Es müsse Gerechtigkeit für diejenigen geben, die irdisch keine erfahren haben

Kohlgraf: Teile Hoffnung, dass niemand in der Hölle ist, aber...

Veröffentlicht am 14.10.2022 um 14:19 Uhr – Lesedauer: 

Mainz ‐ Viele hoffen, dass die Hölle leer ist. Dieser Hoffnung schließt sich der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf an. Doch die biblische Botschaft sei auch, dass diejenigen, die unter der Bosheit anderer gelitten hätten, Gerechtigkeit erfahren.

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Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf teilt nach eigener Aussage die Hoffnung, dass die Hölle leer ist – hofft aber gleichzeitig auf Gerechtigkeit für diejenigen, die auf der Welt keine Gerechtigkeit erfahren haben. "Es gibt Theologen, die sagen, wenn es eine Hölle gibt, dann hoffen wir, dass es keinen Menschen gibt, der in diesen Zustand hineingeht. Dieser Hoffnung schließe ich mich an", sagte Kohlgraf in der aktuellen Folge seines Podcasts "Lebensfragen" (Freitag). Doch neben dieser persönlichen Hoffnung sei die biblische Botschaft, dass die zahlreichen Opfer der Geschichte Gerechtigkeit fänden. "Das heißt: Zumindest werden die Diktatoren dieser Welt nicht nur durch die billige Gnade durch das Gericht Gottes kommen." Die Frage nach Gerechtigkeit sei mit dem Gottesbild verbunden, gerade für Menschen, die unter der Bosheit anderer gelitten hätten.

Grundsätzlich sei es zwar der Auftrag der Menschen, Gerechtigkeit bereits auf der Erde zu schaffen. "Es gibt aber viel zu viele Menschen, die irdisch betrachtet keine Gerechtigkeit finden werden, so sehr sich viele Menschen auch anstrengen, weil das Leid zu groß ist oder die Täter nicht zur Rechenschaft gezogen werden", so Kohlgraf weiter. Ob Gott diese Gerechtigkeit "so platt" mit Himmel und Hölle schaffe, wisse er auch nicht, betonte der Mainzer Bischof. Ein Modell wie die Hölle könne er inhaltlich kaum füllen. Die Bibel befriedige die Neugier über diese Vorstellung nur schwerlich. "Aber den Grundgedanken von Gerechtigkeit möchte ich schon aufrechterhalten."

Wiedersehen im Jenseits?

Das Thema der Podcast-Ausgabe lautete "Sterben und Tod – und was wir davon für unser Leben lernen können". Gesprächsgäste von Kohlgraf und der Journalistin Anja Schneider waren Elke Büdenbender, Richterin und Ehefrau von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, und der Transplantationsmediziner Eckhard Nagel. Büdenbender und Nagel haben gemeinsam das Buch "Der Tod ist mir nicht unvertraut: Ein Gespräch über das Leben und das Sterben" geschrieben. Bei dem Gespräch ging es über Erfahrungen beim Verlust von Familienangehörigen, Jenseitsvorstellungen und Rituale angesichts von Tod und Trauer. Kohlgraf beschrieb dabei, wie er mit dem frühen Tod seiner Eltern, besonders dem seiner Mutter, umging. Er war 19 Jahre alt, als sie starb.

Beim Thema, ob es ein Wiedersehen im Jenseits gebe, sagte Kohlgraf, dass er keine Vorstellung habe, wie so ein Wiedersehen aussehen könnte. "Aber zu sagen, Menschen verschwinden nicht ins Nichts, auch Beziehungen verschwinden nicht ins Nichts, das hat für mich auch mit dieser Hoffnung zu tun." Kohlgraf verwies dabei auf den letzten Satz des Geistlichen Testaments seines verstorbenen Vorgängers als Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann. Dieser lautete: "Auf Wiedersehen." In einem Satz wie diesem zeige sich ein sehr kindlicher Glaube, so der Mainzer Oberhirte. "Ich versuche den Satz zu all denen, die mir wichtig waren, mit dieser kindlichen Frömmigkeit zu sagen."

Elke Büdenbender betonte, dass sie eine Vorstellung davon habe, "dass es nach dem Sterben etwas gibt". Wobei sie nicht sagen könne, wie dieses Jenseits aussehe. Trotzdem sei dies für sie eine tröstliche Vorstellung. Für Eckhard Nagel wird laut eigener Aussage selbst als Transplantationsmediziner Tod und Sterben nie Routine. Für ihn verändere sich auch nicht die Betroffenheit oder die individuelle Anteilnahme, wenn man sich häufiger mit diesem Thema auseinandersetzen muss. (mal)