Wie eine Krippenbauerin die christliche Botschaft verkünden will
Ein einfacher, offener Stall. Die heilige Familie schmiegt sich aneinander: Maria, Josef und mittendrin das Jesuskind. Vom Dach hängen Eiszapfen. Überall liegt Kunstschnee. So sieht die Krippe aus, die Pia Madert letztes Jahr für Papst Franziskus gebaut hat: eine moselländische Schneekrippe. "Im Winter liegt bei uns an der Mosel halt Schnee und Jesus ist auch für uns zur Welt gekommen", erklärt die 58-Jährige ihr Krippenmodell.
Seit 30 Jahren baut Pia Madert Krippen. Sogar die Figuren aus Lindenholz schnitzt sie selbst. Sie ist eine echte "Klüsserather Krippenfreundin", wie der Verein in Rheinland-Pfalz heißt, in dem sie sich engagiert. Ihre Schneekrippe wurde letztes Jahr von einer Delegation der Krippenfreunde nach Rom gebracht und Papst Franziskus überreicht. Auch Papst emeritus Benedikt XVI. hat eine Schneekrippe erhalten, die von Klaus Porten, Vizepräsident der Bayerischen Krippenfreunde, gebaut wurde. Ob sich die Päpste an den Krippen erfreuen, weiß Madert aber nicht. Bis heute kam kein Schreiben aus dem Vatikan. Madert hofft nur, dass Papst Franziskus ihre Krippe auch zur häuslichen Andacht nutzt, denn dafür sei sie gedacht. Zwar liege um die Krippe viel Schnee, alles ist erstarrt, aber durch die Geburt Jesu beginnt das Leben neu, erklärt sie die tröstliche Botschaft dahinter.
Seit 20 Jahren ist Pia Madert auch die Vorsitzende im Verein der Klüsserather Krippenfreunde. Dazu gehören etwa 300 Mitglieder. Das jüngste Mitglied ist 9 Jahre alt und der prominenteste Klüsserather Krippenfreund ist der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer. Weil er früher in einer Trierer Kirchengemeinde als Seelsorger tätig war, stieß er bei der Suche nach einem Christkindlein zufällig auf den Verein, erzählt Madert. Und seitdem sei er Mitglied, sagt sie stolz. Zu Hause habe sie noch viel mehr Krippen, so die ausgebildete Krippenbaumeisterin. Rund 20, schätzt sie. Ihr Sohn habe ihr daher schon mal gesagt: "Jetzt haben wir aber genug davon". Immer, wenn sie irgendwo eine besondere Krippe entdeckt, möchte sie diese auch nachbauen. "Ich kann halt nicht aufhören", sagt Madert und lacht.
Vor Jahren habe sie einmal eine Ausstellung der Klüsserather Krippenfreunde mit ihrer Schwester besucht. "Wir waren so berührt davon, dass wir beschlossen haben, dass wir das auch können wollen, Krippen bauen", erzählt Madert. Obwohl sie dann doch anfangs zögerte, nahm sie mit ihrer Schwester an einem Krippenbaukurs teil und baute ihre erste Krippe. "Damals wurde ich eine echte Krippenfreundin", meint sie. Viele ihrer selbstgefertigten Krippen sind inzwischen im "Domus praesepiorum", im Krippenmuseum in Klüsserath aufgestellt. Dort findet dieses Jahr sogar eine Jubiläumsausstellung statt. 120 Krippen kann man da bestaunen. Eine Krippe im Weinfass etwa oder eine Porzellankrippe, genauso wie eine alpenländische Herbergssuche und unterschiedliche Kastenkrippen.
