Bischof Fürst löst "Katholische Integrierte Gemeinde" endgültig auf
Der Rottenburger Bischof Gebhard Fürst hat die "Katholische Integrierte Gemeinde" in seinem Bistum nun rechtskräftig aufgelöst. Im aktuellen Amtsblatt (Februar) wird der kanonische öffentliche Verein der Gemeinschaft mit Wirkung vom 1. Februar aufgehoben. Der Verein sei seit langem inaktiv, auf den im Dezember veröffentlichten Aufruf an Vorstandsmitglieder, gegebenenfalls Einspruch gegen die Aufhebung einzulegen, habe sich niemand gemeldet, heißt es dort. Das Dekret ist auf den 20. Januar datiert, erging also weniger als eine Woche nach dem Fristablauf. Der Rottenburg-Stuttgarter Verein war einer von zwei zuletzt verbliebenen kirchenrechtlich anerkannten Zusammenschlüssen der Gemeinschaft.
Schon seit Oktober ist bekannt, dass das süddeutsche Bistum eine Auflösung des Vereins plant. Gegenüber katholisch.de erklärte ein Sprecher, dass der Verein de facto schon seit Jahren aufgrund der Überalterung der Mitglieder nicht mehr bestehe. Die Gemeinschaft ist in Rottenburg-Stuttgart in der kirchenrechtlichen Form eines öffentlichen kanonischen Vereins organisiert. Da öffentliche Vereine nur durch die zuständige kirchliche Autorität, in diesem Fall den Diözesanbischof, aufgelöst werden können, bestand die 1991 in dieser Rechtsform errichtete Gemeinschaft bis zur Auflösung rechtlich noch.
Nur noch Paderborner Verein besteht kirchenrechtlich
Ebenfalls im Oktober hatte das Erzbistum Paderborn angekündigt, dass der in der Rechtsform eines privaten kanonischen Vereins organisierte Zusammenschluss in der Erzdiözese vor der Auflösung stehe. Die Pressestelle des Erzbistums teilte mit, dass die Bistumsleitung Gespräche mit Vertretern der KIG mit dem Ziel einer Auflösung führe. Seit Oktober gibt es nach Auskunft des Bistums keine neuen Entwicklungen. Private Vereine können sich gemäß ihren Satzungsbestimmungen selbst auflösen. Außerdem ist eine Auflösung durch die zuständige Autorität möglich, "wenn seine Tätigkeit zu einem schweren Schaden für die kirchliche Lehre bzw. Disziplin wird oder den Gläubigen zum Ärgernis gereicht", so das Kirchenrecht.
Nach Schilderungen von ehemaligen Mitgliedern über geistliche Manipulationen in einem System psychischer und finanzieller Abhängigkeit ordnete Kardinal Reinhard Marx 2019 eine Visitation der Gemeinschaft im Erzbistum München und Freising an. Auf der Grundlage des Visitationsberichts Ende 2020 löste der Münchener Erzbischof den Verein in seiner Diözese auf. Nach der Auflösung wurden zudem neue Vorwürfe erhoben. Nach der Auflösung der diözesanen kanonischen Vereine der KIG des Bistums Augsburg, im Bistum Münster (beide 2022) und nun in Rottenburg-Stuttgart ist die Gemeinschaft damit wohl bald in allen deutschen Diözesen, in denen sie aktiv war, kirchenrechtlich abgewickelt. International gab oder gibt es Niederlassungen in den Diözesen Wien (Österreich), Rom und Frascati (Italien), Budapest und Pécs (Ungarn), Dar es Salaam und Morogoro (Tansania) und im Lateinischen Patriarchat Jerusalem, deren aktueller Status nicht bekannt ist.
2020 distanzierte sich der emeritierte Papst Benedikt XVI. von der KIG, zu der er jahrzehntelang enge Verbindungen unterhalten hatte. Er sei offensichtlich "über manches im Innenleben" der Gemeinde "nicht informiert oder gar getäuscht" worden, sagte er gegenüber der Herder-Korrespondenz. 1978 wurde die KIG von den damaligen Erzbischöfen in Paderborn und München, Johannes Degenhardt und Joseph Ratzinger, kirchlich anerkannt und 1985 als öffentlicher kanonischer Verein errichtet. Anfang des Monats hat der Bayerische Rundfunk neue Recherchen zur KIG veröffentlicht. Unter Verweis auf kircheninterne Dokumente hieß es, dass hochrangige Amtsträger frühzeitig über Missstände in der als ambitioniertes Reformprojekt gestarteten Gruppierung informiert waren, aber nur zögerlich reagiert hatten. (fxn)