Der emeritierte Papst wurde im Vatikan bestattet

Besinnung statt Pomp: Das war die Beerdigung von Benedikt XVI.

Veröffentlicht am 05.01.2023 um 14:09 Uhr – Lesedauer: 

Rom ‐ Mit einer Messe auf dem Petersplatz ist der am Silvestertag verstorbene emeritierte Papst Benedikt XVI. am Donnerstag von seinem Nachfolger Franziskus bestattet worden. Es war eine besinnliche Feier ohne Pomp, dafür aber mit einigen vielsagenden Symbolen.

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Es ist ein ziemlich frischer Januartag im am frühen Morgen noch sehr dunklen Rom. Die Supermärkte werden mit Obst und Gemüse beliefert, sonst sind die Straßen menschenleer. Einzige Ausnahme: Die Straßen, die zum Petersplatz führen. Hier sammeln sich nach und nach die Menschen und stehen an, um bei der Beerdigungsmesse des emeritierten Papstes Benedikt XVI. noch einen Sitzplatz zu bekommen.

In der Schlange sind viele Sprachen zu hören: Hier eine Polin, die gerade am Handy das Stundengebet betet, dort ein Spanier mit Rosenkranz in der Hand. Eine Italienerin in den besten Jahren ist aus Sizilien angereist. Es ist eine ruhige Atmosphäre, das lauteste Geräusch sind die singenden Vögel. Kaum jemand drängelt, denn der Andrang ist übersichtlich genug, dass es für jeden noch einen Platz geben wird. Die Stimmung gleich jener der vergangenen Tage, als die Menschen auf dem Petersplatz anstanden, um den im Petersdom aufgebahrten Leichnam Benedikts sehen zu können. Auch hier kam es nicht zu Gerangel, sondern die (auch hier nicht übergroße) Menge schob sich gelassen durch das Kirchenschiff.

Das Liedheft zeigt die Kreuzabnahme von Caravaggio

Nach und nach füllt sich an diesem Morgen nun der Petersplatz, der noch von Scheinwerfern beleuchtet wird. Nach der Sicherheitskontrolle sind Sonderausgaben der Vatikan-Zeitung "L'Osservatore Romano" verteilt worden, dazu kommt das Liedheft, auf dessen Vorderseite die Kreuzabnahme von Caravaggio zu sehen ist.

Papst Franziskus vor dem Sarg von Papst Benedikt XVI.
Bild: ©KNA/Paul Haring/CNS photo

Papst Franziskus vor dem Sarg von Papst Benedikt XVI.

Um kurz vor neun Uhr erklingt dann die Durchsage, dass zur Vorbereitung auf die Messe der Rosenkranz gebetet wird. Nicht wenige der Anwesenden sind Priester oder Ordensleute. Im vorderen Drittel des Platzes werden kleine bayrische Fähnchen geschwenkt. Von offizieller Seite sind aus Deutschland unter anderem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzler Olaf Scholz an den Tiber gekommen.

Dann beginnt der Einzug und als wäre es ein Zeichen, sticht in diesem Moment die Sonne durch den nebligen Morgen und wirft Licht auf die Fassade des Petersdoms. Der Chor singt den bekannten Introitus "Requiem aeternem dona ei, Domine" (Herr, gib ihm die ewige Ruhe).

"Noch heute wirst du mit mir im Paradies sein"

Der etwas müde wirkende Papst Franziskus führt ruhig durch die Messe. Das Evangelium des Tages ist die Szene bei der Kreuzigung, in der Jesus von einem der mit ihm gekreuzigten Verbrecher beschimpft wird, der andere ihn aber um seine Fürsprache bittet (Lk 23,39-46). Der zentrale Satz "Noch heute wirst du mit mir im Paradies sein" lässt sich in diesem Zusammenhang durchaus als Wunsch für den verstorbenen Emeritus interpretieren, dessen Leichnam in einem schlichten Holzsarg mit daraufgelegter Bibel vor dem Altar steht.

„Benedikt, du treuer Freund des Bräutigams, möge deine Freude vollkommen sein, wenn du seine Stimme endgültig und für immer hörst!“

—  Zitat: Papst Franziskus in seiner Predigt bei der Trauerfeier für Benedikt XVI.

