Überblick über die zentralen Texte bei der fünften Vollversammlung

Segensfeiern, Diversität, Frauenämter: Darüber stimmen die Synodalen ab

Veröffentlicht am 08.03.2023 um 00:01 Uhr – Von Matthias Altmann und Benedikt Heider – Lesedauer: 

Frankfurt ‐ Von Donnerstag an treffen sich die Synodalen zur fünften und finalen Vollversammlung des Synodalen Wegs. Zum Abschluss steht wieder einiges auf der Tagesordnung – die Ergebnisse werden mit großer Spannung erwartet. Ein Überblick über die Inhalte und Forderungen der zentralen Texte.

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Der Synodale Weg steht vor seiner letzten Runde – und hat noch einiges zu tun. Deswegen erwartet die Synodalen bei der fünften Synodalversammlung vom 9. bis zum 11. März einmal mehr ein straffes Programm: Insgesamt wird über neun Texte final abgestimmt, ein weiterer wird nur noch in erster Lesung debattiert. Einige davon sind "Überhang" von der vergangenen Synodalversammlung, weil sie dort aus Zeitgründen nicht mehr behandelt werden konnten. Dazu gehören etwa der Grundtext des Priesterforums und dessen Handlungstext "Der Zölibat der Priester – Bestärkung und Öffnung". Die Diskussionen um die vorliegenden Papiere dürften einmal mehr spannend werden. Katholisch.de wirft einen Blick auf die zentralen Texte, die in Frankfurt zur Abstimmung stehen.

Synodalforum I: "Gemeinsam beraten und entscheiden"

Kernthese: Das Synodalforum "Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag" möchte synodale Gremien auf Ebene der Bistümer und der Pfarreien etablieren, um Partizipation und Gewaltenteilung im Hinblick auf Leitungsaufgaben zu ermöglichen.

Forderung: Der Handlungstext fordert die Bischöfe auf, eine Ordnung auf Diözesanebene und eine Musterordnung für die Pfarreien aufzusetzen, in der verbindliche Verfahren und Regeln für das gemeinsame Beraten und Entscheiden von Leitungsamt und synodalen Gremien festgehalten werden. Zentral dafür sei die freiwillige Selbstbindung von Bischöfen und Pfarrern. Dabei soll eine möglichst hohe Transparenz, Qualität und Effizienz erreicht werden. Bestehende Gremien könnten zu sogenannten Synodalen Räten weiterentwickelt werden.

Auf diözesaner Ebene bedeutet das, dass alle Fragen zu Themen bistumsweiter Bedeutung in diesem Synodalen Rat beraten und entschieden werden sollen, etwa zu pastoralen Planungs- und Zukunftsperspektiven, zentralen Finanzentscheidungen oder entscheidenden Veränderungen bei Personalplanung und -entwicklung. Die Räte sollen demnach in freien, gleichen und geheimen Wahlen bestimmt werden und das Volk Gottes in der Diözese in seiner Verschiedenheit repräsentieren. Stimmt der Bischof einem Entschluss dieses Synodalen Rates zu, ist dieser rechtswirksam. Bei Dissens ist eine erneute Beratung und im Zweifel ein Schlichtungsverfahren angedacht, an dem auch Bischöfe und Synodale aus anderen Bistümern beteiligt werden könnten, so das Forum. In diesen Synodalen Rat könne zudem der Priesterrat integriert werden, der unabhängig Themen berät, die ausschließlich Priester betreffen.

Für die Pfarreien soll es nach Vorstellungen des Forums eine Musterordnung für die freiwillige Selbstbindung des Pfarrers geben. Darin ist auch eine Weiterentwicklung der bereits bestehenden Gremien vorgesehen. Eine Option ist darüber hinaus, den Kirchenvorstand oder Verwaltungsrat mit dem Synodalen Rat zusammenzulegen. Auch dieser Rat soll in freier, gleicher und geheimer Wahl von den wahlberechtigten Gläubigen der Pfarrei direkt gewählt und vom Pfarrer und einem vom Rat gewählten Vorsitzenden gemeinsam geleitet werden. Die Beschlussfassung ist ähnlich wie auf diözesaner Ebene vorgesehen, im Streitfall kann auch eine diözesane Schiedsstelle eingeschaltet werden.

Die Ordnungen sollen zudem veröffentlicht und die Umsetzung alle drei Jahre evaluiert werden. Die Evaluationsergebnisse sollen anschließend von einem deutschlandweiten synodalen Gremium beraten werden, das dann Empfehlungen für eine Weiterentwicklung der Strukturen in den Diözesen ausspricht.

