Die wichtigsten Stationen von Benedikt XVI. von 2005 bis 2022

Der deutsche Papst im Vatikan – eine Chronologie

Veröffentlicht am 01.01.2023 um 12:00 Uhr – Lesedauer: 

Vatikan ‐ Die päpstlichen Enzykliken, Auslandsreisen, das Verhältnis zu den Piusbrüdern, der Rücktritt, seine Rolle im Missbrauchsskandal, sein Tod: katholisch.de hat die wichtigsten Lebensstationen von Papst Benedikt XVI. seit seiner Wahl 2005 zusammengestellt.

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Zahlreiche Auslandsreisen, versöhnliche Gesten zur Ökumene, aber auch der Missbrauchsskandal und die schwierigen Verhandlungen mit der Piusbruderschaft fielen in das Pontifikat von Benedikt XVI., des ersten "deutschen Papstes" seit 482 Jahren. Hier lesen Sie die wichtigsten Stationen seit 2005 in Stichworten:

2005

19. April: In einem der kürzesten Konklave der Kirchengeschichte wird Joseph Ratzinger bereits im vierten Wahlgang gewählt. Der 265. Papst nennt sich Benedikt XVI., in Erinnerung an den Friedenspapst Benedikt XV. und an den Patron Europas und Ordensgründer, Benedikt von Nursia.

13. Mai: Benedikt XVI. gibt überraschend grünes Licht für das Seligsprechungsverfahren seines Vorgängers Johannes Paul II.

18. bis 21. August: Erste Auslandsreise zum Weltjugendtag nach Köln. Mit rund einer Million Menschen feiert der Papst den meistbesuchten Gottesdienst auf deutschem Boden.

Bildzeitung mit Titel "Wir sind Papst"
Bild: ©KNA

Am 19. April steigt nach nur 26 Stunden weißer Rauch aus dem Schornstein der Sixtinischen Kapelle im Vatikan. Bereits im vierten Wahlgang wird Joseph Ratzinger zum 265. Papst der katholischen Kirche gewählt – dem ersten Deutschen auf dem Papstthron seit Hadrian VI. (1522-1523).

2006

25. Januar: Benedikt XVI. legt mit "Deus caritas est" (Gott ist die Liebe) seine erste Enzyklika vor.

20. Februar: Der Papst verurteilt im sogenannten Karikaturenstreit die muslimischen Ausschreitungen in mehreren Ländern. Gewalt als Antwort auf Beleidigungen sei mit Religion nicht vereinbar.

März: Der Papst verzichtet nach 1.500 Jahren auf den Titel eines "Patriarchen des Abendlandes". Dieser Schritt wird als ökumenische Geste gegenüber der Orthodoxie gedeutet.

24. bis 28. Mai: Zweite Auslandsreise in die Heimat von Johannes Paul II. In Krakau feiert Benedikt XVI. mit rund einer Million Menschen eine Messe. Den Abschluss bildet im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz das symbolträchtige Gedenken des "deutschen Papstes" an die Opfer des Nationalsozialismus.

9. bis 14. September: Benedikt XVI. besucht seine bayerische Heimat. Sein Vortrag in der Regensburger Universität löst einen mehrwöchigen Disput aus. Muslime sehen durch ein historisches Zitat den Propheten Mohammed beleidigt. Der Vatikan startet eine umfassende Krisendiplomatie und eine Dialog-Offensive mit dem Islam.

28. November bis 1. Dezember: Benedikt XVI. reist unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen in die Türkei. Weltweite Beachtung finden seine Gespräche mit Politikern und Vertretern der Muslime sowie seine Versöhnungsgesten gegenüber dem Islam, etwa der Besuch in der Blauen Moschee in Istanbul.

2007

16. April: Am 80. Geburtstag des Papstes erscheint sein neues Buch, ein theologisches Grundsatzwerk über "Jesus von Nazareth".

Juni: Der Papst schreibt an Chinas Katholiken und verlangt volle Religionsfreiheit im Land. Der chinesischen Führung bietet er einen konstruktiven Dialog an.

