Zwischenbericht der UAK – Vorwürfe gegen früheren Bischof Brems erhärtet

Missbrauchsverdächtiger Priester: Hanke räumt eigene Fehler ein

Veröffentlicht am 24.11.2022 um 12:54 Uhr – Lesedauer: 

Eichstätt ‐ Ein Eichstätter Priester setzte sich nach Missbrauchsvorwürfen ins Ausland ab: Die UAK hat dazu nun einen Zwischenbericht veröffentlicht. Bischof Hanke räumte ein, dass auch er im Umgang mit dem Fall Fehler begangen habe – und kündigte eine Neubewertung des Erbes von Altbischof Brems an.

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Im Fall eines Eichstätter Diözesanpriesters (1930-2016), der sich nach Missbrauchsvorwürfen Ende der 1960er Jahren nach Afrika abgesetzt hat und auch im Alter noch sexuell übergriffig geworden sein soll, hat Bischof Gregor Maria Hanke eigene Fehler eingeräumt. "Ich muss selbstkritisch anmerken, dass ich nach ersten Gesprächen aus dem Jahr 2010 sofort hätte reagieren müssen", sagte Hanke am Donnerstag anlässlich der Veröffentlichung des Zwischenberichts der Unabhängigen Aufarbeitungskommission (UAK) Eichstätt zu diesem Fall. "Die Tatsache, dass von einem Täter auch in hohem Alter in einem Seniorenheim noch Gefahr ausgehen kann, habe ich mir damals nicht vorstellen können." Der "Umfang des Grauens" sei ihm nicht bekannt gewesen. "Das war ein großer Fehler, aus dem ich schmerzhaft gelernt habe." Die Eichstätter Bistumsleitung kündigte zudem unmittelbare Konsquenzen aus den Erkenntnissen des Zwischenberichts an.

Der Geistliche soll in den 1960er Jahren in mehreren Pfarreien in der Oberpfalz, in Schwaben und im nördlichen Oberbayern Mädchen und junge Frauen missbraucht haben. Im Rahmen des "Fidei-Donum"-Programms ging er zunächst nach Afrika, 1973 nach Südamerika. 1984 kehrte der Priester nach Deutschland zurück, ging jedoch zunächst nicht in sein Heimatbistum, sondern für zwei Jahre ins Erzbistum München-Freising. Das beauftragte ihn mit der Seelsorge in der Pfarrei Garching an der Alz. Bis 2005 leitete er im Anschluss eine Pfarrei im Bistum Eichstätt. Der Zwischenbericht untermauert die Vorwürfe gegen den Geistlichen. Zuletzt wurde bekannt, dass er als Hausgeistlicher eines Caritas-Seniorenheims in Mittelfranken 2011 und 2012 Mitarbeiterinnen und Bewohnerinnen angegangen haben soll.

Erbe Brems wird neu bewertet

Besonders im Fokus steht in dem Fall der Umgang der früheren Eichstätter Bistumsleitung mit dem Geistlichen. So wird dem damaligen Bischof Alois Brems (1906-1987) vorgeworfen, den Fall vertuscht und dem Priester zur Flucht vor den Ermittlungsbehörden verholfen zu haben. Dem Zwischenbericht der UAK zufolge war die Bistumsleitung spätestens ab 1967 über Vorwürfe gegen den Geistlichen informiert. In einer vorläufigen Bewertung hät sie fest, dass Brems und sein Generalvikar Josef Pfeiffer die strafrechtliche Aufklärung offenbar behindert haben. Der Geistliche wurde seit dem 3. April 1969 per Haftbefehl gesucht und setzte sich daraufhin ins Ausland ab. Durch eine heimliche weitere Besoldung hätte die Bistumsleitung das Untertauchen des Priesters gefördert, "wenn nicht sogar erst ermöglicht", heißt es in dem Bericht.

"Dass diese Taten ausgeführt und zudem aktiv vertuscht wurden, ist ein erschütternder Vorgang, der restlos aufgearbeitet werden muss", betonte Bischof Hanke. Als unmittelbare Konsequenz werde nun das Erbe von Brems neu bewertet. "Ich bitte zudem die Kommunen und Institutionen, die Bischof Brems gewürdigt haben, das Gedenken an ihn ihrerseits zu überdenken", fügte Hanke hinzu.

Hanke über Vorgänger Brems: Bild wird nun von Schatten überlagert

Ein Eichstätter Diözesanpriester soll sich nach einer Anzeige nach Afrika abgesetzt haben – unterstützt vom damaligen Bischof Brems. Der Fall zeigt immer neue Facetten. Jetzt äußert sich Bischof Gregor Maria Hanke und drückt seine Bestürzung aus.

Laut Bericht steht zudem die Frage im Raum, ob Verantwortliche der Abtei Münsterschwarzach an Planung und Durchführung der Flucht des Geistlichen nach Afrika beteiligt waren. Aufklärungsbedarf gebe es außerdem bei der Frage, warum der Verdächtige trotz internationalen Haftbefehls "offenbar problemlos in verschiedene Länder reisen konnte". In einem gesonderten Rechtsgutachten will die Kommission die strafrechtliche Verantwortlichkeit der damaligen Bistumsführung klären lassen. 

Die Aufarbeitungskommission geht von einer erheblichen Dunkelziffer an Missbrauchsopfern des Geistlichen aus. Die Zahl der mutmaßlich Geschädigten allein für die 1960er Jahre wird im Bericht mit rund zehn angegeben. Das Bistum Eichstätt bittet weiterhin Opfer oder Zeugen, sich beim Krisentelefon, den externen Ansprechpersonen oder dem Betroffenenbeirat zu melden.

Eine weitere neue Erkenntnis der gesonderten Aufarbeitung des Falls ist die unterlassene Meldung des Umzugs des Geistlichen in das Erzbistum Bamberg nach seinem Aufenthalt im Seniorenheim. „Dass das Bistum Eichstätt nicht über die verbrecherische Vergangenheit des Priesters informiert hat, zeigt eine Schwachstelle in unserem System, die wir umgehend beheben müssen“, betonte Generalvikar Michael Alberter. Die kirchenrechtlichen Vorgaben seien bei der Führung der Personalakten nicht hinreichend umgesetzt worden. "Um ein solches Versäumnis in Zukunft zu verhindern, habe ich bereits veranlasst, dass Personalakten nochmals gesichtet und entsprechend den Vorgaben geordnet werden müssen", kündigte Alberter an. Deshalb werde das Bistum Eichstätt die bereits geplante Neuorganisation der Personalverwaltung beschleunigen. (mal)