Begründung: Bereits das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) und das kirchliche Gesetzbuch von 1983 erklärten, dass "eine wahre Gleichheit in der allen Gläubigen gemeinsamen Würde und Tätigkeit zum Aufbau des Leibes Christi" walte, heißt es im Handlungstext. Alle Gläubigen hätten demnach Anteil an den drei Ämtern Christi: des Hirten, des Priesters und des Propheten. Dies habe auch Auswirkungen auf das Amt von Priestern und Bischöfen. "Ihre Aufgaben können die Bischöfe nur in enger Verbindung mit dem Gottesvolk realisieren, 'da ja die Hirten und die anderen Gläubigen in enger Beziehung miteinander verbunden sind' (LG 32)", schreiben die Autorinnen und Autoren. Zur Aufgabe des Bischofs gehöre es deshalb auch, in seiner Diözese verbindliche Strukturen der Mitwirkung und Mitbestimmung der Gläubigen zu schaffen und Entscheidungen im Zusammenwirken mit den synodalen Gremien der Diözese zu treffen. Ein Weg, dies umzusetzen, sieht das Forum in der Selbstbindung von Bischöfen und Pfarrern, indem diese ihre Leitungsvollmacht nutzen, um sich selbst in ihr einzuschränken.

Umstrittene Punkte: Nachdem der Vatikan mehrmals mit Blick auf die Einrichtung von synodalen Räten und Strukturen in Deutschland interveniert hat, ist mit Eingaben von Bischöfen zu diesem Thema zu rechnen. Vor allem, da für diesen Handlungstext seit Herbst 2022 keine Änderungen mehr eingereicht werden konnten. Durch die Entwicklung der vergangenen Wochen werden wohl alle Seiten ein Interesse haben, weitere Änderungen an dem Handlungstext vorzunehmen, sodass er mehrheitsfähig ist. Aus dem Forum heißt es, dass "entscheiden" nicht ohne "beraten" und "beraten" nicht ohne "entscheiden" zu akzeptieren ist. Es ist mit einer hitzigen Diskussion zu rechnen.

Die Synodalversammlung bei der Abstimmung über einen Text
Bild: ©Synodaler Weg/Maximilian von Lachner

Mehr Mitbestimmung: Beim Synodalen Weg stimmen Bischöfe und Laien gemeinsam ab. Ähnliches plant auch das Synodalforum I für die Zukunft.

Synodalforum III: "Frauen in sakramentalen Ämtern – Perspektiven für das weltkirchliche Gespräch"

Kernthese: Das Synodalforum III fordert, dass Frauen stärker in der Kirche repräsentiert werden. Dazu müsse der theologische Diskurs in der Weltkirche geführt werden und in Deutschland mehr zum Diakonat der Frau geforscht werden.

Forderung: Im Text wird ein weltweiter Austausch über die Rolle der Frau in der Kirche und über die Öffnung der Weiheämter für die Frau gefordert. Die deutschen Bischöfe sollen sich daher für eine Mitsprache bei der Besetzung von Kommissionen, die über Fragen des Diakonats der Frau beraten, einsetzen. Ebenso sollen die Bischöfe sich für eine Zulassung von Frauen zum sakramentalen Diakonat einsetzen. In Deutschland solle verstärkt zum Diakonat der Frau geforscht werden. Zudem solle die Arbeit des Netzwerkes "Diakonat der Frau" mit der Ausbildung der ständigen Diakone verbunden werden. Eine Kommission soll sich ausschließlich mit der Frage nach dem sakramentalen Amt für "Menschen jeden Geschlechts" befassen.

