User gibt sich als Jan Graubner aus – der echte distanziert sich

Tschechien: Falscher Erzbischof sorgt mit Tweets zur Wahl für Wirbel

Veröffentlicht am 26.01.2023 um 12:06 Uhr – Lesedauer: 

Prag ‐ Ein Erzbischof, der den Wahlkampf sarkastisch kommentiert? Im Zuge der Präsidentschaftswahl in Tschechien sorgt ein Twitter-User für Aufsehen, der sich für den Prager Oberhirten Jan Graubner ausgibt. Der echte Graubner reagierte bereits darauf.

  • Teilen:

Im Zuge der Präsidentschaftswahl in Tschechien sorgt ein Fake-Twitter-Account unter dem Namen des Prager Erzbischofs Jan Graubner für Wirbel. Der User, der sich "Mons. Jan Graubner" nennt, kommentiert seit einigen Wochen sarkastisch Geschehnisse rund um den Wahlkampf und hat dabei insbesondere Ex-Ministerpräsident Andrej Babis im Visier, der für das höchste Staatsamt kandidiert und es in die Stichwahl geschafft hat. So schrieb er vor wenigen Tagen im Anschluss an einen TV-Auftritt von Babis: "Ich muss gestehen… Andrej Babis hat mich heute zum Kardinal ernannt. (…) Wir haben die Kronjuwelen herausgeholt, weil es eine Krönung statt einer Amtseinführung geben wird. Und der Bischofsstuhl wird in das Storchennest verlegt. Amen, es wird noch besser!" Mit "Storchennest" ist ein Erholungsresort gemeint, das im Besitz von Babis‘ Familie sein soll.

Ein Besuch von Babis beim bekannten Gnadenbild "Prager Jesulein" wurde mit den Worten quittiert: "Während seines Kriegsbesuchs in Paris besuchte Adolf Hitler die Basilika Sacré-Cœur und die Kirche La Madeleine. Das hat ihm nicht viel im Leben gebracht. Ich weiß also wirklich nicht, was diesen Andrej Babis so am Jesulein begeistert." Die dort ansässigen Unbeschuhten Karmelitinnen hatten dagegen protestiert, dass die Kirche für den Wahlkampf genutzt werden soll und sie vormittags geschlossen. Babis kam schließlich am Nachmittag, als die Kirche geöffnet war.

Auch Kardinal Duka meldet sich

Der echte Erzbischof von Prag distanzierte sich vergangene Woche von dem Account. Das Erzbistum Prag teilte mit, Erzbischof Graubner habe keinen Twitter-Account und habe auch nie einen gehabt, "daher sind alle in seinem Namen in diesem sozialen Netzwerk veröffentlichten Nachrichten falsch". Auch Graubners Vorgänger als Prager Erzbischof, Dominik Duka, äußerte sich via Twitter und schrieb, dass der Account ein Fake sei.

Der User selbst kommentierte die Distanzierungen damit, dass er sich den Warnungen vor dem Fake-Account anschließe: "Schauen Sie ihn sich also an und verwechseln Sie ihn nicht mit dem Original!" In der Accountbeschreibung bezeichnet er sich selbst als "Archiepiscopus falsus", also falscher Erzbischof.

Die erste Runde der tschechischen Präsidentschaftswahl fand am 13. und 14. Januar statt. Da keiner der Kandidaten im ersten Wahlgang eine absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhielt, findet an diesem Freitag und Samstag eine Stichwahl zwischen Andrej Babis und Petr Pavel, dem ehemaligen Vorsitzenden des NATO-Militärausschusses und ehemaligen Chef des Generalstabs der Streitkräfte der Tschechischen Republik. Wegen des Verdachts des Subventionsbetrugs, einer Förderung seiner Unternehmen durch EU-Gelder in seiner Zeit als Finanzminister und wegen seiner durch die Pandora-Papers bekannt gewordenen Geschäfte mit Briefkastenfirmen steht Babis bei vielen im Ruf der Korruption. Kürzlich wurde er in einem Fall gerichtlich freigesprochen. (mal)