In der Satzung der Krippenfreunde steht, dass es vor allem um die Weiterverbreitung der christlichen Botschaft gehe, erklärt Madert. Das nehme sie ernst. Sie führe selbst die Besucher durch die Ausstellungsräume des Museums. "Wir wollen die Menschen mit unseren Krippen anrühren." Es bewege sie jedes Mal, wenn jemand andächtig vor einer Krippe stehen bleibe. Zu einer Krippe gehören aber auch schmerzliche Momente, weiß Madert. So zeigen sogenannte "Simultankrippen" gleich mehrere Szenen aus dem Leben Jesu, neben der Geburt etwa auch den Kindermord in Bethlehem oder die Kreuzigung. Auch dieses Leiden gehört zum Leben Jesu dazu. "Und zu unserem", fügt sie hinzu. Sie sei durchaus so etwas wie eine "Krippen-Missionarin", gibt sie zu. Und wenn sich dann manche Besucher des Museums so sehr davon begeistern lassen und sich sogar zu einem Krippenbaukurs anmelden, freut sie das besonders.
Der Verein der Krippenfreunde organisiert einmal im Jahr solche Kurse für Erwachsene und für Kinder. Jeder Teilnehmer baut seine Krippe nach den eigenen Vorstellungen. "Wir geben nichts vor", sagt sie. Im Kurs lernt man die unterschiedlichen Bauarten und Materialien kennen und erhält Tipps zu Beleuchtung und Botanik. Manche modellierten ihre Figuren selbst und seien dabei sehr kreativ, meint Madert. Jeder baue seine Krippe so, wie er das Weihnachtsgeschehen begreife, meint sie. Herausfordernd sei nur das Bemalen, das sogenannte "Fassen" der Krippe. Der italienische Krippenkünstler Claudio Mattei hat einen Kurs in der Klüsserather Krippenbauschule durchgeführt. Hier konnte Madert eine typische neapolitanische Krippe aus Kork bauen. Die steht heute auch im Krippenmuseum. Wer in der Krippenbauschule den Kursleiterlehrgang besucht, kann nach vier Jahren Krippenbaumeister werden. Er wird damit befähigt, selbst Kurse in seinem Heimatort anzubieten, erklärt Madert. So war es auch bei ihr.
Immer wenn sie einen Krippenbaukurs gibt, fällt ihr auf, dass einige Teilnehmer gerne ihr Elternhaus nachbauen wollen. Sie bringen alte Bilder oder Baupläne mit und machen sich so auf eine Reise in die Kindheit. Die Krippe wird dann zu einem Ort der Sehnsucht, meint Madert. Das rühre sie immer sehr an. Sie selbst hat mit ihrem bereits verstorbenen Vater auch so eine Krippe gebaut. "Mein Vater konnte sich noch an vieles erinnern. Wie die Fenster aussahen oder wo ein Baum stand", blickt die Krippenbaumeisterin zurück. Sie selbst wohnt bis heute in dem in den 70er Jahren umgebauten Haus der Urgroßeltern. Sie sei froh, dass sie diese Krippe mit ihrem Vater gemeinsam gebaut habe. "Es waren sehr innige Momente", erinnert sie sich. Auch ihre Schwester, mit der sie damals die Krippenausstellung besuchte, ist bis heute eine Krippenfreundin geblieben. Und jetzt hat sich auch noch eine weitere Schwester von Pia Madert dazu entschlossen, eine eigene Krippe zu bauen. "Nun sind wir schon zu dritt in der Familie, die sich mit dem Krippe-Virus infiziert haben", freut sie sich.
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Gegen das Virus hilft eigentlich nur ein "Gloriawasser", lacht sie. Wen sich die Krippenfreunde in der Weihnachtszeit gegenseitig besuchen und ihre Krippen bestaunen, singen sie gemeinsam das "Gloria in excelsis Deo" und trinken dazu einen Schnaps. Das sei einfach eine schöne Tradition, meint Madert. Und wünscht sich nur eines: eine Weihnachtskrippe in jedem Haus. Am Ende der Ausstellung in Klüsserath befindet sich eine geschnitzte Kapelle. Wenn man dort eine Münze einwirft, ertönt ein Weihnachtslied. Das Jesuskind erscheint und segnet den Betrachter. Genauso wünschen die Klüsserather Krippenfreunde jedem Besucher Gottes Segen und "Pax et Gloria", "Freude und Friede auf Erden!", schließt Madert mit dem Krippengruß.