Schüller: Keine schnelle Seligsprechung von Benedikt XVI.
In der Debatte um eine schnelle Seligsprechung von Papst Benedikt XVI. rät der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller der katholischen Kirche zum Abwarten. Die Heiligsprechung von Päpsten dürfe nicht "zu einem billigen Automatismus verkommen", schreibt Schüller am Dienstag in einem Gastbeitrag für das Münsteraner Internetportal "kirche-und-leben.de".
Schüller betont, dass laut Kirchenrecht ein Seligsprechungsprozess frühestens in fünf Jahren beginnen könnte. Zugleich seien die Akten über einen verstorbenen Papst erst nach Ablauf von 60 Jahren für die wissenschaftliche Aufarbeitung verfügbar. "Bis dahin stehen alle Einordnungen – so seriös sie auch sein mögen – unter dem Vorbehalt begrenzter Quellenkenntnis."
Studium aller verfügbaren Akten nötig
Der Kirchenrechtler betont, erst das Studium aller verfügbaren Akten, gerade auch von Mächtigen in der Kirche, ermögliche ein solides Urteil. "In 60 Jahren können sich die Gemüter in den polarisierten Blasen des Katholizismus beruhigen, und in der abgeklärten Ruhe des Abstands zu einem Pontifikat werden Erfolge und Fehler der päpstlichen Amtsführung gleichermaßen besser erkennbar werden." Das gelte heute besonders für das Thema Missbrauch und dessen Aufarbeitung. Schüller zeigt sich überzeugt: "Mit dem Wissen von heute würde auch Papst Johannes Paul II. wohl nicht mehr heiliggesprochen werden, der nachweislich den Schrei der Opfer überhört und die Täter geschützt hat."
Beim Begräbnis des früheren Papstes Benedikt XVI. am Donnerstag hatte es auf dem Petersplatz vereinzelte "Santo subito"-Rufe gegeben. Zuvor hatte der langjährige Privatsekretär von Benedikt, Erzbischof Georg Gänswein, in einem Interview gesagt, dass es Forderungen nach einer baldigen Seligsprechung geben könnte. Gegen eine Beschleunigung des Selig- und Heiligsprechungsprozesses hatten sich etwa der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, der italienische Bischofskonferenz-Vorsitzende Kardinal Matteo Zuppi und der Bonner Kirchenrechtler Norbert Lüdecke ausgesprochen. (tmg/KNA)