Reformen müssen durch Koalitionen in der Kirche erreicht werden

Synodaler Weg: Johanna Rahner rät zu mehr Diplomatie

Veröffentlicht am 05.03.2023 um 11:20 Uhr – Lesedauer: 

Köln/Tübingen ‐ Die Tübinger Dogmatikprofessorin Johanna Rahner kritisiert fehlende Vernetzung und Diplomatie der deutschen Kirche beim Synodalen Weg. Hier müsse ein neuer Stil gefunden werden. Kurienkardinal Walter Kasper mache es vor.

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Die Tübinger Dogmatikprofessorin Johanna Rahner hat die fehlende Vernetzung des Synodalen Weges im europäischen Reformdiskurs kritisiert. "Bei der europäischen Kontinentalversammlung der Weltsynode war klar, dass die ganzen großen Themen des Synodalen Weges eigentlich europäische Themen sind", sagte Rahner am Sonntag dem Kölner Domradio. Es sei daher eine Frage des Stils und der Diplomatie, sich auch Koalitionspartnerinnen und Koalitionspartner in der Weltkirche zu suchen. Reformforderungen müssten diplomatischer angegangen werden.

Als Vorbild nannte Rahner den deutschen Kurienkardinal Walter Kasper. Er habe in Rom gelernt, wie man sich vernetze: "Das ist vielleicht auch etwas, das er als Mangel am deutschen Synodalen Weg sieht." Kasper äußerte sich zuletzt vermehrt zum Synodalen Weg in Deutschland. Er verteidigte Papst gegen Kritik aus Deutschland: "Papst Franziskus will selbstverständlich Reformen." So könne er vielen Anliegen des deutschen Synodalen Wegs sicherlich zustimmen. "Bei anderen hat er den Eindruck, dass sie die Einheit des Glaubens in der Weltkirche massiv gefährden würden."

Kasper: Papst hat alle Reformthemen auf der Agenda

Alle wichtigen Themen des Synodalen Weges sieht Kasper schon längst auf der päpstlichen Agenda: "die Mitwirkung der Laien, der Abbau des Klerikalismus, die Förderung der Frauen im Dienst der Kirche, die Überwindung der Verbotsmoral und die Stärkung des Gewissens, die Achtung vor gleichgeschlechtlich orientierten Menschen, die Aufklärung des sexuellen und geistlichen Missbrauchs, die Reform des Kirchenrechts und der römischen Kurie", sagte der Kardinal in einem Interview.

Änderungen in diesen Bereichen seien in der Kirche möglich, "ohne die Kirche auf den Kopf zu stellen", unterstrich Kasper: "Papst Franziskus packt Probleme an, die der Synodale Weg mit seiner rein binnenkirchlichen Perspektive vergisst und vernachlässigt: die Glaubenskrise im Westen, die Klimakrise, die westliche Mitschuld an himmelschreiender Ungerechtigkeit in der Welt, die Verantwortung für den Frieden."

Johanna Rahner ist seit 2014 Lehrstuhlinhaberin für Dogmatik, Dogmengeschichte und Ökumenische Theologie an der Universität Tübingen. Auch Walter Kasper lehrte in den 1970er Jahren an der Uni Tübingen Dogmatik. (ben)