Fünfte Synodalversammlung: Wird das synodale Experiment erfolgreich?
Der Augsburger Bischof Bertram Meier verglich den Synodalen Weg jüngst mit einem Chemie-Experiment: "Da sehen wir Explosionen, aber beim Experiment kann es passieren, dass die Vermischung verschiedener Elemente auch zu ganz überraschenden Lösungen führt." Doch manchmal kann eine Explosion so schwer sein, dass das ganze Labor in die Luft fliegt. Ob das synodale Labor in Frankfurt am Main bei der fünften und letzten Vollversammlung des Synodalen Wegs endgültig explodiert, ist nicht ausgeschlossen. Denn an vielen Stellen rauchte, brodelte und gärte es gewaltig im Vorfeld. Und auch die Texte, über die in Frankfurt abgestimmt wird, bieten erneut einiges an Sprengpotenzial.
Da ist zunächst die zum Dauerkonflikt mutierte Debatte um die sogenannten Synodalen Räte. Die vierte Synodalversammlung hatte vergangenen September die Einrichtung eines Synodalen Ausschusses auf Bundesebene beschlossen, der einen bundesweiten Synodalen Rat, ein Beratungs- und Leitungsorgan aus Bischöfen, Priestern und Laien, vorbereiten soll. Dessen Beschlüsse sollen dieselbe rechtliche Wirkung wie die der Synodalversammlung haben. Doch gegen den Synodalen Rat hatte der Vatikan zu Jahresbeginn Einspruch erhoben: Ein solches Gremium würde die Macht und Autorität der Bischöfe beschneiden. Bei der Vollversammlung der deutschen Bischöfe vergangene Woche machte der Papst-Botschafter in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterovic, deutlich: Auch auf Diözesan- und Pfarrebene darf kein Synodaler Rat gegründet werden.
Mitgliederwahl für Synodalen Ausschuss geplant
Damit griff der Nuntius auch noch bevorstehenden Entscheidungen voraus. So wird etwa über den Handlungstext "Gemeinsam beraten und entscheiden" abgestimmt. Dieser möchte synodale Gremien auf Ebene der Bistümer und der Pfarreien etablieren beziehungsweise zu "synodalen Räten der Mitverantwortung und Mitentscheidung" weiterentwickeln, wie es in der Forumsvorlage des Papiers heißt. Darüber hinaus steht als allerletzter Tagesordnungspunkt der Synodalversammlung am Samstag die Wahl von 20 weiteren Mitgliedern für den Synodalen Ausschuss an.
Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Georg Bätzing, betonte zuletzt beim Bischofstreffen einmal mehr, dass man im Blick auf den Synodalen Rat alle Vorgaben des Kirchenrechts respektieren wolle. Die vatikanischen Sorgen werde man erstnehmen, schrieb er jüngst in einem Brief nach Rom. Immer wieder ist in der Debatte um den Synodalen Rat von Missverständnissen die Rede, die man gerne ausräumen würde. Doch lässt sich der Vatikan von den Argumenten aus Deutschland noch überzeugen? Die Interventionen aus Rom gegen den Synodalen Weg wurden mit der Zeit immer entschiedener. Die Absage an die Synodalen Räte ist eine Art vorläufiger Höhepunkt in der Auseinandersetzung zwischen dem Vatikan und der Kirche in Deutschland. Nicht ausgeschlossen, dass das Ganze Einfluss auf die Mehrheitsverhältnisse unter den deutschen Bischöfen nimmt.
Neben den Vorschlägen zu den Synodalen Räten auf Bistums- und Pfarrebene stehen acht weitere Texte zur finalen Abstimmung an. Aus dem Priesterforum sind das der Grundtext sowie der Handlungstext zum Zölibat, der unter anderem für eine Öffnung des Priesteramts für verheiratete Männer plädiert. Aus dem Frauenforum gibt es den Handlungstext "Frauen in sakramentalen Ämtern – Perspektiven für das weltkirchliche Gespräch", der fordert, dass Frauen stärker in der Kirche repräsentiert werden. Dazu müsse der theologische Diskurs in der Weltkirche geführt werden und in Deutschland mehr zum Diakonat der Frau geforscht werden, heißt es in dem Papier. In einem weiteren Handlungstext wird dafür plädiert, dass Laien eine Fülle von Aufgaben übernehmen, die nach Kirchenrecht bisher regulär Klerikern vorbehalten sind.
Großes Konfliktpotenzial könnte bei den zwei Texten aus dem Forum zur kirchlichen Sexualmoral bestehen. In einem davon heißt es, die Kirche in Deutschland soll für Paare, die keine sakramentale Ehe eingehen können – gleichgeschlechtliche oder auch wiederverheiratet-geschiedene – offiziell Segensfeiern ermöglichen. Im Frühjahr 2021 hatte der Vatikan klargestellt, dass Segnungen homosexueller Paare nicht möglich seien. Im anderen Handlungstext aus dem Forum wird ein neuer Umgang in der Kirche mit geschlechtlicher Vielfalt gefordert, besonders mit trans- und intergeschlechtlichen Personen.
Wie steigen die Zustimmungschancen?
