Kölner Erzbischof räumt Fehler bei Kommunikation ein

Kardinal Woelki: Habe mich noch nie so ohnmächtig gefühlt

Veröffentlicht am 27.12.2022 um 14:41 Uhr – Lesedauer: 

Düsseldorf ‐ Bereits seit einigen Jahren befindet sich das Erzbistum Köln in einer Vertrauenskrise. Für Kardinal Rainer Maria Woelki ist diese Situation nicht leicht: Er habe sich noch nie so ohnmächtig gefühlt, gab er nun zu.

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Die Krise im Erzbistum Köln hat Kardinal Rainer Maria Woelki nach eigener Aussage verändert. "Ich habe mich eigentlich noch nie so ohnmächtig gefühlt wie in diesen vergangenen zwei, drei Jahren", sagte der 66-Jährige der Düsseldorfer "Rheinischen Post" in einem am Dienstag online veröffentlichten Interview. Die Vorwürfe gegen seine Person im Zusammenhang mit der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen hätten ihn "zu einem gerüttelten Maß persönlich getroffen, weil ich als einer der ersten die Aufarbeitung angestoßen habe".

Woelki räumte aber auch eigene Fehler bei der Aufarbeitung von sexueller Gewalt in der Kirche ein. Es sei insgesamt ein "mühsamer Prozess" gewesen, sagte er der Zeitung: "Da habe ich sicherlich Fehler gemacht. Ich hätte vor allem mit Betroffenen anders kommunizieren müssen." Aber am Willen zur Aufklärung habe es nie gemangelt, betonte der Kölner Erzbischof. "Macht zu haben, hat mich nie angetrieben", erklärte er weiter. "Ich wollte immer den Menschen dienen und helfen, ich wollte nie jemanden klein machen oder zerstören. Ob das immer gelungen ist, weiß ich nicht."

Kirche keine "Täterorganisation"

Als eine "Täterorganisation" wolle er die Kirche nicht bezeichnen, sagte Woelki. Vielmehr sei die Kirche "eine Organisation, in der es Täter gibt". Es sei "absolut verwerflich, dass innerhalb der Kirche solche Verbrechen möglich waren", unterstrich der Kardinal: "Aber sie sind hoffentlich heute und zukünftig nie mehr möglich." Er verwies darauf, dass im Erzbistum bisher bereits mehr als 100.000 Haupt- und Ehrenamtliche zu Fragen der Prävention geschult worden seien. Woelki sprach jedoch auch von "systemischen Ursachen" des Missbrauchs. Jedem sexuellen Missbrauch gehe ein Machtmissbrauch voraus. "Strukturen, die das begünstigen, müssen erkannt und verändert werden."

Woelki äußerte sich auch zu dem Fall eines von ihm beförderten und später beurlaubten Pfarrers. Im Rahmen eines kirchlichen Strafverfahrens wurde dieser freigesprochen und darf unter Auflagen wieder als Priester tätig sein. Die Kritik an dem Vorgang könne er verstehen, so Woelki. "Wenn sich etwas nicht beweisen lässt, dann gilt die Person aber als unschuldig." Bei den Auflagen handele es sich mehr um eine "präventive Maßnahme" denn um eine "Strafe für diesen Priester".

Vertrauenskrise im Erzbistum Köln

Der Kölner Erzbischof steht wegen seines Umgangs mit der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in seinem Erzbistum heftig in der Kritik. Der Papst hatte im vergangenen Jahr Gutachter in die Diözese geschickt, um die Situation dort zu evaluieren. Anschließend hatte er Woelki eine sechsmonatige Auszeit verordnet, die Anfang März endete. Woelki nahm seine Amtsgeschäfte wieder auf. Zugleich reichte er ein Rücktrittsgesuch ein. Die Entscheidung des Papstes darüber steht noch aus.

Erst am Montag hatte die "Kölnische Rundschau" ein Interview mit dem Kardinal veröffentlicht. Darin sagte er auf die Frage, warum er auf eine Antwort des Papstes warte nicht selbst zurücktrete: "Ich kann diese Weihe nicht einfach abschütteln wie eine lästige Fluse am Bischofsrock. Über dieses Amt, wie lange es dauert, entscheidet der Papst. Ganz alleine." (rom/epd/KNA)

27.12., 15.50 Uhr: ergänzt um weitere Inhalte des Interviews.