In seiner Predigt widmet sich Papst Franziskus allerdings der Bibelstelle und dem damit verbundenen Aufruf Jesu an die Menschen von heute, auf eine Rekapitulation zentraler Lebensereignisse Benedikts verzichtet er, der Verstorbene wird hier beinahe zur Randfigur. Nichts desto weniger endet er mit dem Satz: " Benedikt, du treuer Freund des Bräutigams, möge deine Freude vollkommen sein, wenn du seine Stimme endgültig und für immer hörst!"

Für vatikanische Verhältnisse ist die Feier schlicht

Das zeigt den Stil dieser Feier: In Gebeten wird Benedikt zwar ein paar Mal erwähnt, allerdings eher kurz und in der Regel als Diener der Kirche, es gibt in der Wortwahl keinen klerikalen Pomp. Die Bedeutung und Wertschätzung, die Franziskus seinem Vorgänger entgegenbringt, zeigt sich symbolisch. Etwa, als er am Ende des Gottesdienstes, bevor der Sarg den Petersplatz verlässt, kurz davor innehält und betet.

Ansonsten ist die Feier für vatikanische Verhältnisse schlicht: Die Gesänge sind ruhig und lediglich von einer Orgel begleitet, dabei ist unter der Menge der Gläubigen eine bayrische Blaskapelle da, die jedoch nicht spielt. Die Liturgie beschränkt sich ohne große Kapriolen auf das Wesentliche, auch Papst Franziskus verzichtet auf spontane Ergänzungen zum Manuskript, was sonst durchaus seine Art ist. All das schlägt sich in der Länge nieder: Die Messe dauert etwa 90 Minuten, so mancher deutsche Kathedralgottesdienst würde bei einem solchen Anlass sicher die zwei-Stunden-Marke reißen.

Bild: ©Vatican Media

Der endgültige Abschied: Papst Franziskus berührt und segnet am Ende der Trauerfeier auf dem Petersplatz den Sarg von Benedikt XVI.

Diese Gestaltung passt zur Gemeinde: Der Petersplatz ist alles andere als überlaufen: In der Bestuhlung sind auch während der Messe noch Plätze frei, das hintere Drittel des Platzes nur spärlich besetzt. Zu größeren Enthusiasmusbekundungen kommt es ebenso nicht: Als der Sarg vom Platz getragen wird, gibt es freundlichen, aber keineswegs überschwänglichen Applaus. Es werden nur eine Handvoll Plakate und Fahnen hochgehalten, nur ein einziges Banner fordert mit "Santo subito" in roter Schrift auf weißem Grund die baldige Heiligsprechung des ehemaligen Kirchenoberhaupts. Auch die in manchen Ecken des Platzes angestimmten Sprechchöre "Benedetto" und "Subito santo" können nicht auf die Menge übergreifen. Es bleibt ein Gottesdienst, der von Ruhe und Besinnung gekennzeichnet ist.

Bätzing beeindruckt von "einfacher und großartiger Feier"

Im Nachgang zur Messe bezeichnet der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Oberhirte Georg Bätzing, die Messe als "einfache und großartige Feier", die ihn sehr beeindruckt habe. Man sei auch zusammengekommen, um "einem großen Deutschen die letzte Ehre zu erweisen", so Bätzing. An vielen Stellen habe es eine Stille des Gebets und des dankbaren Gedenkens gegeben. "So hätte es Benedikt gefallen und so hätte er es gewünscht." Bätzing würdigt auch die Predigt von Franziskus: Dieser habe geistliche Worte gesprochen und das Thema Hingabe ins Zentrum gestellt. Der letzte, zentrale Satz habe ihn sehr bewegt und sein Herz sehr angerührt, so Bätzing.

Um kurz vor elf Uhr ist die Messe zu Ende. Schon als die Gläubigen den Petersplatz verlassen, werden die ersten Stühle aufeinander gestapelt. Auf den Anzeigetafeln ist zu lesen, dass der Petersplatz um 16:30 Uhr wieder nach der üblichen Ordnung öffnen wird. Schon am Ende des Gottesdienstes wird der Alltag also vorgeplant. Nur ein paar Stunden später, in denen sich die Gottesdienstgemeinde in die Stadt verstreut hat, ist wieder Alltag in das zwar von katholischen Landmarken geprägte, sonst aber doch säkulare Rom eingekehrt. Am Ende des Tages ist es wieder ein Tag wie (fast) jeder andere.

Von Christoph Paul Hartmann

Update 06.01., 09:00 Uhr: Berichtigung im achten Absatz.