ZdK für Reform in Staat und Kirche: Verstehen uns als treibende Kraft
Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) ist eine Organisation mit langer Tradition. Seit über 150 Jahren meldet sich der Laien-Dachverband in gesellschaftlichen Debatten zu Wort, vor allem in der Bundesrepublik hat er damit die Demokratie und die soziale Marktwirtschaft stark mitgeprägt.
Spätestens seit Bekanntwerden des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche vor über zehn Jahren stehen auch kirchliche Reformthemen ganz oben auf der Tagesordnung der rund 230 Delegierten. Auf ihrer am Samstag beendeten Vollversammlung in Berlin wurde dies erneut deutlich.
"Wir verstehen uns als treibende Kraft im Reformprozess der katholischen Kirche", betonte ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp schon beim Auftakt. Sie bezog sich damit vor allem auf den Synodalen Weg, die vor drei Jahren begonnenen Versammlungen von Katholiken-Komitee und Bischöfen mit Debatten und Beschlüssen über Sexualmoral, Macht und Gewaltenteilung sowie die Rolle von Frauen in der Kirche.
Staat solle mehr Einfluss auf Aufarbeitung nehmen
Bei der Berliner Vollversammlung nahm sich das ZdK erneut eine Reihe heißer Eisen wie sexuellen Missbrauch vor und verband sie mit konkreten Forderungen auch an den Staat. So müssten sexuelle Handlungen in seelsorglichen Beziehungen strafrechtlich ebenso verboten werden wie solche in psychotherapeutischen Behandlungen, heißt es in einem Beschluss.
An die Kirche gerichtet dringt das ZdK darauf, dass ihre Kommissionen zur Aufarbeitung von Missbrauch Erwachsene generell in den Blick nehmen und nicht ausschließlich solche, die etwa wegen einer Behinderung schutzbedürftig sind. Denn durch sexualisierte Gewalt geschädigt würden auch Erwachsene "in dienstlichen Abhängigkeitsverhältnissen oder in Seelsorgebeziehungen, in denen ein eindeutiges Machtgefälle besteht", heißt es zur Begründung. Insgesamt tritt das ZdK für eine größere staatliche Einflussnahme auf die Aufarbeitung in anderen Institutionen ein.
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Mit dem Appell, unterschiedliche sexuelle Identitäten von Menschen anzuerkennen und rechtliche Diskriminierungen zu beseitigen, wenden sich die Laienvertreter ebenfalls nicht nur an den Staat, sondern auch an die deutschen Bischöfe. Sie sollten ihre im November beschlossene Reform des kirchlichen Arbeitsrechts "schnellstmöglich in Kraft setzen", heißt es in einem weiteren Beschluss.
Bei seinem Herbsttreffen griff das ZdK auch Themen auf, bei denen es innerkirchlich keinen Gegenwind zu erwarten hat. So fordert es entschiedenere Maßnahmen gegen den Klimawandel und für eine ökologisch verträgliche Energieversorgung. Dabei zeigte Stetter-Karp auch Verständnis für die Klima-Proteste der Gruppe "Letzte Generation", deren Straßenblockaden umstritten sind. Sie zeigten, "dass Menschen in sich verschärfenden Krisen mitunter zu immer verzweifelteren Mitteln greifen".
Wechsel brachte nicht die erhoffte Nähe zur politischen Macht
Mit seinen Positionen bei Staat und Kirche Gehör zu finden, ist für das Zentralkomitee indes schwieriger denn je. Der Wechsel des ZdK-Generalsekretariats vor einem Jahr von Bonn nach Berlin brachte bislang nicht die erhoffte Nähe zu den politischen Machtzentren, wie Stetter-Karp einräumte. Dazu mag beigetragen haben, dass fast zeitgleich nach 16 Jahren einer unionsgeführten Bundesregierung nun die kirchenfernere Ampel-Koalition an die Regierung kam. Mit Blick etwa auf Fragen des Lebensanfangs und -endes findet das ZdK nach Einschätzung seiner Präsidentin in Politik und Gesellschaft aber nach wie vor Gehör.
Im Vatikan hat es die Laien-Vertretung mit Forderungen nach einer Kirchenreform noch schwerer – nicht erst seit der Kritik von Kardinälen am Synodalen Weg, die beim Rom-Besuch der deutschen Bischöfe im November laut wurde. Stetter-Karp sprach von einer "Kommunikationsverweigerung" der Kirchenzentrale gegenüber dem deutschen Laienkatholizismus. Ein Gesprächstermin im Vatikan, an dem sie sich erklären könnte, steht nach ihren Worten nicht in Aussicht. Auf dem europäischen Vorbereitungstreffen zur Weltsynode, die Papst Franziskus für 2024 einberufen hat, wollen Stetter-Karp und weitere ZdK-Vertreter sich im kommenden Februar in Prag zumindest mit Gleichgesinnten vernetzen.