Keine Zahlungs-Obergrenze von 50.000 Euro für Missbrauchsbetroffene
Die Vorsitzende der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA), Margarete Reske, weist den Eindruck zurück, dass Anerkennungsleistungen für kirchliche Missbrauchsbetroffene gedeckelt seien. Für die Leistungen für Betroffene von sexueller Gewalt in der Kirche gibt es keine Obergrenze von 50.000 Euro, betonte die Kommission am Donnerstag. "Die Quote der Leistungen über 50.000 € lag im Jahr 2021 bei 8 Prozent der Entscheidungen", heißt es in der Pressemitteilung der Kommission, die auch in diesem Jahr eine ähnliche Tendenz erwartet. Die Zahlen zum Jahr 2021 wurden im Februar vorgestellt. "Es hilft den Betroffenen von sexueller Gewalt nicht, wenn ihnen zu einer möglichen Leistungshöhe im UKA-Verfahren falsche Angaben durch außenstehende Personen gemacht werden und sie hierdurch weiterer Unsicherheit ausgesetzt werden", betonte Reske und wies auf die Möglichkeit einer Klage vor staatlichen Gerichten hin, die unabhängig von den Leistungen auf der Grundlage der Verfahrensordnung der Kommission schon immer möglich gewesen seien.
Die Wortmeldung Reskes nennt keinen konkreten Anlass und steht wohl im Kontext der Berichterstattung über die Schmerzensgeldforderung eines Missbrauchsbetroffenen gegen das Erzbistum Köln, die der Betroffene vor dem Landgericht Köln durchsetzen will. Der Kläger hatte eine Anerkennungsleistung in Höhe von 25.000 Euro erhalten und klagt nun auf einen hohen sechsstelligen Betrag, nachdem er in den 1970er-Jahren mehrere Hundert Mal von einem Priester sexuell missbraucht wurde.
Der von der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) beschlossene Zahlrungsrahmen bewegt sich laut der UKA-Verfahrensordnung "am oberen Bereich der durch staatliche Gerichte in vergleichbaren Fällen zuerkannten Schmerzensgelder" und sieht grundsätzlich Leistungen bis 50.000 Euro vor. Ausnahmsweise kann die Kommission bei besonders schweren Härtefällen höhere Leistungen festlegen. In diesem Fall ist gemäß den Regularien aber die Zustimmung der jeweiligen kirchlichen Institution notwendig.
Kritik von Betroffenenvertretern
Das System der Anerkennungsleistungen steht seit Jahren in der Kritik von Betroffenenvertretern. Gegenüber katholisch.de klagte der Sprecher des Betroffenenbeirats bei der DBK, Johannes Norpoth, im März nach Vorstellung des Tätigkeitsberichts der UKA über zu geringe Höhen der tatsächlich gezahlten Leistungen. Im internationalen Vergleich seien die üblichen Schmerzensgelder sehr niedrig. "Das Instrumentarium ist also eigentlich nicht geeignet, um eine wirkliche Anerkennung des Leids aus sexualisierter Gewalt und des institutionellen Versagens zu leisten", so Norpoth.
Auch der Jesuitenpater Klaus Mertes spricht sich für Änderungen im System aus und forderte, dass staatliche Instanzen die Höhe der Schmerzensgelder für Opfer von sexueller Gewalt in der Kirche festlegen. "Solche Zahlungen können ihrem Wesen nach nicht zwischen Betroffenen und Institution ausgehandelt werden", schrieb Mertes am Mittwoch. Es bedürfe dazu stattdessen einer unabhängigen dritten, also staatlichen Instanz. Sobald diese Instanz jedoch entscheide, habe das auch Folgen für alle nicht-kirchlichen Institutionen, denen Amtsversagen im Zusammenhang von Missbrauch Schutzbedürftiger vorgeworfen wird oder in Zukunft vorgeworfen werden kann, so Mertes.
Im September 2020 hatten die deutschen Bischöfe das seit 2018 bestehende System der "Anerkennungsleistungen" für Betroffene sexualisierter Gewalt grundlegend reformiert und eine "Verfahrensordnung zur Anerkennung des Leids von Missbrauchsopfern in der katholischen Kirche" erlassen. Der UKA gehörten zunächst vier Frauen und drei Männer aus den Bereichen Recht, Medizin und Psychologie an, im Januar wurde die Kommission um drei weitere Mitglieder aufgestockt, um schneller arbeiten zu können. (fxn)