Juli: Benedikt XVI. erleichtert die Feier der alten lateinischen Messe in vorkonziliarer Form von 1962 als "außerordentliche Form der Liturgie der Kirche". Beobachter werten die Maßnahme als Zugeständnis an die Traditionalisten.

Bild: ©KNA

Benedikts Reise nach Jordanien, Israel und in die Palästinensergebiete wird ein diplomatischer Erfolg.

2008

Februar/März: Die Reform der Karfreitags-Fürbitte im vorkonziliaren Messritus von 1962 ruft Proteste und Verstimmung in der jüdischen Welt hervor.

April: Seine achte Auslandsreise führt den Papst in die USA. Höhepunkte sind Gespräche im Weißen Haus, eine Rede vor den Vereinten Nationen sowie ein Besuch am Ground Zero in New York.

Juli: Benedikt reist zum Weltjugendtag in Sydney.

2009

Januar: Zum 50. Jahrestag der Ankündigung des Zweiten Vatikanischen Konzils nimmt Benedikt XVI. die Exkommunikation für vier Bischöfe der traditionalistischen Priesterbruderschaft Pius X. aus dem Jahr 1988 zurück. Er erfüllt damit die letzte Bedingung der Traditionalisten, in einen offiziellen Dialog mit dem Vatikan einzutreten. Fast zeitgleich wird ein TV-Interview veröffentlicht, in dem einer der vier Bischöfe, Richard Williamson, den Holocaust leugnet. Ein Proteststurm und eine monatelange Debatte, vor allem in Deutschland, folgen.

Mai: Pilgerfahrt ins Heilige Land. Die Reise nach Jordanien, Israel und in die Palästinensergebiete wird ein diplomatischer Erfolg.

Juli: Benedikt XVI. veröffentlicht seine erste Sozialenzyklika, "Caritas in veritate". Sie befasst sich unter anderem mit den ethischen Aspekten der Globalisierung und der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise.

Die traditionalistische Piusbruderschaft zelebriert die Messe nach dem alten Ritus.
Bild: ©KNA

Die schwierigen Verhandlungen mit den traditionalistischen Piusbrüdern fielen in das Pontifikat von Benedikt XVI.

2010

Frühjahr: In einer neuen Welle erreichen die Skandale um sexuellen Missbrauch auch Deutschland und Österreich. Monatelange Debatten und eine Welle von Kirchenaustritten sind die Folge.

2011

März: Benedikt XVI. legt den zweiten Band seiner Trilogie "Jesus von Nazareth" vor.

August: Weltjugendtag in Madrid.

September: Nach theologischen Verhandlungen über fast zwei Jahre formuliert der Vatikan gegenüber der Piusbruderschaft Bedingungen für eine mögliche Aussöhnung und legt ihr eine "lehrmäßige Erklärung" zur Unterzeichnung vor.

22. bis 25. September: Dritte Deutschlandreise, zugleich erster Staatsbesuch des Papstes in seiner Heimat: Benedikt XVI. besucht Berlin und hält eine viel beachtete Rede im Deutschen Bundestag. Begegnung mit Vertretern der Evangelischen Kirche in Erfurt. Weitere Stationen sind Etzelsbach im thüringischen Eichsfeld sowie Freiburg. In einer viel diskutierten Rede im Freiburger Konzerthaus mahnt Benedikt die katholische Kirche in Deutschland mit dem unscharf gebliebenen Wort von der "Entweltlichung", nicht auf weltliche Privilegien zu setzen und ihren Auftrag in der Welt konsequenter zu erfüllen. Zugleich wirft er die Frage auf, ob die deutsche Kirche in ihren Strukturen und Organisationen nicht stärker sei, als in ihrem Glauben.

2012

März: Der Vatikan lehnt die Antwort der Piusbrüder ab und räumt ihnen eine letzte Frist von einem Monat ein.

23. bis 29. März: Die Reise nach Mexiko und Kuba wird als eine der wichtigsten dieses Pontifikates bezeichnet. Benedikt XVI. wendet sich in Mexiko gegen Drogenkriminalität und fordert auf Kuba mehr Freiheit für die Kirche ein. Besondere Aufmerksamkeit erfährt ein Treffen mit Fidel Castro.

