Schönborn: Gänswein-Buch ist eine "ungehörige Indiskretion"
Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn hat sich vom Buchprojekt des langjährigen Privatsekretärs von Papst Benedikt XVI., Erzbischof Georg Gänswein, distanziert. Das in der vergangenen Woche auf Italienisch erschienene Buch "Nient'altro che la verita" ("Nichts als die Wahrheit") nannte Schönborn eine "ungehörige Indiskretion", wie die österreichische Nachrichtenagentur "Kathpress" am Mittwoch berichtete. "Ich finde es nicht richtig, dass so vertrauliche Dinge veröffentlicht werden, zumal vom persönlichen Sekretär", kritisierte der Wiener Erzbischof, der als enger Vertrauter des an Silvester verstorbenen emeritierten Papstes Benedikt XVI. gilt und seinem Schülerkreis angehörte.
In seinem Buch legte Gänswein unter anderem offen, dass Schönborn die Person aus dem Kardinalskollegium war, die Joseph Ratzinger im Falle einer Papstwahl darin bestärkt hat, diese Entscheidung des Konklaves auch anzunehmen. Gänswein bezieht sich dabei auf eine Rede Benedikts an eine deutsche Pilgergruppe wenige Tage nach seiner Wahl zum Papst. Darin sprach der Papst über seine Gefühlslage beim Konklave und dem "Fallbeil", das auf ihn herabfallen würde. "Da hat mich ein kleiner Brief sehr berührt, den mir ein Mitbruder aus dem Kardinalskollegium geschrieben hat", so Benedikt. Dass damit Schönborn gemeint war, machte Gänswein nun in seinem Buch öffentlich.
Schönborn: "Ja, das war so"
Gegenüber Kathpress bestätigte der österreichische Kardinal nun, dass er Ratzinger noch vor dem Konklave "ein Brieflein für den Fall des Falles" geschrieben habe. "Ja, das war so. Ich habe aber bisher bewusst darüber geschwiegen, obwohl es im Rahmen der Kardinalsversammlung geschehen ist, und nicht beim Konklave selbst", sagte der Wiener Erzbischof.
Zuvor hatte es bereits Kritik an der Buchveröffentlichung Gänsweins und am Zeitpunkt kurz nach dem Tod Benedikts gegeben. "Es wäre besser gewesen zu schweigen. Jetzt ist nicht die Zeit für solche Dinge", sagte etwa Kardinal Walter Kasper. Auch der Papst empfing Gänswein in einer Privataudienz. Inhalte des Treffens sind nicht bekannt. Gänswein selbst zeigte sich Berichten zufolge verärgert über in italienischen Medien verbreiteten Vorabveröffentlichungen aus seinem Buch. (cbr)