Priester der Pfarrei Sankt Simon und Sankt Helena, Wladislaw Sawalnjuk, die angeordnete Entfernung von religiösen Gegenständen aus der sogenannten Roten Kirche am Unabhängigkeitsplatz sei eine "ungerechtfertigte und unangemessene Reaktion" auf einen kleinen Brand. Der 73-jährige Geistliche fastet und trinkt nach eigenen Angaben nur noch Wasser, um von den Behörden die Rückgabe seiner Kirche zu erreichen.
Der von 1905 bis 1910 errichtete neuromanische Sakralbau gehört zu den Wahrzeichen Minsks. Er steht am Unabhängigkeitsplatz neben dem Hauptgebäude der Regierung. Die Behörden begründen die Schließung der Kirche mit einem schnell gelöschten Feuer in der Nacht vom 25. zum 26. September, das im Innenraum des Gotteshauses auf 20 Quadratmetern Schäden anrichtete. Ein Defekt einer Stromleitung soll den Brand ausgelöst haben.
Sawalnjuk vermutet in dem Offenen Brief an Lukaschenko, dass illegale Handlungen von Unbekannten das Feuer verursacht haben. Der Brand dürfe nicht zur Schließung der gesamten Roten Kirche führen, so der Priester. Ihm und Gemeindemitgliedern werde "entgegen den gesetzlichen Bestimmungen" der Zugang zur Kirche verwehrt. Das von der Bischofskonferenz betriebene Portal "catholic.by" veröffentlichte ein Bild, das ihn kniend auf den Stufen vor dem Haupteingang zeigt.
Auch Bischöfe drängen auf schnelle Wiedereröffnung
Laut der Organisation "Christian Vision for Belarus" und unabhängigen Medien des Landes schritten Polizisten am Dienstag ein, als der Priester und Gläubige vor der Roten Kirche beteten. Die Beamten hätten sie vertrieben. Der Papstbotschafter in Belarus, Erzbischof Ante Jozic, und der Vorsitzende der nationalen Bischofskonferenz, Bischof Aleh Butkewitsch, drängen derweil hinter den Kulissen auf eine schnelle Wiedereröffnung der Kirche. Sie sprachen vergangene Woche mit Regierungsvertretern.
Das Kirchengebäude gehört dem Staat. Nach unbestätigten Berichten kündigte die zuständige Behörde ihren Vertrag mit der Pfarrei über die unentgeltliche Nutzung des Sakralbaus. Bei Massenprotesten gegen Lukaschenko im Sommer 2020 hatten Demonstranten in ihm Schutz vor brutalen Einsatzkräften der Polizei gesucht. Viele von ihnen wurden dennoch festgenommen.
Das autoritäre Lukaschenko-Regime schikaniert die katholische Kirche in dem Land seit langem. 2020 untersagte es Erzbischof Kondrusiewicz vier Monate lang die Rückkehr aus Polen in sein Heimatland. Hintergrund war Kondrusiewiczs Kritik an Polizeigewalt gegen friedliche Demonstranten. Wenige Tage nach der Rückkehr des Erzbischofs nach Minsk Ende Dezember 2020 nahm Papst Franziskus dessen Rücktritt an, den Kondrusiewicz zu seinem 75. Geburtstag angeboten hatte, wie es das Kirchenrecht vorsieht. Die Bischöfe des Landes verzichteten seither weitgehend auf öffentliche Kritik an Lukaschenkos Politik. (tmg/KNA)