Nach DBK-Antrag: Synodalpräsidium hält an namentlicher Abstimmung fest
Das Präsidium des Synodalen Weges will trotz eines gegensätzlichen Antrags der deutschen Bischöfe bei der fünften Synodalversammlung an der Praxis der namentlichen Abstimmung festhalten. Das Synodalpräsidium habe in seiner Sitzung vom 6. März entschieden, dass namentlichen Abstimmungen Vorrang vor geheimen Abstimmungen zu geben sei, auch wenn diese eigens beantragt würden, heißt es in einem Brief des Synodalpräsidiums vom Dienstag an die Deutsche Bischofskonferenz (DBK), der katholisch.de vorliegt.
Adressiert ist der Brief an den DBK-Vorsitzenden Georg Bätzing, unterschrieben haben ihn die Präsidiumsmitglieder des Synodalen Weges, Irme Stetter-Karp und Bischof Franz-Josef Bode. Aus dem Brief geht hervor, dass die DBK bei ihrer Vollversammlung in Dresden den Beschluss gefasst hatte, das Synodalpräsidium möge feststellen, dass bei gleichzeitigem Antrag für geheime und namentliche Abstimmung die geheime Abstimmung Vorrang habe. So sähen es Geschäftsordnung und Satzung vor.
Bei der vierten Synodalversammlung im Herbst 2022 verfehlte der Grundtext "Leben in gelingenden Beziehungen" in geheimer Abstimmung die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit der anwesenden Bischöfe. Daraufhin wurde aus der Synodenaula beantragt, fortan namentlich über Texte abzustimmen. Die Interpretationskommission des Synodalen Weges kam nach Beratung zu dem Ergebnis, dass die namentliche Abstimmung Vorrang vor der geheimen habe. Ein Gegenantrag auf geheime Abstimmung wurde abgelehnt.
Kirchenrechtliche Kritik: Lesart des Präsidiums sei "schlicht ausgeschlossen"
Dieser Interpretation widersprach der Freiburger Kirchenrechtler Georg Bier vehement. Die Geschäftsordnung des Synodalen Weges priorisiere in § 6 Abs. 6 "eindeutig" eine geheime Abstimmung vor der namentlichen, schreibt er am Montag in einem Beitrag auf dem Onlineportal "Theosalon". "Über Sachanträge kann auf Antrag namentlich abgestimmt werden, unbeschadet eines möglichen Antrags auf geheime Abstimmung." Nach dem Duden bedeute "unbeschadet": "ohne Schaden für…", "ohne Nachteil für…", "ohne Abstriche bezüglich…", wobei der Gegenstand, dem kein Nachteil entstehen dürfe, durch eine Genitivkonstruktion mit "unbeschadet" verbunden werde, so Bier. Die Auslegung der Interpretationskommission laufe der eindeutigen Bedeutung der Konjunktion 'unbeschadet' zuwider und sei daher schlicht ausgeschlossen. Aus dem Briefwechsel von DBK und Synodalpräsidium geht nun hervor, dass auch die deutschen Bischöfe dieser Lesart folgen.
Das Synodalpräsidium betonte dagegen in seinem Schreiben, dass es "unbeschadet" mit "ungeachtet" oder "trotz" übersetze und somit Anträge auf geheime Abstimmung der namentlichen Abstimmung unterordne. Dies habe mit der notwendigen Offenheit des synodalen Prozesses zu tun. Zur Wahrhaftigkeit der Synodalität gehöre, "dass man sich mit der eigenen Meinung nicht versteckt". Es gehöre "zu einer wahrhaft synodalen Atmosphäre, dass ein Ja ein Ja und ein Nein ein Nein ist und sowohl die Mitglieder untereinander als auch die Öffentlichkeit um das Abstimmungsverhalten ihrer Repräsentanten wissen". Geheime Abstimmungen könnten erfolgen, das sei jedoch eine Ermessensfrage, schreibt das Synodalpräsidium. "Wer dieses Ermessen ausübt, ist in Satzung und Geschäftsordnung nicht festgelegt und kommt daher nach § 7 Abs. 1 der Geschäftsordnung dem Synodalpräsidium zu."
Ende Februar hatten vier Synodale ihren Ausstieg beim Synodalen Weg verkündet. Katharina Westerhorstmann, Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz, Dorothea Schmidt und Marianne Schlosser kritisierten, dass bei der vierten Synodalversammlung der Antrag auf geheime Abstimmung abgelehnt wurde. Auch Bischöfe beklagten den "öffentlichen Druck", der sich durch die namentliche Abstimmung ergebe. (ben)