Neue Leitlinien des Erzbistums nur erster Schritt

Berliner Diözesanrat fordert mehr Geschlechtergerechtigkeit ein

Veröffentlicht am 02.03.2023 um 10:39 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Jahrelang haben die Berliner Laienvertretungen mehr Einsatz für Geschlechtergerechtigkeit von ihrem Bischof verlangt. Nun hat das Erzbistum dazu neue Richtlinien – doch die können für die Verbände nur ein erster Schritt sein.

  • Teilen:

Dem Berliner Diözesanrat gehen die am Mittwoch veröffentlichten Leitlinien zur Geschlechtergerechtigkeit des Erzbistums Berlin nicht weit genug. Zwar würdigte das Laiengremium die Leitlinien zusammen mit fünf katholischen Verbänden als ersten Schritt, zugleich forderte es aber  noch weitreichendere Maßnahmen – nicht nur bei kirchlichen Beschäftigten. "Ich bin unserem Erzbischof dankbar, dass er sich dieses Themas persönlich angenommen hat. Das nun veröffentlichte Leitlinienpapier verstehen wir als guten Zwischenerfolg in diesem Gesprächsprozess", sagte die Diözesanratsvorsitzende Karlies Abmeier (Foto). Es zeige, dass die Bistumsleitung die strukturelle Benachteiligung insbesondere von Frauen erkannt habe und auf Diözesanebene aktiv werden wolle.

Die Leitlinien zur Förderung von Geschlechtergerechtigkeit im kirchlichen Dienst traten nach massiver Kritik des Diözesanrats in Kraft. Über zwei Jahre habe das Gremium zusammen mit den beiden Frauenverbänden und den Berliner Diözesanverbänden des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), des Caritas-Fachverbands "In Via" und des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) in Pressemitteilungen, Briefen und Gesprächen dazu aufgefordert, ein Konzept zur Gleichstellung und Frauenförderung zu erstellen. Die Berliner Frauenverbände kfd und KDFB bedauerten, dass die Erzdiözese keine Gleichstellungsbeauftragte berufen hat. Es sei daher umso wichtiger, dass die mit der Evaluierung der Maßnahmen beauftragte Leitungskonferenz des Ordinariats ihre Ergebnisse transparent macht.

Gleichstellung auch im liturgischen Bereich gefordert

Nach Ansicht des Diözesanrats und der Verbände darfGleichstellung nicht bei kirchlichen Beschäftigungsverhältnissen stehen bleiben. Zunächst sollten Schritte folgen, die heute schon auf Diözesanebene möglich seien: "außerordentliche Taufspenderinnen zu beauftragen, Frauen zur Predigt zu ermutigen sowie Frauen in diözesane Leitungsämter, die derzeit Geweihten vorbehalten sind (etwa die Gemeinde- oder Amtsleitung/Verwaltungsdirektion im Generalvikariat) zu berufen", zählen die Laienvertreter auf. Erzbischof Heiner Koch müsse sich zudem auf Ebene der Universalkirche für Frauen einsetzen. "Echte Geschlechtergerechtigkeit gibt es nur mit Frauen in den Weiheämtern", betonte der Diözesanrat.

Die Leitlinien sehen insgesamt sechs Maßnahmen vor, um das Bewusstsein für Geschlechtergerechtigkeit zu fördern und die berufliche Gleichstellung von Frauen und Männern in geschlechtergerechten Strukturen zu verwirklichen. Alle zwei Jahre soll eine Analyse angefertigt und veröffentlicht werden, die die Situation der weiblichen mit der der männlichen Beschäftigten vergleicht. Der Diözesanrat empfiehlt, zum ersten Mal bereits in diesem Jahr den Ist-Stand zu erheben. Bei Stellenbesetzungsverfahren soll ein ausgewogenes Verhältnis der Geschlechter in allen Bereichen erreicht werden, in denen die Weihe nicht Voraussetzung für eine Tätigkeit ist. Vereinbarkeit von Beruf und Familie soll gestärkt, Gremien soweit möglich geschlechtergerecht besetzt, eine geschlechtergerechte Sprache verwendet sowie Frauen gezielt gefördert werden. Mitarbeitende können sich bei Geschlechterungerechtigkeiten an die diözesane Beschwerdestelle wenden, für die der Diözesanrat eine zeitnahe Besetzung mit einer qualifizierten Person anmahnt. Die Leitlinien gelten für das Erzbischöfliche Ordinariat, die Schulen in Trägerschaft des Erzbistums, die Katholische Hochschule für Sozialwesen Berlin und das pastorale Personal ohne Weihe.

2021 hatte der Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Berlin mit den fünf Verbänden der Spitze der Erzdiözese eine unzureichende Förderung von Frauen vorgeworfen. "Dass die Frauenfrage mit über die Zukunft der Kirche entscheidet, ist inzwischen unbestritten. Bei der Berliner Bistumsleitung allerdings ist kein ernsthafter Wille erkennbar, Frauen sichtbar zu machen. Frauen und ihre Belange sind strukturell unterrepräsentiert", hieß es in einer Erklärung zum "Tag der Diakonin". Wenn das Erzbistum weiter auf die Tatkraft von Frauen bauen wolle, könne es so wie bisher nicht weitergehen, so die Organisationen. Es reiche nicht aus, Frauen nur "mitzudenken". "Frauen müssen eigens sichtbar gemacht werden – in kirchlichen Ämtern, kirchenpolitischen Gremien, in der Seelsorge. Frauen im Erzbistum Berlin brauchen eine Anlaufstelle, der sie vertrauen können. Frauenthemen gehören auf die bischöfliche Tagesordnung", so die Erklärung weiter. Erzbischof Heiner Koch und sein Generalvikar hatten die Vorwürfe zurückgewiesen. (fxn)