Keine geradlinige Weiterentwicklung zu Reformen möglich

Sozialpfarrer Kossen: Kirche muss scheitern, damit Neues entsteht

Veröffentlicht am 08.12.2022 um 11:04 Uhr – Lesedauer: 

Münster ‐ Die Kirche ist nicht reformierbar und wird gegen die Wand fahren, glaubt Sozialpfarrer Peter Kossen. Dann brauche es Menschen, die sie aus den Trümmern wieder aufbauen. Und der Pfarrer meint, dass die Zeit reif ist für eine Päpstin aus Afrika.

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Sozialpfarrer Peter Kossen hält die katholische Kirche für nicht reformierbar. Das zeige die Kritik des Vatikan am deutschen Reformprozess Synodaler Weg, schreibt der Pfarrer in einem Beitrag für das Online-Magazin "futur2". Es werde keine geradlinige Weiterentwicklung zu Reformen geben. Neues und Besseres könne nur "er-scheitert" werden. Nachdem die Kirche vor die Wand gefahren sei, würden "die dafür Verantwortlichen sich in ihre klerikalen Sonderwelten zurückziehen und den Laien den Trümmerhaufen überlassen", so Kossen. Dann brauche es Menschen, die "die Kirche aus den Trümmern neu aufbauen".

Der Pfarrer in Lengerich, der wegen seines Einsatzes für Arbeitsmigranten in der Fleischindustrie bekannt ist, fordert kirchliche Reformen wie die Priesterweihe für Frauen oder eine Neubewertung von Homosexualität. "Ich beobachte: Mehr als ein Drittel aller Priester und Bischöfe sind schwul", schreibt Kossen. Dies müsse nicht bewertet und eigentlich auch nicht eigens erwähnt werden. Die sexuelle Identität werde aber zur Tragödie, "wo bei anderen stigmatisiert wird, was man bei sich selbst nicht zulassen darf".

Zeit für eine Päpstin aus Afrika

Die Not der Welt könnte angesichts von Krieg, Flucht, Rassismus und Klimakrise kaum größer sein, so Kossen. "Und doch erschöpft unsere Kirche große Kräfte in quälender und unfruchtbarer Selbstbezogenheit. Damit bleibt sie dauerhaft in Äußerlichkeiten stecken, hängt fest in vorletzten Dingen, wird nicht wesentlich." Die Kirche brauche daher "den befreienden Aufbruch und den Sturm des Heiligen Geistes, der sie ins dritte Jahrtausend drängt".

Der Kirche wirft er ideologisch – nicht theologisch – fundierte Haltungen vor: "Sie verwechselt Realitätsverweigerung mit Standhaftigkeit, Rechthaberei mit Treue, Verschlagenheit mit Macht." Es sei Zeit für eine Päpstin aus Afrika, findet der Pfarrer. Er könne sich kein Szenario denken, aufgrund dessen er die Kirche verlassen würde. "Kirche in Auflösung, Kirche in Trümmern wird in mir und in vielen anderen lebendige Steine finden für den Wiederaufbau." (cbr/KNA)