Bedauern über fehlende Beteiligung der Nachbarländer

Kardinal Hollerich: Synodaler Weg hätte weniger radikal sein können

Veröffentlicht am 17.01.2023 um 15:09 Uhr – Lesedauer: 

Madrid ‐ Die deutschen Katholiken sind nur eine Stimme unter vielen. Der Luxemburger Kardinal Hollerich hätte sich daher gewünscht, dass beim Synodalen Weg Deutschlands Nachbarn auch einbezogen worden wären – dann wären die Ergebnisse weniger radikal.

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Der Luxemburger Kardinal Jean-Claude Hollerich hätte sich eine größere Beteiligung der Kirchen in den Nachbarländern Deutschlands beim Synodalen Weg gewünscht. Im Interview mit der spanischen Zeitung "El Debate" (Montag) sagte der Erzbischof, der als Generalrelator eine Schlüsselfunktion beim weltweiten synodalen Prozess hat, dass er die deutschen Bischöfe und ihren Handlungsdruck angesichts des offenbar gewordenen Missbrauchs in der Kirche zwar nachvollziehen könne. Die Glaubwürdigkeit der Kirche sei verloren gegangen und er sehe, dass die Bischöfe reagieren wollten. Mit einer Einladung an die Nachbarländer hätte aber die Chance bestanden, dass die Ergebnisse "weniger radikal" ausgefallen wären.

Die Erklärung des Vatikans zum Synodalen Weg im vergangenen Jahr habe deutlich gemacht, dass die Ergebnisse aus Deutschland nur ein Beitrag unter weltweit vielen seien. "Wichtig an dieser Note ist die Erinnerung daran, dass alle Teilkirchen und alle Bischofskonferenzen wissen müssen, wie sie miteinander gehen können", so Hollerich. Die Erwartungen der Menschen seien bekannt. Jetzt gelte es, den Dialog aufrechtzuerhalten: "Andernfalls werden ihre Erwartungen enttäuscht, und das wäre schlimmer, als nicht gefragt zu haben."

Konzentration auf den Auftrag der Kirche gewünscht

Dabei wünscht sich Hollerich einen Fokus auf die Kernfragen des Glaubens: "Manchmal habe ich das Gefühl, dass das Schiff sinkt und wir uns darüber streiten, welche Richtung es hätte einschlagen sollen." Die nun anstehende kontinentale Phase des weltweiten synodalen Prozesses sei eine Gelegenheit, sich auf den Auftrag der Kirche zu konzentrieren, nämlich Christus in einer Sprache zu verkünden, die die Welt verstehen kann. Es gehe dabei aber nicht darum, eine christliche Subkultur oder eine in sich geschlossene Kirche aufzubauen.

Angesichts des Rückgangs an katholischen Gläubigen in Europa gelte es, zwei Tendenzen zu vermeiden. Zum einen dürfe man nicht sagen, dass die Welt schlecht sei und man sich von ihr abschotten müsse. "Mit dieser Perspektive würden wir untergehen, uns ginge die Luft zum Atmen aus und die Kirche würde verschwinden", so Hollerich. Man dürfe aber auch nicht zu allem Ja und Amen sagen, da so die kirchliche Identität verloren ginge. "Es ist dringend notwendig, Gottes Gegenwart in der Welt zu erkennen, die gerade entsteht", betonte der Kardinal. 

Der Vatikan hatte im Sommer 2021 einen weltweiten synodalen Prozess angekündigt, der in mehreren Stufen eine Beteiligung der gesamten Weltkirche ermöglichen soll. Auf der Grundlage von diözesanen Beteiligungsprozessen haben die einzelnen Bischofskonferenzen ihre Rückmeldungen ans Synodensekretariat weitergeleitet. Auf dieser Grundlage hat das Sekretariat im vergangenen Herbst ein Arbeitspapier für die für diesen Herbst geplante Bischofssynode veröffentlicht, das vor der Synode in kontinentalen Arbeitsgruppen besprochen wird. Papst Franziskus berief Hollerich kurz nach Ankündigung des Prozesses zum Generalrelator. Der Luxemburger Kardinal ist damit zuständig für die Vorbereitung der Berichte zu Beginn und zum Abschluss der Synode, außerdem bereitet er die Abstimmungsvorlagen vor. (fxn)