Debatten in Dresden von vatikanischen Bedenken zu Synodalem Weg bestimmt

DBK-Vollversammlung: Ringen um Reformen vor dem synodalen Showdown

Veröffentlicht am 03.03.2023 um 00:01 Uhr – Von Steffen Zimmermann – Lesedauer: 

Dresden ‐ Kurz vor der fünften und finalen Synodalversammlung trafen sich die deutschen Bischöfe. Hauptthema: Wie soll man mit den vatikanischen Interventionen gegen den deutschen Reformprozess umgehen? Der DBK-Vorsitzende machte deutlich, dass die Bedenken ernstgenommen werden – und der Weg weitergeht.

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Im Vorfeld ihrer Frühjahrs-Vollversammlung in Dresden hatte die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) den Eindruck zu vermitteln versucht, vor einem ganz normalen, geradezu routinemäßigen Treffen zu stehen. Im Mittelpunkt der Beratungen stünden die Situation in der Ukraine ein Jahr nach dem russischen Überfall sowie die soziale, politische und kirchliche Lage in Madagaskar, teilte die Konferenz Anfang Februar in einer Pressemitteilung mit. Außerdem werde man den Ad-limina-Besuch der Bischöfe vom vergangenen November auswerten und zentrale Themen zur bevorstehenden Weltbischofssynode im Oktober im Vatikan besprechen. 

Erst danach kam die Pressemitteilung auf den Synodalen Weg zu sprechen. Beratungen zu aktuellen Fragen des Reformprozesses der katholischen Kirche in Deutschland seien ein "weiterer Schwerpunkt" der bischöflichen Beratungen. Das klang harmlos – und hatte mit der Realität der Versammlung am Ende nur wenig zu tun. Denn der Synodale Weg war nicht einfach nur ein "weiterer Schwerpunkt", sondern das alles überlagernde Thema der viertägigen Tagung. Zwar sprachen die 62 teilnehmenden Bischöfe in der Tat auch noch über andere Themen, dominiert wurde die Versammlung aber von der sich derzeit immer mehr zuspitzenden Debatte um den kurz vor dem Abschluss stehenden Reformprozess.

"Kurzfristig bereit, nach Rom zu gehen"

Das zeigte sich bereits zum Auftakt der Versammlung, als der DBK-Vorsitzende Bischof Georg Bätzing in seinem traditionellen Pressestatement öffentlich machte, in der Vorwoche mit einem eigenen Brief auf das Ende Januar veröffentlichte vatikanische Schreiben mit der darin formulierten Absage an den geplanten Synodalen Rat reagiert zu haben. In dem Brief an Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin und die Kardinalpräfekten Luis Ladaria und Marc Ouellet, die das vatikanische Schreiben im Januar verfasst hatten, habe er noch einmal dargelegt, welches Ziel der Synodale Ausschuss habe, der den Synodalen Rat in den kommenden drei Jahren vorbereiten soll, so Bätzing. 

Außerdem habe er daran erinnert, dass DBK und Kurie sich beim Ad-limina-Besuch im November darauf verständigt hätten, über das Thema im Gespräch zu bleiben. "Wir sind jederzeit kurzfristig bereit, nach Rom zu gehen und dort die Gespräche fortzusetzen, die wir in dem interdikasteriellen Treffen aufgenommen haben", betonte Bätzing. Die Gespräche im Vatikan könnten nach der fünften und letzten Synodalversammlung des Reformprozesses in der kommenden Woche stattfinden. Merklich verstimmt fügte er hinzu, dass eine vor allem über Briefe geführte Kommunikation zwischen dem Vatikan und der Kirche in Deutschland "schwierig" sei, das Schreiben von Briefen sei eigentlich nicht vorgesehen gewesen. 

Bild: ©KNA/Dominik Wolf (Archivbild)

"Die breite Mehrheit der Bischöfe steht hinter den Reformanliegen des Synodalen Wegs und strebt nachhaltige Veränderungen an", sagte Bischof Bätzing zum Abschluss der Vollversammlung der deutschen Bischöfe in Dresden.

In seinem schließlich am Mittwoch von der DBK veröffentlichten Brief versicherte Bätzing den drei Kardinälen, "dass wir die von Ihnen vorgebrachten Sorgen um die Fragen eines Synodalen Ausschusses und eines Synodalen Rats ernst nehmen". Der Synodale Ausschuss sei ein Zeichen dafür, dass hinsichtlich des zukünftigen synodalen Miteinanders noch großer Klärungsbedarf bestehe. "Der ursprüngliche Vorschlag war, umgehend einen Synodalen Rat einzurichten. In der Wahrnehmung der bischöflichen Verantwortung haben wir diesem Vorschlag nicht zustimmen können und das Ergebnis des gemeinsamen Überlegens ist der Zwischenschritt des Synodalen Ausschusses, der ganz im Einklang mit unseren Vorgaben steht", so Bätzing. 

Wie sehr der Synodale Weg und insbesondere die Pläne für den Synodalen Rat das Verhältnis zwischen der Kirche in Deutschland und dem Vatikan derzeit belasten, zeigte sich in Dresden wie unter einem Brennglas beim traditionellen Grußwort des Apostolischen Nuntius Erzbischof Nikola Eterovic. Darin erklärte er den Bischöfen, dass er von Amts wegen beauftragt worden sei, das vatikanische Schreiben aus dem Januar zu präzisieren. Nach "richtiger Auslegung des Inhalts dieses Schreibens" könne "nicht einmal ein Diözesanbischof einen synodalen Rat auf diözesaner oder pfarrlicher Ebene errichten". War das nach vielen gelben und dunkelgelben endgültig die Rote Karte aus dem Vatikan für den Synodalen Rat?  

