Standpunkt

Der selbstkritische Blick der Kirche auf die Corona-Zeit kommt zu kurz

Veröffentlicht am 25.10.2022 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die Corona-Pandemie war eine große Herausforderung – auch für die Kirche. Andrea Hoffmeier vermisst bei der Aufarbeitung der Maßnahmen zur Vermeidung der Ansteckung einen selbstkritischen Blick: Wurde in der Kirche "vorauseilender Gehorsam" gelebt?

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"Zahlreiche Bistümer beklagen Messdiener-Mangel durch Corona-Pandemie", so betitelt katholisch.de die Ergebnisse der Umfrage zur Situation unter den deutschen Diözesen. Die Ursachenanalyse der meisten Bistümer erscheint symptomatisch für die Reflexionsfähigkeit unserer Kirche. Überwiegend äußere Umstände werden verantwortlich gemacht: staatliche Beschränkungen der Gottesdienste, Gruppenstunden und Erstkommunionen, Pfarreizusammenlegungen, weniger Bindung an Ehrenämter, Nachholen von Schulinhalten, geburtenschwache Jahrgänge und noch viel mehr.

Alle Gründe tragen sicherlich einen Teil zu den Entwicklungen bei, zu kurz kommt aber der selbstkritische Blick: Wurde wirklich genug in der Coronazeit getan, um Menschen zu begleiten, zu trösten und zu halten? Kirchenverantwortliche rühmen sich gerne in ihren Reden der vielen kreativen Aktionen in dieser Zeit. Gott sei Dank engagierten sich in der Tat viele Menschen sehr erfolgreich! Aber es gab auch sehr viele Gemeinden, die einen "vorauseilenden Gehorsam" lebten. Da wurden Gottesdienste abgesagt als sie noch möglich waren. Es wurde nicht kreativ geprüft, wie Gemeindeleben, Jugend- und Ministrant*innenarbeit trotz Einschränkungen gelingen kann. Obwohl unter Sicherheitsauflagen schon längst wieder vieles möglich gewesen wäre, wurde der Dienst nicht wieder aufgenommen und die Räume des Pfarrheims blieben verschlossen.

Die Kirche sollte ehrlich und genau hinschauen: Oft standen eigene Angst und Unsicherheit, aber auch Bequemlichkeit, stärker im Mittelpunkt des Handelns als die Bedürfnisse von Menschen. Wer Ministrant*innen über einen langen Zeitraum signalisiert, dass sie nicht gebraucht werden, muss die Folgen seines (Nicht-)Handelns tragen. Scheinbar als einziges Bistum erkennt Aachen, dass "dort die Zahl der Ministrantinnen und Ministranten unverändert blieb, wo die Kinder und Jugendlichen eine engagierte Begleitung (…) erfuhren, sie gut an Strukturen in ihrer Pfarrei angebunden waren und vor allem in ihren Interessen ernst genommen wurden".

Von Andrea Hoffmeier

Die Autorin

Andrea Hoffmeier ist Akademiedirektorin der Thomas-Morus-Akademie Bensberg.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.