Oktober: Die juristische Aufarbeitung des sogenannten Vatileaks-Prozesses um die Weitergabe von vertraulichen Dokumenten aus dem Vatikan wird abgeschlossen. Der ehemalige Kammerdiener des Papstes wird zu eineinhalb Jahren Haft verurteilt.

Oktober: Im Vatikan findet die Weltbischofssynode zur Neuevangelisierung statt. Am 11. Oktober beginnen die Feierlichkeiten zum 50-jährigen Jubiläum des Zweiten Vatikanischen Konzils und das Jahr des Glaubens wird eröffnet.

Ankunft des emeritierten Papstes Benedikt XVI. am 2. Mai 2013 im Vatikan. Papst Franziskus (r.) begüßt Benedikt XVI.
Bild: ©KNA

Seit Mai 2013 lebten zwei Päpste im Vatikan: Der amtierende Papst Franziskus und der Papa emeritus Benedikt XVI.

2013

11. Februar: Benedikt XVI. kündigt vor Kardinälen im Konsistorium in Rom seinen Rücktritt zum 28. Februar an. Er ist damit nach Coelestin V. (Lebensdaten: 1209/1210 bis 1296) der zweite Papst überhaupt, der aus freien Stücken auf sein Amt verzichtet.

12. Februar: Der scheidende Papst verlässt den Vatikan Richtung Castel Gandolfo, wo er die nächsten Monate verbringen will.

28. Februar: Der Verzicht von Benedikt XVI. auf das Papstamt wird wirksam. 

Mai: Im Vatikan leben nun zwei Päpste: der gewählte, amtierende Papst Franziskus und Benedikt XVI., der zurückkehrt und dort seinen Alterssitz bezieht. Das ehemalige Kloster "Mater Ecclesiae“ in den vatikanischen Gärten war in den Monaten zuvor für ihn umgebaut worden.

2014

27. April: Benedikt XVI. nimmt an der Zeremonie zur Heiligsprechung von Papst Johannes Paul II. und Johannes XXIII. teil.

November: Benedikt XVI. lässt einen 42 Jahre alten Aufsatz über die Unauflöslichkeit der Ehe neu veröffentlichen – mit einem stark veränderten Schluss. Während er 1972 als Joseph Ratzinger noch Spielraum sah, Wiederverheiratete unter bestimmten Umständen zur Kommunion zuzulassen, schließt er das nun aus. Kritiker sehen darin eine Einmischung in die aktuelle kirchliche Debatte im Umfeld der Familiensynoden 2014/15. Benedikt XVI. verneint diese Absicht.

2015

4. Juli: In der päpstlichen Sommerresidenz Castel Gandolfo nimmt Benedikt XVI. zwei Ehrendoktorwürden entgegen. Seine Dankesworte sind die erste öffentliche Rede nach seinem Rücktritt.

8. Dezember: Zu Beginn des Heiligen Jahres durchschreitet Benedikt XVI. als zweiter unmittelbar nach Franziskus die gerade geöffnete Heilige Pforte des Petersdoms. In Interviews berichtet Privatsekretär Erzbischof Georg Gänswein zwar von schwindenden körperlichen Kräften, aber auch vom wachen Geist des emeritierten Papstes.

Papst Benedikt XVI. in seiner Sommerresidenz Castel Gandolfo
Bild: ©picture alliance/abaca

Auch nach seinem Rücktritt war Benedikt publizistisch tätig. Immer wieder haben seine Aufsätze auch für Diskussionen gesorgt.

2016

9. September: Das Interviewbuch "Letzte Gespräche" mit dem Journalisten Peter Seewald erscheint, in dem Benedikt auch auf seinen Rücktritt zurückschaut.

2017

16. April: Benedikt XVI. feiert am Ostersonntag seinen 90. Geburtstag im engsten Kreis. Am Tag darauf kommt eine Besuchergruppe aus seiner bayerischen Heimat.

