Aus der Geburtskirche Jesu in die weite Welt: Ein Friedenslicht to go
"Diese schöne Tradition haben unsere Söhne ins Haus gebracht, die lange Zeit bei den Pfadfindern aktiv waren", erinnert sich Raymund Braun. "Seitdem die Jungs erwachsen und ausgezogen sind, machen wir einfach weiter", sagt der 65-Jährige aus Kaarst-Büttgen in der Nähe von Düsseldorf. "Sonst würde uns in der Weihnachtszeit etwas fehlen."
1986 hatte der Österreichische Rundfunk die Idee zu diesem Friedenslicht aus Bethlehem. Die Botschaft dahinter ist einfach: Jesus ist in Bethlehem geboren. Und genau dort wird jedes Jahr von einem "Friedenslichtkind aus Österreich" eine Kerze entzündet, um die Botschaft des Friedens immer wieder neu in die Welt zu bringen. Dieses Jahr war es Sarah Noska, die schon im November mit einer Delegation im Heiligen Land war. Sie hat dort an der Geburtsgrotte Jesu in Bethlehem eine Kerze entzündet und dann in einer geeigneten Laterne nach Wien gebracht. Die 9-Jährige hat erst vor kurzem ihre Mutter verloren, sie starb an Krebs. Außerdem kümmert sich das Mädchen rührend um eine Mitschülerin, die aus der Ukraine geflüchtet ist.
In Wien wird dieses Licht aus Bethlehem dann in einer ökumenischen Aussendungsfeier meist am dritten Advent an verschiedene Pfadfindergruppen übergeben. Sie kommen aus der Schweiz, Italien, Tschechien und sogar aus der Ukraine. Seit 1995 nimmt auch eine deutsche Delegation daran teil. Auch dieses Jahr haben Pfadfinder aus Deutschland das Licht in Wien abgeholt und im Zug über München in verschiedene deutsche Städte gebracht. Es wird an den Bahnsteigen aus dem Zug heraus verteilt, in Gottesdiensten oder eben auch privat weitergegeben, wie es auch Raymund Braun und seine Frau Dorothee schon seit 20 Jahren machen.
Da dieses Jahr kein Zug in Düsseldorf mit dem Licht an Bord hielt, sind die beiden zur ökumenischen Aussendungsfeier nach Köln gefahren. Mit einer transportsicheren Laterne haben sie das Licht dann nach Hause gebracht und auf die Terrasse gestellt. Dort brennt es nun dauerhaft bis nach Weihnachten, meist bis zum 6. Januar, dem Fest der Heiligen Drei Könige, erzählt Braun. Es sei einfach eine Freude, zu wissen, dass diese Flamme direkt aus der Geburtskirche Jesu kommt. Daher sollte das Licht abends auch nicht ausgelöscht werden. "Es ist einfach ein schöner Brauch, das Friedenslicht zu behüten und nicht ausgehen zu lassen", erklärt Braun. "Dieses Licht macht sich auf so einen langen Weg, daher will ich diese lange Kette der Flamme nicht unterbrechen." Sollte das Licht doch einmal versehentlich ausgehen, müsse er eben ein neues Licht besorgen, sagt er. Ihm sei das schon einmal passiert, erinnert sich Braun. Genau an einem Heiligen Abend vor ein paar Jahren, sei das Licht erloschen. Er habe es dann nochmals neu bei einem Bekannten besorgt, das war es ihm wert, meint er.
Manche Bekannte aus dem Dorf warten im Advent auch schon sehnsüchtig darauf, dass er und seine Frau das Licht persönlich vorbeibringen. Es bewege ihn immer sehr, wenn er dann im Dunkeln zu den Häusern komme und die Menschen freudig auf ihn warten. Da gehe ihm jedes Mal das Herz auf. Inzwischen gebe es noch weitere "Lichtbringer" in der Umgebung. Mit dieser Geste teile man nicht nur das Licht, sondern auch ein Stück sein Leben miteinander, weiß Braun. Er glaubt daran, dass es etwas mit den Menschen mache, wenn jemand persönlich dieses Licht aus Bethlehem vorbeibringe und auf diese Weise den Frieden wünscht. Auch wenn er weiß, dass es für den Frieden in der Welt mehr als eine brennende Kerze braucht. "Gerade in dunklen Zeiten ist jedes Licht willkommen", gesteht Braun. Seit Jahren ist einer seiner Söhne erkrankt und keine Besserung in Sicht. "Das zehrt auch an unseren Kräften in der Familie", sagt er. Daher tröste ihn dieses Friedenslicht aus Bethlehem besonders. "Wir leben von dieser Hoffnung, dass eines Tages alles wieder gut wird".
Manchmal bringt Braun das Friedenslicht auch in das örtliche Altenheim. Dort wird es dann nach einem Gottesdienst mit dem früheren Pastor an die Bewohner verteilt. Das sei immer sehr anrührend, erzählt der 65-Jährige, der früher auch als Lektor und Vorbeter in der Kirchengemeinde aktiv war. Die Weitergabe des Friedenslichts verbinde so viele Menschen miteinander, ergänzt er. Dieses Gefühl der Gemeinschaft trage ihn bis heute.
Auch Papst Franziskus hat das Friedenslicht schon von Sarah Noska, dem Friedenslichtkind aus Österreich erhalten. Damit wird auch der Heilige Vater in Rom zu einem Friedensstifter für die Welt. "Frieden beginnt mit dir", lautet das diesjährige Motto der Verteilaktion des Lichtes. Das passe haargenau, meint Braun. Diese kleine Flamme, die um die Welt gehe, sei ein Zeichen dafür, dass "wir auf den Frieden hoffen und auf Versöhnung gegen alle Dunkelheiten dieser Zeit".
"Aber einfach so von allein kommen Frieden und Zuversicht auch nicht ins Haus geflattert", sagt er. Dafür müsse schon jeder selbst etwas dazu beitragen. Daher will Raymund Braun auch weiterhin im Advent das Friedenslicht ehrenamtlich von Haus zu Haus bringen und es jeden Abend in die Laterne vor seiner Haustüre stellen. Egal, ob jemand das Licht dann bei ihm vor dem Haus abholt oder es nur aus der Ferne still betrachtet, er glaubt an die friedvolle Kraft dieses Lichtes aus Bethlehem.