"So edle, so sanfte Person": Papst Franziskus ehrt Benedikt XVI.
Papst Franziskus hat seinen verstorbenen Vorgänger Benedikt XVI. mit bewegten Worten gewürdigt. "Mit Rührung erinnern wir uns an seine so edle, so sanfte Person", sagte der Papst bei der regulären Andacht zum Jahresabschluss im Petersdom. Franziskus dankte Gott dafür, dass er der Kirche und der Welt Benedikt XVI. geschenkt habe. Er empfinde Dankbarkeit "für all das Gute, das er vollbracht hat, und vor allem für sein Zeugnis des Glaubens und des Gebets, besonders in diesen letzten Jahren seines Ruhestandes". Nur Gott kenne den Wert und die Kraft seiner Fürsprache, seiner Opfer, die er für das Wohl der Kirche gebracht habe.
Benedikt XVI. starb am Samstagmorgen um 9.34 Uhr im Alter von 95 Jahren im Kloster Mater Ecclesiae in den Vatikanischen Gärten. Papst Franziskus wird am Donnerstag die Totenmesse für seinen Vorgänger auf dem Petersplatz halten – ein historisches Ereignis, das es in dieser Form noch nie gab. Ab Montag wird der Leichnam im Petersdom aufgebahrt, damit die Gläubigen Abschied nehmen können. In Deutschland läuteten in allen katholischen Kirchen die Totenglocken. Benedikt XVI., geboren in Bayern als Joseph Ratzinger, war der erste Deutsche als Papst nach 482 Jahren. Von 2005 bis 2013 stand er an der Spitze der katholischen Kirche. Kirchengeschichte schrieb er auch mit seinem freiwilligen Rücktritt. Er war der erste Papst seit über 700 Jahren, der auf sein Amt verzichtete.
Auch der vatikanische Ökumenebeauftragte Kardinal Kurt Koch würdigte den Verstorbenen und zeigte sich betroffen über den Tod des emeritierten Papstes. Doch habe der 95-Jährige "eigentlich schon lange damit gerechnet, dass er heimgehen könnte zu seinem himmlischen Vater", sagte der Leiter der vatikanischen Ökumenebehörde dem Schweizer Portal kath.ch. "Dass er jetzt in die Ewigkeit gehen konnte, ist sicher für ihn eine Erlösung", so der Schweizer Kurienkardinal.
Der damalige Papst hatte Koch 2010 zum "Ökumeneminister" gemacht. Zur Begründung habe er Koch, damals Bischof von Basel, geschrieben, er wolle wieder einen Bischof, "der die aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen und Gemeinschaften nicht einfach aus Büchern, sondern aus eigener Erfahrung kenne", sagte der Kardinal. "Dies hat mir gezeigt, dass Papst Benedikt die ganze Ökumene am Herzen gelegen hat. Also nicht nur die Ökumene mit den orientalischen und orthodoxen Christen, sondern auch mit den aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen und Gemeinschaften", sagte Koch, der auch zum Neuen Schülerkreis Joseph Ratzinger/Papst Benedikt XVI. gehört.
In seinem Pontifikat habe der Verstorbene seine Aufgabe darin gesehen, den Glauben in der Kirche, die sich in einer tiefen Krise befinde, zu stärken. "Er wollte die Gottesfrage in den Mittelpunkt stellen und den Menschen neu ans Herz legen, dass dieser Gott nicht einfach ein höchstes Wesen ist, sondern dass er in Jesus Christus sich offenbart, sein wahres Gesicht gezeigt hat", so der Kardinal. Deshalb habe Benedikt seine Verkündigung auf die Person Jesus Christus konzentriert. "Dies ist auch der Grund gewesen, dass er während seines Pontifikats sich die Zeit und Energie abgerungen hat, um ein Buch über Jesus Christus zu schreiben", erklärte Koch.
Bekennender Katholik Joe Biden erinnerte an USA-Besuch von Benedikt
Als wichtigste Botschaft Benedikts an junge Menschen formulierte Koch: "Du bist nicht ein zufälliges Produkt irgendeiner unheimlichen Macht in der Welt, sondern du bist gewollt und du wirst von Gott geliebt. Und deshalb zeigt dir der christliche Glaube den Weg, wie man leben und sterben kann", so der Kurienkardinal. "Ich glaube, das ist die elementarste der Botschaften, die Benedikt sagen wollte."
Auch internationale Vertreter aus den christlichen Kirchen und der Politik würdigten den Verstorbenen. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres erklärte, Benedikt XVI. sei "prinzipientreu in seinem Glauben, unermüdlich in seinem Streben nach Frieden und entschlossen in seiner Verteidigung der Menschenrechte" gewesen. US-Präsident Joe Biden, bekennender Katholik, würdigte Benedikt XVI. als "geleitet von seinen Prinzipien und seinem Glauben". Er erinnerte an dessen Aufruf zu globaler Solidarität während des USA-Besuchs 2008. "Möge sein Fokus auf den Dienst der Nächstenliebe eine Inspiration für uns alle bleiben."
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bezeichnete Benedikt XVI. als großen geistlichen Führer . Er habe "sich voll und ganz für die historische Versöhnung zwischen der katholischen Kirche und dem jüdischen Volk" eingesetzt, sagte Netanjahu laut seinem Büro in einer Beileidsbekundung von Samstagabend. "Wir werden ihn als einen wahren Freund des Staates Israel und des jüdischen Volkes in Erinnerung behalten", so Netanjahu weiter.
Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. bekundete Papst Franziskus sein Beileid zum Tod von Benedikt XVI. Mit Trauer habe er die Todesnachricht von Franziskus' Vorgänger im Papstamt empfangen, betonte Kyrill I. am Samstag in einem vom Moskauer Patriarchat veröffentlichten Kondolenzschreiben. "Die unbestreitbare Autorität von Benedikt XVI. als herausragender Theologe ermöglichte es ihm, einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung der ökumenischen Zusammenarbeit, zum Zeugnis Christi gegenüber einer säkularisierten Welt und zur Verteidigung traditioneller moralischer Werte zu leisten", so der Patriarch.
Er habe bei Treffen mit Benedikt XVI. in Rom dessen "tiefe Liebe zum östlichen Christentum und und insbesondere seine aufrichtige Achtung der Tradition der russischen Orthodoxie" erlebt. Während des Pontifikats von Benedikt XVI. hätten sich die Beziehungen zwischen der russisch-orthodoxen und der römisch-katholischen Kirche verbessert. Man sei "auf dem Weg zur Überwindung des manchmal schmerzhaften Erbes der Vergangenheit" vorangekommen.
Kyrill I. hatte noch als Leiter des Außenamtes seiner Kirche Benedikt XVI. besucht, jedoch nicht mehr nach seiner Wahl zum russisch-orthodoxen Patriarchen im Januar 2009. Zuletzt hatte sich das Klima zwischen dem Vatikan und dem Moskauer Patriarchat erheblich verschlechtert. Die Beziehungen seien "praktisch eingefroren", erklärte die russisch-orthodoxe Kirche Anfang Oktober. Hintergrund ist der russische Krieg gegen die Ukraine, den das russische Kirchenoberhaupt unterstützt. Eine geplante Begegnung zwischen Franziskus und Kyrill I. im Nahen Osten wurde abgesagt. Der Papst warnte den Patriarchen, er müsse aufpassen, nicht zum "Staatskleriker" und zu Wladimir Putins "Messdiener" zu werden. (rom/KNA)