2018

Juli: Ein Aufsatz Benedikts XVI. in der Zeitschrift "Communio" sorgt unter Theologen für Diskussionen und Protest. Einige verstehen seine Ausführungen als Aufforderung zur Judenmission. In einem späteren Text weist Benedikt XVI. diese Lesart zurück. Es gehe ihm statt um Mission um einen Dialog mit den Juden.

14. Oktober: Anders als bei früheren Anlässen nimmt Benedikt XVI. im Oktober nicht an der Zeremonie im Petersdom zur Heiligsprechung des salvadorianischen Märtyrer-Erzbischofs Oscar Romero und fünf weiterer katholischer Seliger teil. Der Vatikan begründete dies damit, dass der 91-jährige emeritierte Papst nicht mehr so agil sei wie noch vor wenigen Monaten.

2019

11. Januar: Ein Aufsatz des emeritierten Papstes zum sexuellen Missbrauch in der Kirche sorgt noch einmal für Aufsehen. Darin meint er, dass die gesamtgesellschaftliche Liberalisierung der Sexualmoral in den 1960er Jahren die Ausbreitung von Missbrauch unter Klerikern begünstigt habe.

Der emeritierte Papst Benedikt XVI.
Bild: ©KNA/Sven Hoppe/dpa/Pool

Ein letzter Besuch in der Heimat: Im Juni 2020 reist Benedikt nach Regensburg, um sich von seinem Bruder Georg zu verabschieden. Wenig später stirbt dieser.

2020

Januar: Das von Kurienkardinal Robert Sarah publizierte Buch "Des profondeurs de nos cœurs" ("Aus der Tiefe unserer Herzen") verteidigt den priesterlichen Pflichtzölibat und sorgt für Diskussionen. Der Grund: Das Buch erweckt zunächst den Eindruck, Benedikt XVI. sei Mitherausgeber, auf dem Einband sind Name und Bild des emeritierten Papstes zu sehen. Benedikt XVI. distanziert sich jedoch von der Mitherausgeberschaft und verlangt die Entfernung von Bild und Namen Benedikts vom Bucheinband. Der Zeitpunkt der Stellungnahme ist indes nicht unheikel: Zur selben Zeit befasst Papst Franziskus sich mit einem Vorschlag der Amazonas-Synode, in Amazonien "viri probati" zur Priesterweihe zuzulassen.

18. bis 22. Juni: Benedikt reist überraschend nach Regensburg, um sich von seinem 96-jährigen schwerkranken Bruder Georg zu verabschieden. Es ist die erste Reise außerhalb Italiens seit seinem Rücktritt und der erste Deutschland-Besuch des emeritierten Papstes seit September 2011 – und wird auch sein letzter bleiben. Georg Ratzinger stirbt am 1. Juli. Als er sich von ihm verabschiedet habe, hätten beide gewusst, dass "es ein Abschied aus dieser Welt für immer sein würde", las Benedikts Generalsekretär Georg Gänswein beim Requiem aus einem Schreiben des emeritierten Papstes an seinen Bruder.

2022

Januar: Ein Missbrauchsgutachten für das Erzbistum München und Freising belastet im Januar amtierende und frühere Amtsträger, darunter auch Benedikt XVI. Joseph Ratzinger habe sich als Münchner Erzbischof (1977-1982) in vier Fällen fehlerhaft verhalten. Völlig gefehlt habe die Sorge um die Opfer. Zudem erweist sich eine Aussage Benedikts zu einem brisanten Fall eines Wiederholungstäters als falsch. Betroffenenvertreter reagieren entsetzt. Benedikt XVI. muss sich öffentlich erklären, die öffentliche Kontroverse dauert über Wochen an.

28. Dezember: Bei seiner wöchentlichen Generalaudienz ruft Papst Franziskus dazu auf, für seinen Vorgänger zu beten, der "sehr krank" sei. Einen Tag später spricht der Vatikan von einer ernsten, aber stabilen gesundheitlichen Verfassung Benedikts.

31. Dezember: Benedikt XVI. stirbt am Morgen in seiner Wohnung im Vatikan. (gho/cbr/KNA)