Begründung: Es gebe eine weltweite Diskussion um Partizipation von Frauen an Diensten und Ämtern in der Kirche. Das Synodalforum verweist auf das Dokument für die Kontinentalphase der Weltsynode. Dort heißt es: „In fast allen Berichten wird die Frage vollständiger und gleichberechtigter Teilhabe für Frauen aufgeworfen“ (Nr. 64). Es sollte nachdenklich stimmen, dass eine große Zahl von Christgläubigen die Rezeption der Annahme, nur ein Mann könne aufgrund seiner natürlichen Ähnlichkeit mit Jesus der eucharistischen Liturgie vorstehen, verweigere, so der Handlungstext. "Der 'sensus fidelium'" ("Glaubenssinn der Gläubigen" im Sinne von Lumen Gentium 12) kann nach Lehre des 2. Vatikanischen Konzils nicht irren." Die Forschung im deutschsprachigen Raum zur Rolle der Frau in der Kirche solle in den weltweiten Fachdiskurs miteingebracht werden. In den Frauenverbänden und bei Initiativen von Gläubigen an der Basis gebe es in jeder Altersgruppe Stimmen, die sich für eine Öffnung aller Ämter auch für Frauen aussprächen. Zudem gebe es Frauen, "die sich als berufen erfahren und nach öffentlicher Wahrnehmung und Erfahrung Charismen haben, die sie auch für Leitungsdienste im sakramentalen Amt empfehlen. Das Synodalforum sieht eine "erhebliche Diskrepanz zwischen den in den römisch-katholischen Lehrdokumenten vorgetragenen Argumentationen, die zum Ausschluss von Frauen aus dem sakramentalen Amt führen, und den Erkenntnissen, die auf der Basis hermeneutischer Standards gewonnen werden und in Forschung und Lehre der Theologie vorausgesetzt sind". Die Kirchengeschichte zeige, dass lehramtliche Positionen mehrfach überdacht worden seien. Ohne gemeinschaftlichen Austausch könne die Komplexität der Thematik nicht erfasst werden.

Umstrittene Punkte: In die Debatte um die Rolle der Frau in der Kirche, hat sich zuletzt der Apostolische Nuntius zu Wort gemeldet. Daher ist bei der Frage zu Amt der Frau auch mit Diskussionen in der Synodenaula zu rechnen. In der Bearbeitungsphase entschied man sich strittige Themen verstärkt in Frageform zu formulieren. Bischöfe beteiligten sich bei der Texterstellung rege, wie es aus dem Forum heißt. Der Text wurde an einigen Stellen abgeschwächt, Forderungen zu Bitten umformuliert. 

Weihe Diakonin
Bild: ©KNA/Cornelis Gollhardt

In der alt-katholischen Kirche gibt es sie: Diakoninnen. Wenn es nach dem Synodalforum III geht, wird in der römisch-katholischen Kirche darüber bald intensiver diskutiert. Die deutschen Bischöfe werden zu mehr Engagement aufgefordert.

Synodalforum III: "Verkündigung des Evangeliums durch Lai*innen in Wort und Sakrament"

Kernthese: Laien sollen eine Fülle von Aufgaben übernehmen, die nach Kirchenrecht bisher regulär nur Kleriker übernehmen.

Forderung: Laien sollen in Verkündigung und Sakramentsspendung stärker einbezogen werden. Die deutschen Bischöfe sollen dazu eine Sonderregelung erarbeiten, die es Laien ermöglicht, in der Eucharistiefeier zu predigen. Die außerordentliche Taufspendung und die Eheassistenz durch Laien soll ebenso in den deutschen Bistümern eingeführt werden. Zudem soll über die Einführung der Laienbeichte beraten und die Gemeindeleitung durch Laien ausgeweitet werden.

Begründung: Das Synodalforum begründet seine Forderungen mit der laikalen Pflicht und dem Recht, "an der Verbreitung der göttlichen Heilsbotschaft mitzuwirken". Diese Möglichkeit ergebe sich durch die Taufe. Da pastorale Mitarbeitende in den Gemeinden die gleiche Ausbildung wie Kleriker haben, soll ihnen die Möglichkeit der Predigt in der Eucharistiefeier eingeräumt werden. Ihre Kompetenzen und Charismen würden der Wortverkündigung zugutekommen, sowie "vielfältigere Perspektiven und Indentifikationsmöglichkeiten für die Gottesdienstgemeinden ermöglichen". Zunehmend komme zu Bewusstsein, dass im Hinblick auf eine missbrauchssensible Liturgie die Beteiligung von Frauen am Predigtdienst wichtig sei. "Menschen, die sexualisierte Gewalt durch Kleriker erfahren haben, äußern immer wieder das Bedürfnis, an liturgischen Feiern teilzunehmen, die nicht von Klerikern dominiert sind."

Die außerordentliche Taufspendung durch Laien böte die Möglichkeit, eine Einheit von Taufvorbereitung und Tauffeier durch die gleiche Person zu gewährleisten. Auch lasse die personale und strukturelle Entwicklung der Diözesen vermuten, dass "bald keine ausreichende Zahl von ordentlichen Taufspendern mehr im Dienst ist".

Insgesamt sollen durch die Vorschläge, die Kleriker entlastet und eine Anbindung an Kultur und Gesellschaft erreicht werden.

