Standpunkt

Ad-limina-Besuch der deutschen Bischöfe: Zuversicht tut not

Veröffentlicht am 18.11.2022 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die Erwartungen an die deutschen Bischöfe während ihres Ad-limina-Besuches sind hoch, kommentiert Stefan Orth. Dabei bräuchten sie momentan auch Zuspruch. Angesichts aller großen innerkirchlichen Herausforderungen setzt er auf die Zuversicht.

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Eine Woche Rom. An grauen Novembertagen nördlich der Alpen ist das eine verheißungsvolle Vorstellung. Hatte nicht der Bischof von Antwerpen, Johan Bonny, den deutschen Mitbrüdern bei der letzten Vollversammlung des Synodalen Wegs ins Gesicht gesagt, sie sähen müde aus? Da wäre doch eine Woche mediterranes Leben nicht schlecht.

Doch die wenigsten Bischöfe werden diese Woche in Rom an Dolce Vita denken. Zu schwer lasten die Erwartungen der meisten Gläubigen in ihren Bistümern angesichts des Misstrauens, das ihnen und ihrem Synodalen Weg aus der Kurie entgegenschlägt. Doch unabhängig davon, wie die Gespräche am Ende ausgehen werden: Auch auf die Zuversicht, die die Bischöfe nach ihrer Rückkehr an den Tag legen, kommt es an.

Zu oft hat man bei Predigten und anderen Wortmeldungen von Priestern und Bischöfen das Gefühl, dass die Seelsorger derzeit selbst des Zuspruchs bedürften. Weniger Wehleidigkeit bitte, forderte jüngst der Historiker und Theologe Hubert Wolf. Tatsächlich braucht es mehr Perspektivenwechsel. Natürlich ist die Pandemie nicht vorbei, aber anders als in den Gemeinden und an anderen kirchlichen Orten tobt beispielsweise in den Fußballstadien bereits seit längerem wieder das pralle Leben. Vor allem der Ukraine-Krieg, die Energiekrise, die Inflation und die dadurch drohende Armut müssen ernst genommen werden. Aber aus einer christlichen Perspektive wird auch das nur gelingen, wenn man aus der Hoffnung heraus lebt und sie auch überzeugend ausstrahlt. Man kann sich dafür sogar auf das Evangelium berufen! Jubelt und hüpft vor Freude, hat einer meiner Professoren eine der Seligpreisungen der Bergpredigt Jesu übersetzt. Sie wurde damals im Angesicht von nicht minder apokalyptischen Szenarien gesprochen.

Auch mit Blick auf die innerkirchlichen Herausforderungen, den Missbrauchsskandal und die in diesem Zusammenhang notwendigen Kirchenreformen ist Ernsthaftigkeit eine unabdingbare Tugend. Sie muss aber getragen sein von einer Zukunftszuversicht. Auch das ist Teil der Führungsverantwortung unter anderem von Bischöfen. Vielleicht kann ja das warme Licht des Südens hier etwas weiterhelfen.

Von Stefan Orth

Der Autor

Dr. Stefan Orth ist Chefredakteur der Herder Korrespondenz.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.