Seniorenmessdiener in der Kirchengemeinde St. Remigius in Borken

Elisabeth und Reinhold Pieper – Ein Ehepaar am Altar

Veröffentlicht am 21.02.2023 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Borken ‐ Elisabeth und Reinhold Pieper stehen gemeinsam am Altar. Seit vielen Jahren sind sie Seniorenmessdiener in der Kirchengemeinde St. Remigius in Borken. Für die beiden ist das ein Ehrenamt, das sie gerne machen. Obwohl beim Dienst am Altar nicht immer alles glatt läuft.

  • Teilen:

Bitte, zuerst die Damen. Im Gemeindezentrum empfangen mich Elisabeth und Reinhold Pieper sowie Annemarie und Heinz-Peter Ruhroth. Alle vier sind in Rente und Seniorenmessdiener in der Kirchengemeinde St. Remigius in Borken. Die beiden Ehepaare kennen sich schon länger aus der Kirchengemeinde und sind befreundet. "Irgendwann wurden wir gefragt, ob wir nicht auch ministrieren wollen", erklärt Heinz-Peter Ruhroth. "So hat sich das halt ergeben", meint er und lacht. Am zweiten Sonntag im Monat, um 8 Uhr, ministrieren die beiden Ehepaare gemeinsam im Gottesdienst. "Zu zweit ist es einfach schöner", sagt Elisabeth Pieper. Seit mehr als zehn Jahren steht sie gemeinsam mit ihrem Ehemann am Altar. Jetzt kommt Kaplan Matthias Rump dazu. Der Kanonikus, wie er hier in der Kirchengemeinde offiziell genannt wird, ist für die Seniorenmessdiener zuständig.

"Unser Dienst ist aus der Not heraus entstanden", erklärt Pieper, der die Senioren-Messdiener koordiniert. "Wir übernehmen den Dienst immer dann, wenn die SchülerInnen nicht können", erklärt er. Seit mehr als 40 Jahren gibt es in Borken Senioren-Messdiener. Jeder hat seinen festen Einsatz in der Woche". Hinzu kommen Extra-Dienste bei Beerdigungen. Die übrigen Wochenendgottesdienste ministrieren die SchülerInnen. "Schließlich wollen wir sie nicht verdrängen", so Pieper. Zu den 80 jungen Messdienerinnen und Messdienern kommen 18 Erwachsene. Die Senioren werden dringend gebraucht, denn sie sind zeitlich flexibel und in Personalunion auch noch Lektoren und Kommunionhelfer. "Wir sind halt ein All-Inklusive-Paket", scherzt Heinz-Peter Ruhroth. Und das alles ehrenamtlich.

Bild: ©Reinhold Pieper

Die Senioren-Messdienergruppe der katholischen Kirchengemeinde St. Remigius in Borken nach einem Gottesdienst.

Pieper zeigt ein Gruppenfoto der Senioren-Messdiener. "Das war an Allerheiligen", sagt er stolz. Alle sind über 60 Jahre alt. Die zwölf Männer auf dem Foto tragen einen schwarzen Talar und darüber ein weißes Chorhemd. Einer schwenkt das Weihrauchfass. In der Mitte stehen die beiden Frauen, Elisabeth Pieper und Annemarie Ruhroth, die einzigen weiblichen Mitglieder der Gruppe. Sie tragen kein Gewand. "Wir wollen uns nicht verkleiden", erklärt Annemarie Ruhroth. "Sonst würden wir uns verstecken", schiebt Elisabeth Pieper hinterher. Der Kanonikus nickt verständnisvoll und sagte: "Es ist ein Dienst aus der Gemeinde für die Gemeinde". Schließlich kommen auch die Lektorinnen oder Kommunionhelferinnen in ziviler Kleidung zu ihrem Dienst, erklärt er. Die Männer hingegen ziehen sich zu den anderen Gottesdiensten um. "Talar und Chorhemd sind für die Optik gut", meint Heinz-Peter Ruhroth. Außerdem müsse man nicht überlegen, was man drunter anzieht.

Familie Pieper ist eine echte Ministranten-Familie. Auch ihre drei Kinder haben nach der Erstkommunion ministriert, zwei Söhne tun das bis heute. Und auch die Enkelkinder sind Messdiener. Erst kürzlich feierte das Ehepaar goldene Hochzeit. "Beim Gottesdienst standen sechs Enkel gemeinsam am Altar", erinnert sich Elisabeth Pieper gerührt. "Das war so schön, als sie alle aus der Sakristei herauskamen", erinnert sich ihr Mann.

