Parteien tummeln sich vor Bundestagswahl in Sozialen Netzwerken

Wahlgezwitscher

Veröffentlicht am 31.08.2013 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Politik

Berlin ‐ Zwitschern was das Zeug hält: Kurz vor der Bundestagswahl tummeln sich die Politiker nicht nur beim Bürgerverein und auf Schützenfesten, sondern auch in den Sozialen Netzwerken. Twitter, Facebook und Co sind seit der vergangenen Wahl 2009 vom Rand des Wahlkampfs immer weiter ins Zentrum gerückt. Waren es damals die Piraten, die sich durch ihre Netzaffinität einen Namen machten, haben die etablierten Kräfte längst nachgezogen.

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Zwischen 30.000 und 60.000 sogenannte Follower zählen die Parteien auf Twitter, ähnlich hoch sind die "Like"-Zahlen auf Facebook. Regierungssprecher Steffen Seibert folgen rund 110.000 Nutzer auf Twitter; Angela Merkel (CDU) wird rund 350.000 Mal auf Facebook "gemocht".

Laut einer aktuellen Studie des Bundesverbands Informationswirtschaft Bitkom denken fast drei Viertel der Bürger, dass Politiker das Internet für den direkten Dialog nutzen sollten. 37 Prozent der Wahlberechtigten halten die Netzaktivität der Politiker sogar für ein entscheidendes Kriterium für den Wahlausgang. Bei den 18- bis 29-Jährigen ist laut Studie fast die Hälfte (48 Prozent) dieser Ansicht. Für Parteien tun sich auf diese Weise neue Perspektiven auf, sagt Bitkom-Bereichsleiter für Innovationspolitik, Joachim Bühler. "Bei den Sozialen Medien können Politiker sowohl Nähe zu den Wählern erzeugen, aber auch eine starke Verbreitung ihrer Nachrichten steuern."

Alle Parteien zwitschern, teilen und "liken"

Schnell erkannt hätten das vor allem Piraten und Grüne, sagt Bühler. Inzwischen aber hätten mehr als 90 Prozent aller Bundestagsabgeordneten mit Stand Juli wenigstens ein Profil bei einem Sozialen Netzwerk. Zwar sagte Angela Merkel in einem Interview, dass sie selbst nicht twittert, dafür ist ihr Sprecher Steffen Seibert umso aktiver. Nahezu täglich, oft mehrmals, berichtet er über den Kurznachrichtendienst. Auch die Parteiseiten sind präsent.

Ein Mitglied der Piratenpartei hat auf dem Rücken seiner Jacke den Slogan "Nicht käuflich, nur wählbar!""
Bild: ©dpa/Jan Woitas

Mitglieder der Piratenpartei sitzen auf einem Parteitag.

Onlineredaktionen bespielen die Twitter-Accounts der Union und haben zusammengerechnet mehr als 50.000 Follower. Ähnlich viele sind es bei der SPD, etwas weniger bei FDP und Linkspartei. Höher liegt die Zahl bei den Grünen, die auf Twitter mehr als 60.000 Follower haben. Spitzenreiter ist die Piratenpartei mit mehr als 110.000 Followern.

"Nur wirklich strategisch wird es noch nicht genutzt", gibt Bühler zu bedenken. Dabei informieren sich laut Umfrage 60 Prozent der Bundesbürger über politische Themen im Internet. Bei der vergangenen Bundestagswahl 2009 waren es 45 Prozent. Mehr als ein Drittel der Befragten nutzt für diese Zwecke zudem die Sozialen Netzwerken.

Wichtig - aber nicht entscheidend, lautet das Urteil von Isabelle Borucki. Soziale Medien seien ein ernstzunehmender Informationskanal für Politiker, sagt die Trierer Politikwissenschaftlerin und Expertin für politische Kommunikation. "Sie sind nicht zu umgehen." Ihr Einfluss auf die Wahlentscheidungen sei dennoch eher gering.

Großes Wählerpotenzial

Als hilfreich bezeichnet die Politologin Soziale Medien etwa bei der Mobilisierung von Anhängern und Parteimitgliedern sowie für die Organisation von Wahlkampfevents. Allein mit Facebook, Twitter und Co ließe sich jedoch kein Wahlkampf bestreiten. Twitter beispielsweise werde von etwa zwei Prozent der deutschen Bevölkerung aktiv genutzt. Davon seien viele sehr jung und nicht wahlberechtigt. Für Borucki bleiben daher einstweilen die wahlentscheidenderen Medien das Fernsehen und die Regionalzeitung.

Wichtig ist, so die Experten, dass die Politiker sich selbst zu Wort melden. "Der Mehrwert von sozialen Netzwerken geht verloren, wenn Dritte die Texte schreiben", betont Bühler. Dabei sei es durchaus vorteilhaft, wenn Politiker aus dem Nähkästchen plauderten. "Die Wähler wollen schließlich auch die Person hinter dem Politiker erkennen", sagt Bühler. Da sei der Kommentar zum Kaffee trinken oder das Bild vom neuesten Sportoutfit nicht schlecht. Ob es den Kandidaten glaubwürdiger macht? Das hänge sehr vom Einzelfall ab, sagt Borucki.

Von Anna Mertens (KNA)

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