Alle waren früher Ministranten in der Gemeinde des Geistlichen

Zeugen: Übergriffiges Verhalten von Priester – Beziehung mit ihm

Veröffentlicht am 16.02.2023 um 16:14 Uhr – Lesedauer: 

Saarbrücken ‐ Drei Zeugen haben im Prozess gegen einen Priester vor dem Landgericht Saarbrücken ausgesagt: Dabei wurde übergriffiges Verhalten geschildert. Einer sagte, es habe eine ein Jahr dauernde sexuelle Beziehung zum Angeklagten gegeben.

  • Teilen:

Im Prozess gegen einen Priester wegen des Vorwurfs sexueller Nötigung haben Zeugen vor dem Landgericht Saarbrücken übergriffiges Verhalten geschildert. Ein Zeuge sprach am Donnerstag unter Tränen von einem sexuellen Übergriff während eines gemeinsamen Urlaubs 2007. Zu der Ferienfahrt sei er im Alter von 15 Jahren gedrängt worden.

Ein weiterer Zeuge sagte, es habe eine ein Jahr dauernde sexuelle Beziehung als 18-Jähriger zum Angeklagten gegeben. Das Verhältnis ab dem Jahr 2002 sei Folge eines Machtgefälles zwischen ihm und dem Beschuldigten gewesen. Beide Zeugen berichteten von Druck und Manipulationsversuchen, die der Angeklagte auch in anderen Zusammenhängen ausgeübt haben soll. Ein dritter Zeuge berichtete von einem einwöchigen Urlaub 2013 mit dem Angeklagten als 17-Jähriger, nicht aber von sexuell übergriffigem Verhalten. Alle drei Zeugen waren früher Ministranten in der Gemeinde, in der der Mann als Priester arbeitete.

Das Gericht verhandelt über den Vorwurf sexueller Nötigung. Dem 69 Jahre alten Angeklagten wird vorgeworfen, 1997 einen 14-Jährigen sexuell genötigt zu haben. Der mutmaßliche Betroffene und Nebenkläger ist ebenfalls Priester im Bistum Trier. Der Angeklagte bestreitet den Vorwurf. In der Verhandlung beobachtete er die Zeugen, wirkte aber weitgehend unbeteiligt. Bei manchen Schilderungen schüttelte er den Kopf. Unabhängig von dem staatlichen Verfahren läuft seit 2018 auch ein kirchliches Strafverfahren gegen ihn.

"Ich wusste nicht, wie ich nein sagen kann"

Die Aussage des Zeugen, der von einer einjährigen sexuellen Beziehung berichtet hatte, war öffentlich neu. Bis zu dem Zeitpunkt, als er mit der Aussage des Nebenklägers konfrontiert worden sei, habe er "wie wahrscheinlich jedes Opfer" das Gefühl gehabt, der einzige Betroffene zu sein. Auch sei ihm erst später das Machtgefälle klar geworden. "Ich wusste nicht, wie ich nein sagen kann, ohne die Freundschaft auf's Spiel zu setzen", sagte er. Er habe von der Freundschaft profitiert und die Körperlichkeiten erduldet. Der Zeuge zitierte aus Dokumenten, in denen der Angeklagte ihn als "gutgläubig und leicht beeinflussbar" bezeichnete.

Der Mann, der sich als 15-Jähriger einem Übergriff ausgesetzt sah, sagte aus, er habe aus Scham und Angst, dass ihm angesichts des Ansehens des Beschuldigten nicht geglaubt werde, lange niemandem etwas erzählt. Der Angeklagte soll seiner Beschreibung nach im Urlaub in sein Zimmer gekommen sein, ihn im Intimbereich angefasst und zu Berührungen gedrängt haben. In Details weichen seine Aussagen vor Gericht von der Schilderung in der polizeilichen Vernehmung ab. Die Schilderung ähnelt insgesamt aber sehr stark den Vorwürfen des Nebenklägers.

Bereits am Mittwoch hatte der Trierer Bischof Stephan Ackermann in dem Prozess ausgesagt und Fehler im Umgang mit dem Fall eingeräumt. Das Bistum sei 2006 von der Staatsanwaltschaft zwar über Ermittlungen informiert worden, habe die Akte aber nicht angefordert. "Das war ein Fehler", sagte der Bischof. Damals hatte eine andere Person Anschuldigungen wegen sexualisierter Gewalt erhoben. Ackermann erklärte zudem, der Priester habe sich nicht an Auflagen des Bistums gehalten. Deshalb sei der Mann im April 2015 zunächst beurlaubt und dann in den Ruhestand versetzt worden. 2016 habe er ihm verboten, als Priester zu wirken, so der Bischof. Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt. (tmg/KNA)