Liturgiewissenschaftlerin: Konzelebration kein priesterliches Privileg

Die Konzelebration der ehemaligen Schweizer Gemeindeleiterin Monika Schmid hat die deutsche Liturgiewissenschaftlerin Teresa Berger nach eigenen Worten nicht schockiert. "Durch die liturgie-theologische Brille schauend muss ich sagen: Konzelebrieren, das heißt ja eigentlich: Gemeinsam feiern alle, die an einem Gottesdienst teilnehmen", sagte Berger in einem Interview mit dem Schweizer Internetportal "kath.ch" (Freitag). "Ich selber zelebriere also seit meiner Taufe bei jeder Liturgie, an der ich teilnehme. Konzelebration ist somit kein priesterliches Privileg." Zudem scheine die Gemeinde beim Gottesdienst sehr engagiert mitgefeiert zu haben.
Ihrer liturgiegeschichtlichen Interpretation nach sei es nicht das erste Mal in den vergangenen 2.000 Jahren, dass eine Frau am Altar zelebriert habe. "Selbst wenn es so aussieht, als ob der Priester das alleine macht, ist das in Wirklichkeit nicht der Fall", betonte Berger. "Liturgie war immer ein gemeinsames Handeln aller, die den Gottesdienst feierten – und wird es auch immer bleiben." Aufgrund der Taufe würden somit alle konzelebrieren, auch wenn nicht alle als Vorsteher der Feier handelten. Liturgie habe sich im Laufe der Jahrhunderte in den unterschiedlichen kulturellen Kontexten verändert und sei gewachsen. Entwicklung bedeute, dass auch Weiterentwicklung möglich sei. "Wir haben immer wieder prophetische Gegenbewegungen im Leben der Kirche, die fundamentale Neuorientierungen bringen", so Berger.
"Die Frage ist doch, was die Menschen im Gottesdienst erleben"
Kirchenrechtlich betrachtet sei eine von einer Frau vollzogene Wandlung zwar nicht gültig. "Die Frage ist doch, was die Menschen im Gottesdienst erleben. Erfahren Sie Gottes Gegenwart? Können Sie sich der Gnade öffnen?", fragte die Liturgiewissenschaftlerin. Sie teile die Ungeduld vieler Frauen in der Kirche und achte den Weg, den Monika Schmid gegangen sei. "Gleichzeitig möchte ich aber auch andere Frauenstimmen in der Kirche achten, die sich in Monika Schmids Handeln ganz und gar nicht wiederfinden."
Sie sehe Monika Schmid als "liturgisch sehr wache und engagierte Frau mit spiritueller Tiefe", sagt Berger. Das Video der Konzelebration bestärke gleichzeitig viele Vorurteile gegenüber der Kirche im deutschen Sprachraum. "Eine Frau, die konzelebriert, bestärkt die Meinung vieler Konservativen, dass eine Grenze überschritten wurde", sagte sie.
Berger stammt aus Hanau und lehrt seit 2007 Liturgiewissenschaft an der US-amerikanischen Elite-Universität Yale. Die 65-Jährige Schmid hatte bei der Messe zu ihrer Verabschiedung in der Pfarrei St. Martin im schweizerischen Illnau-Effretikon am 28. August den Gottesdienst mit zwei Priestern, einem Diakon und einer weiteren Frau konzelebriert und das Hochgebet zur Wandlung in abgewandelter Form allein gesprochen. Die Feier der Eucharistie und damit das Sprechen des Hochgebets in der Messe ist Priestern vorbehalten. Nach dem Kirchenrecht ist der Versuch, die Eucharistie ohne Priesterweihe zu feiern, eine Straftat. Daher leitete der Churer Bischof Joseph Bonnemain Anfang September eine kanonische Voruntersuchung ein. (cbr)