Erst kürzlich intensiv mit Woelki über Missbrauchsfall Pilz ausgetauscht

Kölner Aufarbeitungskommission überrascht nach Rückzug von Rixen

Veröffentlicht am 06.12.2022 um 12:39 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ Der Austritt von Staatsrechtler Stephan Rixen aus der Aufarbeitungskommission im Erzbistum Köln und seine damit verbundene Kritik haben zahlreiche Reaktionen ausgelöst. Auch die NRW-Landesregierung hat sich gemeldet.

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Über den Rückzug des Staatsrechtlers Stephan Rixen aus der Unabhängigen Aufarbeitungskommission für das Erzbistum Köln haben sich die verbliebenen Mitglieder verwundert gezeigt. "Dies kam für alle sehr überraschend", teilte die Kommission am Dienstag mit, da man sich vergangene Woche noch intensiv mit Kardinal Rainer Maria Woelki über den Missbrauchsfall Winfried Pilz ausgetauscht habe: "Nichtsdestotrotz ist die Entscheidung von Herrn Professor Rixen zu akzeptieren, dessen fachliche Expertise zukünftig fehlen wird."

Rixen hatte am Montag seine Mitgliedschaft in dem Gremium beendet und damit auch den Vorsitz niedergelegt. Seine anfänglichen Zweifel an einer unabhängigen und effektiven Arbeit des Gremiums hätten sich bestätigt, sagte er zur Begründung. Gerade dieses jüngste Gespräch über den Fall des Kölner Priesters Pilz habe bei ihm ein "massives Störgefühl" hinterlassen. "Mir fehlt das Vertrauen, dass eine Aufarbeitung, die auch Kardinal Woelki selbst betrifft, wirklich gewünscht ist", so Rixen. Sein Eindruck sei, dass die Mehrheit in der Kölner Kommission vor allem den Kardinal schützen und nicht mit der Führungsspitze des Erzbistums in Konflikt geraten wolle.

Woelki wird unter anderem vorgehalten, das Bistum Dresden-Meißen nicht frühzeitig über die Vorwürfe gegen Pilz informiert zu haben, der dort seinen Ruhestand verbracht hatte. Dagegen betont der Kardinal auch in einer eidesstattlichen Versicherung, erst Ende Juni 2022 mit dem Fall überhaupt befasst worden zu sein. In der Sache hat die Kölner Staatsanwaltschaft wegen des Vorwurfs einer falschen eidesstattlichen Versicherung Ermittlungen aufgenommen.

Hamers: Entscheidung "äußerst bedauerlich"

Unterdessen sagte der Vertreter der katholischen Kirche bei der Landesregierung und beim NRW-Landtag, Antonius Hamers, dem Kölner Portal "domradio.de": "Es ist äußerst bedauerlich, dass sich eine so anerkannte Persönlichkeit daraus zurückzieht und damit natürlich auch nochmals infrage stellt, inwieweit die Konstruktion dieser Aufarbeitungskommission wirklich gut durchdacht war." Die Landesregierung habe sich mit der Benennung von Rixen sehr viel Mühe gegeben: "Das war nicht ganz einfach, weil das nicht unbedingt eine Aufgabe ist, um die sich Leute reißen."

Die Landesregierung kündigte an, den Posten nachzubesetzen. "Die Staatskanzlei bereitet nun die Benennung eines neuen unabhängigen Experten vor", sagte eine Sprecherin der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Die Mitglieder der Kommission – darunter Vertreter des Bistums, Betroffene und Experten etwa aus Justiz und Verwaltung – werden teils von der Kirche und teils von der Landesregierung benannt sowie alle vom Ortsbischof berufen. Darauf hatten sich die Bischöfe mit dem früheren Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, geeinigt.

Karl Haucke, der als Betroffener sexualisierter Gewalt das Institut für Prävention und Aufarbeitung an der Bonner Uni mitgründete, nannte die Entscheidung Rixens erwartbar. "Denn die Bereitschaft, eigene Fehler zu erkennen oder sogar eigene Schuld zuzugeben, liegt in Köln gar nicht vor." In der dortigen Aufarbeitungskommission seien "eine Menge" nicht unabhängiger Menschen: "Insofern ist es sicherlich notwendig, entweder mit einer neuen Zusammensetzung oder mit einer anderen Struktur zu arbeiten." Haucke hatte 2020 aus Protest den Betroffenenbeirat des Erzbistums Köln verlassen. (KNA)