Die Kirche muss gute Gründe zum Bleiben finden
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Vor ein paar Wochen gab es bei uns in der Kölner Agnespfarrei den Infoabend zur Erstkommunion. Wir möchten auch die Eltern der Kinder auf dem Weg zur Erstkommunion mitnehmen. Daher können sie sehr gerne Katechetin oder Katechet der Kinder sein. Am Ende des Abends kam ein Mann zu mir und fragte: "Darf auch jemand mitmachen, wenn er aus der Kirche ausgetreten ist?" Ich habe geantwortet: "Herzlich willkommen!"
Die Leipziger Propsteikirche St. Trinitatis signalisiert Menschen, die die katholische Kirche verlassen haben, nun eine besondere Wertschätzung. "Bei uns sind Sie zu Gottesdiensten und Sakramenten weiter herzlich willkommen!", steht auf Plakaten, die dort ausgehängt sind. Pfarrer Gregor Giele weist auf eine Spannung zwischen der römischen Position und der der Deutschen Bischofskonferenz hin: Während Rom der Auffassung ist, der Austritt aus der katholischen Kirche ist lediglich der Austritt aus der Körperschaft des öffentlichen Rechts und kann nicht automatisch mit dem Glaubensabfall eines Katholiken oder einer Katholikin gleichgesetzt werden, haben die deutschen Bischöfe rechtlich festgelegt, dass der Austritt aus der Körperschaft sehr wohl im Sinne eines Glaubensabfalls sanktioniert werden muss und die Ausgetretenen alle Rechte verlieren. Beispielsweise das Recht, die Sakramente zu empfangen. Quasi: ohne Kohle keine Kommunion.
Die Leipziger zeigen jetzt, dass es wohl an der Zeit ist, über diese Logik nachzudenken. Sie haben sogar eine Hotline für Austrittswillige eingerichtet. Und es rufen sogar Menschen dort an. "Die allermeisten haben die Sehnsucht, einen guten Grund zu hören, doch in der Kirche verbleiben zu können", sagt Giele. Und ich meine: Wenn wir in der Kirche den guten Grund nicht mehr überzeugend liefern können, ist das doch nicht das Problem der Menschen, die danach fragen. Und denen, die infolgedessen die Zahlungen einstellen, dadurch einen Glaubensabfall zu bescheinigen, ist vermessen. Es ist an der Zeit, diesen schlimmen Automatismus zu beenden. Lasst uns lieber die guten Gründe finden, nach denen die Menschen sich bei uns sehnen. Dann werden wir merken: Nicht die Menschen, die eine Sehnsucht haben, sind das Problem.
Der Autor
Peter Otten ist Pastoralreferent in der Pfarrgemeinde St. Agnes in Köln. Seit einigen Jahren bloggt er unter www.theosalon.de.Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.