"Die breite Mehrheit der Bischöfe steht hinter den Reformanliegen des Synodalen Wegs und strebt nachhaltige Veränderungen an", sagte Bätzing zum Abschluss der Vollversammlung der deutschen Bischöfe. Dennoch braucht es dem Anschein nach viele Kompromisse: Offenbar gibt es einige kurzfristige Änderungsanträge der Bischöfe, damit die Zustimmungschancen wachsen. Durch die Entwicklung der vergangenen Wochen dürften beispielsweise viele Synodale ein Interesse daran haben, weitere Änderungen am Handlungstext "Gemeinsam entscheiden und beraten" vorzunehmen, um dem Text die nötige Zweidrittelmehrheit der gesamten Synodalversammlung wie auch der Bischöfe zu verschaffen.
Unmittelbar vor Beginn der fünften Synodalversammlung scheint sich aber noch ein weiterer Konfliktherd aufzutun: die Frage nach geheimer oder namentlicher Abstimmung. Die Bischofskonferenz hatte bei ihrer Vollversammlung den Beschluss gefasst, das Synodalpräsidium möge feststellen, dass bei gleichzeitigem Antrag für geheime und namentliche Abstimmung die geheime Abstimmung Vorrang habe. So sähen es Geschäftsordnung und Satzung vor. Das sieht unter anderem auch der Freiburger Kirchenrechtler Georg Bier so. Doch das Synodalpräsidium sieht das anders: Namentlichen Abstimmungen sei Vorrang vor geheimen Abstimmungen zu geben, auch wenn diese eigens beantragt würden. Dies habe mit der notwendigen Offenheit des synodalen Prozesses zu tun. Denn zur Wahrhaftigkeit der Synodalität gehöre, "dass man sich mit der eigenen Meinung nicht versteckt".
Während der vierten Synodalversammlung war ein Antrag auf geheime Abstimmung abgelehnt worden. Das war einer der Gründe, warum Ende Februar vier Synodale ihren Ausstieg beim Synodalen Weg verkündeten. Katharina Westerhorstmann, Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz, Dorothea Schmidt und Marianne Schlosser kritisierten jedoch in erster Linie, dass der Synodale Weg "zentrale katholische Lehren und Überzeugungen in Zweifel" zögen: "Diesen Weg, auf dem sich nach unserer Einschätzung die Kirche in Deutschland mehr und mehr von der Weltkirche entfernt, können wir nicht mehr mitgehen." Wenige Tage später schloss sich der Bonner Stadtdechant Wolfgang Picken an – mit einer ähnlichen Begründung.
Ähnlich wie bei den vergangenen Synodalversammlungen könnte in Frankfurt einmal mehr der Zeitplan zum Problem werden. Denn das Programm ist erneut sehr ambitioniert. Schon jetzt ist bekannt, dass ein Handlungstext – der zu den Maßnahmen gegen Missbrauch an Frauen – nur in erster Lesung diskutiert werden und damit nicht verabschiedet werden kann. Eigentlich sollten die entsprechenden Texte im Synodalen Ausschuss weiterbehandelt werden. Doch aufgrund der aktuellen Gemengelage kann niemand garantieren, dass dieser auch tatsächlich zustande kommt.
Keinen Eklat
"Ich wünsche es uns allen nicht, dass es einen Eklat gibt", betonte Bischof Bätzing. Oder besser gesagt: nicht noch einmal. Bei der vierten Versammlung im Herbst 2022 scheiterte der Grundtext zur kirchlichen Sexualmoral an der Sperrminorität der Bischöfe. Was folgte, waren Tränen und Wut bei vielen Synodalen. Schon damals war der Fortgang des Prozesses ungewiss, kurzzeitig stand sogar das Aus den Synodalen Wegs im Raum. Eine Situation wie damals würde sich der Synodale Weg gerne ersparen. Bätzing scheint schon einmal vorbauen zu wollen: Er sei sehr zuversichtlich, dass weitere wichtige Beschlüsse fassen können, räumte aber zugleich ein: "Ich gehe nicht davon aus, dass alle Texte durch die Synodalversammlung kommen."
Aber ist der Synodale Weg dann als gescheitert zu betrachten? Immerhin konnte er bereits einige Beschlüsse fassen. Ein paar davon werden in den Bistümern bereits umgesetzt. Der Synodale Weg plädiert für eine kirchliche Neubewertung der Homosexualität: In vielen Diözesen rückt die Pastoral für homosexuelle Menschen immer stärker in den Fokus. Die Synodalversammlung hat beschlossen, dass Laien bei der Wahl eines Diözesanbischofs besser beteiligt werden sollen: In Paderborn, wo der Stuhl des Erzbischofs aktuell vakant ist, hat ein gemeinsames Gremium aus Domkapitel und Laien eine Vorschlagsliste an den Nuntius übermittelt. Und auch darüber hinaus ist etwas in Bewegung geraten: Viele Bischöfe suchen viel intensiver und selbstverständlicher das Gespräch mit den Gläubigen. Der Austausch ist offener und ehrlicher geworden. Auch, wenn es in Frankfurt diesmal erneut knallen sollte: Das synodale Experiment wird irgendwie weitergehen, auch außerhalb des Frankfurter Labors.