Es werde "immer mehr zu einer untragbaren Belastung"

Kölner Katholiken: Keine Verbesserungen im Erzbistum

Veröffentlicht am 10.01.2023 um 12:36 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ "Kardinal Woelki wollte in einen neuen Dialog mit den Gläubigen eintreten. Wo sind denn die Früchte dieses Dialogs?": Nicht nur der Vorsitzende des Kölner Katholikenausschusses kritisiert die Lage im Erzbistum, sondern auch der Stadtdechant.

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Die Katholiken in der Bischofsstadt Köln sehen die Lage ihres Erzbistums weiterhin kritisch. Nach Rückkehr von Kardinal Rainer Maria Woelki aus seiner Auszeit vor zehn Monaten seien keine wesentlichen positiven Veränderungen zu verzeichnen, sagte der Vorsitzende des Katholikenausschusses, Gregor Stiels, am Montagabend. Es werde "immer mehr zu einer untragbaren Belastung", dass der Vatikan über das Rücktrittsgesuch Woelkis nicht entscheiden könne oder wolle.

"Stattdessen müssen wir uns immer und immer wieder mit uns selbst beschäftigen, mit einem Kardinal, der Vertrauen und Glaubwürdigkeit nachhaltig verloren hat und mit eidesstattlichen Erklärungen versucht, Glaubwürdigkeit wiederherzustellen", so Stiels beim Jahresempfang des Katholikenausschusses in der Stadt Köln und des Katholischen Stadtdekanats.

Zunehmend sei der Erzbischof bei Veranstaltungen nicht mehr erwünscht, etwa bei der ökumenischen Vesper zu Beginn des neuen Kirchenjahrs oder bei der Proklamation des Kölner Dreigestirns. "Kardinal Woelki wollte in einen neuen Dialog mit den Gläubigen eintreten. Wo sind denn die Früchte dieses Dialogs?", fragte der Vorsitzende der katholischen Laienvertretung in der Stadt Köln.

Auch Stadtdechant zieht negative Bilanz

Auch der Kölner Stadtdechant Robert Kleine zog eine negative Bilanz. Die durch das Erzbistum gehenden tiefen Risse, von denen Woelki in seinem Fastenhirtenbrief im Jahr 2021 gesprochen habe, seien bislang nicht geheilt. Er erlebe im Gegenteil "sich ausweitende Risse". So steuere das Erzbistum 2022 auf einen neuen Rekord bei den Kirchenaustritten zu. Engagierte Menschen aus dem inneren Kreis der Gemeinden zögen sich resigniert zurück oder träten sogar aus der Kirche aus. Nicht nur für den Kardinal, sondern auch für die Menschen im Erzbistum sei es eine Zumutung, dass Papst Franziskus nicht über den angebotenen Rücktritt Woelkis entscheide.

Stiels warf dem Erzbischof auch vor, die vom Synodalen Weg diskutierten Reformen abzulehnen. Beim Thema kirchliche Dienstämter für Frauen oder in der katholischen Sexualmoral wünschten sich viele Gläubige Veränderungen, gegen die sich der Kardinal aus dogmatischen Gründen stelle. Dies sei schwer zu vermitteln, wenn auch das gute Recht des Erzbischofs. "Doch bis heute nehme ich von seiner Seite keinen konstruktiven Diskurs und keinen offenen, ehrlichen Dialog wahr – und auch kein Verstehen anderer Positionen und Überdenken der eigenen", so der Vorsitzende des Katholikenausschusses.

Unterdessen geht am Landgericht Köln am Mittwoch das presserechtliche Verfahren zwischen der "Bild"-Zeitung und Woelki in eine neue Runde. In der mündlichen Verhandlung soll der frühere Missbrauchsbeauftragte des Erzbistums Köln, Oliver Vogt, als Zeuge vernommen werden. In dem Verfahren wehrt sich Woelki gegen die Darstellung von "Bild", er habe einen Priester im Jahr 2017 befördert, obwohl er belastende Inhalte aus dessen Personalakte sowie eine Polizeiwarnung gekannt habe. Das weist der Kardinal per eidesstattlicher Versicherung zurück. Er habe nur von einem früheren sexuellen Kontakt des Mannes mit einem Prostituierten sowie von "weiteren Gerüchten" gehört. (tmg/KNA)