Kritik an Nuntius-Grußwort

Geht es nach der Mehrheit der deutschen Bischöfe mit Bischof Bätzing an der Spitze lautet die Antwort "Nein". "Die breite Mehrheit der Bischöfe steht hinter den Reformanliegen des Synodalen Wegs und strebt nachhaltige Veränderungen an", erklärte der DBK-Vorsitzende zum Abschluss der Vollversammlung einmal mehr. Es gehe dabei um eine Kirche, die den Menschen nahe sei, die Missbrauch, sexualisierte Gewalt und deren Vertuschung aufarbeite, und die sich dafür einsetze, Strukturen zu überwinden, die Missbrauch begünstigten. 

Auf Nachfrage einer Journalistin kritisierte Bätzing das Grußwort des Nuntius dann sogar noch ganz direkt. Es sei ihm phasenweise fast unerträglich gewesen, dem Ausführungen Eterovics zuzuhören, so der Bischof. Eterovic hatte erläutert, warum es aus Sicht von Papst Franziskus nicht möglich sei, Frauen zu Priestern zu weihen: Das "petrinische Prinzip" des Weiheamtes sei Männern vorbehalten. Daneben gebe es das "marianische Prinzip, in dem sich die Kirche widerspiegelt, weil sie Frau und Braut ist". Der dritte Aspekt der Kirche sei die "administrative Dimension"; in diesem Bereich, der Verwaltung, sollten Frauen mehr Raum bekommen. Mit Blick auf das "Verwaltungsprinzip" befand Bischof Bätzing: "Da sage ich: Heiliger Vater, das kannst du vortragen, ja. Du kannst aber nicht verlangen, dass man das annimmt."

Bätzing antwortet Vatikan: Werden Sorgen zum Synodalen Rat ernstnehmen

Am Montag war bekanntgeworden, dass Bischof Georg Bätzing in einem Brief an die Kurie auf das Vatikan-Verbot zum geplanten Synodalen Rat reagiert hat. Am Mittwoch nun veröffentlichte die Bischofskonferenz das Schreiben ihres Vorsitzenden.

Zugleich betonte Bätzing am Donnerstag aber auch, dass man auf dem weiteren Weg "die Bedenken und Hinweise der vatikanischen Dikasterien" ernst nehmen werde. "Es geht uns ja um die eine Kirche, deren Teil wir sind. Es versteht sich eigentlich von selbst, dass das nicht immer ohne Spannungen, Meinungsverschiedenheiten und Kontroversen möglich ist. Und natürlich ist für uns klar, dass wir immer Teil der katholischen Weltkirche sind, weshalb ich Vorwürfe von außen an die Deutsche Bischofskonferenz, wir steuerten auf eine Nationalkirche zu oder würden Spaltung betreiben, erneut deutlich und entschieden zurückweise", sagte er mit Nachdruck. Außerdem äußerte er die Vermutung, dass es im Vatikan vor allem mit Blick auf den Synodalen Rat ein Verständnisproblem gebe, zumal Struktur und Aufgaben des Gremiums noch nicht genau umrissen sein. 

Um die auch innerhalb der Bischofskonferenz existierenden Gräben hinsichtlich des weiteren Reformwegs zumindest ein Stück zuzuschütten und mit Blick auf die bevorstehende Synodalversammlung ein möglichst "einmütiges, wenn auch nicht einheitliches Meinungsbild" (Bätzing) unter den Bischöfen zu erzielen, veranstalteten diese in Dresden einen Studientag. Dabei habe man zu einem offenen und konstruktiven Miteinander gefunden und vor allem auf die Texte geschaut, für die viele Bischöfe noch Gesprächs- und Abstimmungsbedarf angemeldet hätten, sagte der DBK-Vorsitzende. "Ich hoffe sehr, dass wir durch das Ringen der vergangenen Tage Barrieren für die Zustimmungsfähigkeit der Texte abbauen konnten, gleichwohl sind dafür auch noch Änderungen notwendig, die wir als Anträge in die Beratungen in der nächsten Woche einbringen wollen", erklärte Bätzing. Nach den intensiven, anstrengenden Gesprächen in Dresden sei er sehr zuversichtlich, dass kommende Woche in Frankfurt weitere wichtige Beschlüsse gefasst werden könnten.

"Rechnen auch damit, dass Texte nicht angenommen werden"

Zugleich aber baute der Limburger Bischof am Ende des Treffens in Dresden auch möglichen Enttäuschungen in Frankfurt vor. Am Ende stehe bei der Synodalversammlung nicht die Frage, wer welchen Textpassus erfolgreich über die Hürden der Versammlung und ihrer Satzung gebracht habe: "Entscheidend ist vielmehr, dass eine synodale Kirche ihre Strukturen und ihren Umgang mit Entscheidungsmacht partizipativ und transparent gestaltet." Außerdem räumte er ein, dass er nicht davon ausgehe, dass alle Texte durch die Synodalversammlung kämen: "Wir rechnen auch damit, dass Texte nicht angenommen werden, und das ist ein ganz normaler Vorgang."

Angesprochen auf den Eklat bei der vierten Synodalversammlung im vergangenen Herbst – damals verhinderte eine Sperrminorität der Bischöfe die Verabschiedung eines Grundsatzpapiers zur Erneuerung der katholischen Sexualmoral – sagte Bätzing auf Nachfrage: "Ich wünsche es uns allen nicht, dass es einen Eklat gibt. Vor allem wünsche ich nicht, dass wir Bischöfe Auslöser eines solchen Eklats sein könnten. Das möge Gottes guter Geist verhüten." Er sei jedoch kein Hellseher. Es bleibt mit Blick auf kommende Woche also spannend. 

Von Steffen Zimmermann