ZdK und Vatikan: Zwei Welten begegnen sich – nicht
Manche Meldungen lesen sich im Abstand eines Jahres wie archäologische Fundstücke aus einer anderen Epoche. So auch diese vom 3. Februar 2022: "Das Präsidium des Synodalen Wegs und die Spitze der vatikanischen Bischofssynode um Kardinal Mario Grech werden ihre Gesprächskontakte in Zukunft intensivieren. Es werde regelmäßige gemeinsame Gespräche in diesem Format über die Inhalte und Strukturen des kirchlichen Reformprozesses in Deutschland geben, kündigte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, an."
Ein Jahr später ist davon wenig übriggeblieben. Zwischen dem Präsidium des Synodalen Wegs und dem Vatikan herrscht konstante Funkstille. Die einzigen vertieften "Gesprächskontakte" zu diesem Thema gab es auf Bischofsebene: Beim Ad-limina-Besuch der deutschen Bischöfe im Vatikan, insbesondere im "interdikasteriellen Gespräch" am 18. November in Rom, das die unterschiedlichen Einschätzungen innerhalb der Bischofskonferenz sowie zwischen der Mehrheit der Konferenz und den versammelten Chefs der Kurienbehörden in dramatischer Weise deutlich machte.
Die Vorstellungen über die Zukunft der Kirche klaffen auseinander
Auf das damals angekündigte vollständige Protokoll des Treffens warten Vatikan-Beobachter bis heute vergebens. Immerhin wurden die wichtigsten drei Redebeiträge publiziert. Seither ist offenkundig, wie weit die Vorstellungen über die Zukunft der Kirche auseinanderklaffen.
Neben diesem intensiven und streckenweise auch lautstarken Austausch gab es im zurückliegenden Jahr vor allem markante schriftlich geführte Auseinandersetzungen. So warnte eine "Erklärung des Heiligen Stuhls" vom 21. Juli 2022 davor, irgendwelche kirchlichen Leitungsinstitutionen einzusetzen, die die Souveränität der Bischöfe einschränken könnten. Oder andere Reformen zu beschließen, die eine Gefährdung der kirchlichen Gemeinschaft bedeuten könnten. Erstmals hatte Rom damit die Gefahr einer Spaltung angedeutet.
Das Präsidium des Synodalen Wegs, dessen Doppelspitze der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz und die Präsidentin des Laienvereinigungs-Dachverbands ZdK, Irme Stetter-Karp, gemeinsam bilden, reagierte damals mit einem Lamento über den römischen Kommunikationsstil:
"Wir bemühen uns seit Beginn des Synodalen Weges von Seiten des Präsidiums um direkte Wege der Kommunikation mit den römischen Stellen. Dies wäre unseres Erachtens der Ort für solche Klärungen. Leider ist das Synodalpräsidium bis heute nicht zu einem Gespräch eingeladen worden. Dass diese direkte Kommunikation bislang nicht stattfindet, bedauern wir irritiert. Synodale Kirche geht nach unserem Verständnis anders! (...) Nochmals betonen wir als Präsidenten des Synodalen Weges, dass uns an einem baldigen Gespräch mit möglichst vielen Stellen innerhalb der römischen Kurie gelegen ist."
Ein zweiter Brief aus Rom
Ziemlich genau ein halbes Jahr später, mit Datum vom 16. Januar, kam ein zweiter Brief aus Rom, unterzeichnet unter anderem von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin und vom Papst ausdrücklich approbiert. Wieder warnte der Vatikan vor der Einrichtung eines Gremiums, das zu einer Selbstentmachtung der Bischöfe führen würde - und dessen Vorbereitung die vierte Syndodalversammlung in Frankfurt am 10. September 2022 mit den notwendigen Mehrheiten beschlossen hatte.
Auch dieser Brief richtete sich nicht an das Präsidium des Synodalen Wegs, sondern an Bischof Bätzing in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz - mit der Maßgabe, er möge den Inhalt seinen Mitbrüdern im bischöflichen Amt zur Kenntnis geben. Eine Antwort vom Präsidium des Synodalen Wegs, der Doppelspitze Bätzing und Stetter-Karp, blieb diesmal aus.
Wenn es noch eines weiteren Beweises bedurft hätte, welchen Stellenwert der Vatikan dem ZdK derzeit beimisst, kam dieser bei der Kontinental-Etappe der Weltsynode (5. bis 9. Februar in Prag) sowie bei der von der vatikanischen Laien-Behörde veranstalteten Tagung zum "gemeinsamen Gehen von Hirten und Laien" (vom 16. bis 18. Februar in Rom). Bei keiner der beiden Veranstaltungen ergingen Einladungen an das ZdK - das doch nach eigenem Selbstverständnis ein durch verbandsinterne Wahlen legitimierter Dachverband katholischer Laien ist - und mutmaßlich einer der größten in Europa oder gar weltweit.
Immerhin war die ZdK-Präsidentin - ebenso wie ZdK-Vize Thomas Söding - wenigstens in Prag mit von der Partie: Sie kamen auf dem "Ticket" der DBK. Denn jede der teilnehmenden 39 europäischen Bischofskonferenzen konnte nach eigenem Gutdünken eine vierköpfige Delegation unter Leitung ihres Vorsitzenden zusammenstellen.
Das Auftreten Stetter-Karps in Prag wurde anschließend von mehreren Teilnehmern aus Osteuropa als irritierend bezeichnet. Sie hatte sich in einem Redebeitrag über böse Blicke aus dem Teilnehmerkreis beklagt. Andere, etwa die Mitglieder der Luxemburger Delegation, beklatschten hingegen ihre Redebeiträge.
Stetter-Karp noch nie als ZdK-Vorsitzende in Rom
Diese einzige, flüchtige Berührung zwischen dem Deutschen Synodalen Weg und einer Etappe der Weltsynode reichte nicht, um das Misstrauen zu überwinden, das dem weltweit einmaligen Synodal-Konstrukt von DBK und ZdK in anderen Ländern und im Vatikan entgegenschlägt. Hinzu kommt, dass Stetter-Karp (anders als ihre Vorgänger Sternberg, Glück und Meyer) noch nie nach Rom gefahren ist, um dort in Gesprächen "in der zweiten Reihe" für sich und das ZdK zu werben.
In Vatikankreisen wird inzwischen unverhohlen davon gesprochen, dass man nur noch das Ende des Synodalen Wegs abwarten müsse, dann werde sich das Problem von selbst erledigt haben. Die vom ZdK angestrebte und von einer Mehrheit in der DBK unterstützte "Verstetigung" des Wegs in einem aus Laien und Bischöfen gemischten "Synodalen Ausschuss" oder "Rat" werde Rom zu verhindern wissen. Nach dem Ende des Synodalen Wegs werde man dann gerne auch wieder mit dem ZdK-Präsidium sprechen - dort, wo es hingehöre: in der Vatikan-Behörde für Laien und Familie.