Bild: ©katholisch.de/ Madeleine Spendier

In der Sakristei von St. Remigius in Borken zünden die Messdiener die Leuchter an. Die Küsterin hilft dabei. Üblicherweise ministrieren die beiden Ehepaare einmal in der Woche gemeinsam.

Annemarie Ruhroth wollte eigentlich schon als Mädchen ministrieren – doch das ging damals nicht. 60 Jahre später darf sie es. "Im Vergleich zu damals hat sich viel verändert", mischt sich nun auch Elisabeth Pieper ein. Man könne so als Frau zeigen, dass man in der Kirche eine wichtige Rolle spielt. Eine Berufung zur Diakonin oder Priesterin verspüren aber beide nicht. "Dafür sind wir schon zu alt“, scherzt Reinhold Pieper. Der Dienst am Altar sei für ihn ein Glaubensbekenntnis, unterstreicht er. "Was wir innerlich glauben, zeigen wir auch nach außen." Die anderen nicken zustimmend. "Unseren Dienst tun wir aus ganzem Herzen", betont Ruhroth.

Es ist kurz vor halb sechs, und die Gruppe geht in die Kirche. Die Sakristei ist ganz hinten, ein hoher Raum. Es ist noch Zeit. Die Küsterin fragt nochmals nach, wer welchen Dienst am Altar übernimmt. Die Kännchen, gefüllt mit Wasser und Wein, stehen schon vorne. Während der Kanonikus das liturgische Gewand anlegt, liest Reinhold Pieper noch die Lesung und die Fürbitten durch. Für den Fall, dass die Lektorin nicht kommen sollte. Heinz-Peter Ruhroth holt das Vortragekreuz. Er erzählt, dass er damit einmal beim Einzug in die Kirche fast das ewige Licht umgeworfen hätte. Seine Frau verrät, dass sie in einem Gottesdienst auch mal Wasser und Wein vertauscht habe. Aber man habe gleich eine Lösung gefunden, erinnert sich der Kanonikus. Kleine Malheurs wie zu wenig Hostien oder eine ausgegangene Kerze kommen mal vor. "Es muss alles richtig aussehen, auch wenn es falsch abläuft", sagt Ruhroth dazu.

Bild: ©katholisch.de/ Madeleine Spendier

Die beiden Ehepaare knien im Gottesdienst vor dem Altar in der katholischen Kirchengemeinde St. Remigius in Borken. Für sie ist ihr Dienst ein "Glaubenszeugnis".

Die Lektorin kommt, der Organist schaut auch noch in die Sakristei herein. Nun stellen sich die vier Senioren-Messdiener neben den Kanonikus. Er betet: "Unsere Hilfe ist im Namen des Herrn". Sie antworten: "Der Himmel und Erde erschaffen hat." Ruhroth geht mit dem Vortragekreuz voran, Pieper zieht an der Sakristeiglocke. In der Kirche sitzen rund 250 Menschen, die den Gottesdienst besuchen. Der Weg führt durch den Mittelgang bis nach vorne zum Altar.

Die Dienste während der Messe sind klar: Die Männer tragen die Leuchter beim Evangelienzug, die Frauen bringen zur Gabenbereitung die Kännchen mit Wasser und Wein zum Altar. Die Männer sammeln das Messopfer und treffen vorne an den Altarstufen wieder mit ihren Ehefrauen zusammen. Gemeinsam knien sie, die Frauen läuten mit den Altarschellen bei der Wandlung. Alle singen kräftig mit. Heinz-Peter Ruhroth holt einen Hostienkelch aus dem Tabernakel und hilft bei der Kommunionausteilung. Ein eingespieltes Team. Nach dem Gottesdienst geht Ruhroth wieder mit dem Kreuz voran.

In der Sakristei verneigen sich alle noch einmal vor dem Kruzifix an der Wand. Es hat alles gut geklappt. "Wir zeigen halt gerne unser Gesicht für die Kirche", meint Reinhold Pieper. Es sei einfach schön, näher dran zu sein, meint Heinz-Peter Ruhroth. "Aber wir machen das nicht für die anderen, sondern für unsere Seele", meint Pieper. Auf die Frage, ob es dafür Punkte im Himmel gäbe, lacht er auf. Die Küsterin räumt auf, die Senioren-Messdiener sprechen noch ihre Dienste für die kommende Woche ab, bevor sie sich einen schönen Sonntag zurufen.

Von Madeleine Spendier