Umstrittene Punkte: Auch hier habe es im Antragsverfahren viele Präzisierungen und Anpassungen gegeben, heißt es aus dem Forum. Die Frage der Sakramentenspendung von Laiinnen und Laien birgt jedoch weiterhin Diskussionspotential in Frankfurt.

Bild: ©Harald Oppitz/KNA

Taufe durch Laien: In einigen deutschen Diözesen ist das schon möglich. Die Synodalversammlung schlägt aber auch Eheassistenz und Laienbeichte vor.

Synodalforum III: "Maßnahmen gegen Missbrauch an Frauen in der Kirche" (nur erste Lesung)

Kernthese: Gegen sexuellen Missbrauch an Erwachsenen brauche es klare Regelungen, strukturelle Prävention, verlässliche Wege der Aufklärung, ein wirksames Schutzkonzept und einen Verhaltenskodex mit verbindlichen Qualitätsstandards.

Forderung: Alle sexuellen Beziehungen von Seelsorgern und Seelsorgerinnen mit Personen in ihrer Begleitung sollen aufgrund des inhärenten Machtgefälles als sexueller Missbrauch gewertet werden. Schutzkonzepte gegen sexuelle Gewalt sollen auch für Erwachsene Geltung haben. Sexuelle Gewalt gegenüber Erwachsenen soll insgesamt eine größere Beachtung finden. Dabei soll neben sexuellem auch der geistliche Missbrauch eine Rolle spielen. Zudem sollen ideelle und finanzielle Hilfsangebote für Betroffene ausgeweitet werden.

Begründung: Bisher würden erwachsene Menschen keine grundsätzliche Beachtung in Schutzkonzepten finden, sondern nur unter der Prämisse, dass sie "schutzbefohlen" seien. Das führe dazu, dass Erwachsene häufig nicht als potenziell Missbrauchsbetroffen wahrgenommen würden. Dort wo Erwachsene als potenziell Missbrauchsbetroffen verstanden werden, gebe es jedoch keine standardisierten Bearbeitungsprozesse. Dies führe zu einer eklatanten Rechtsunsicherheit.

Segnung eines homosexuellen Paars
Bild: ©KNA/Rudolf Wichert (Symbolbild)

Niemand, der Segensfeiern für homosexuelle Paare leitet, soll mit disziplinarischen Konsequenzen rechnen müssen, heißt es in einem Handlungstext des Forums IV. Gleichzeitig werde niemand dazu verpflichtet, derartige Segensfeiern durchzuführen.

Synodalforum IV: "Segensfeiern für Paare, die sich lieben"

Kernthese: Die Kirche in Deutschland soll für Paare, die keine sakramentale Ehe eingehen können – gleichgeschlechtliche oder auch wiederverheiratet-geschiedene – offiziell Segensfeiern ermöglichen.

Forderung: Die deutschen Bistümer sollen eine Segensfeier als diözesane Liturgie einführen und dafür ein Segensformular vorlegen. Für alle interessierten Paare sind zur Vorbereitung Gespräche mit Seelsorgenden und gegebenenfalls Seminare vorgesehen. Niemand, der solche Segensfeiern leitet – geweihte Amtsträger oder Laien –, soll mit disziplinarischen Konsequenzen rechnen müssen. Gleichzeitig wird niemand dazu verpflichtet, derartige Segensfeiern durchzuführen.

Begründung: Den Angeboten von Segensfeiern liege die Überzeugung zugrunde, "dass im gemeinsamen Leben von Paaren, die in Verbindlichkeit und Verantwortung füreinander zusammenleben, sittlich Gutes da ist". Wo sich Menschen lieben, sei Gottes Liebe gegenwärtig. Gleichgeschlechtliche und wiederverheiratete Paare hätten in der Kirche oft Ausgrenzung und Abwertung erfahren. Die Möglichkeit macht diese Erfahrungen nicht wett, biete der Kirche aber die Chance, "der in diesen Beziehungen vorhandenen Liebe und den gelebten Werten nunmehr Wertschätzung entgegenzubringen und so um Vergebung zu bitten und Versöhnung zu ermöglichen".

Eine Weigerung, solche Partnerschaften zu segnen, lasse sich gnadentheologisch nicht überzeugend begründen. Das belaste nicht nur die Verkündigung der Menschenfreundlichkeit Gottes und das Doppelgebot der Nächsten- und Gottesliebe, sondern stelle die Glaubwürdigkeit liturgischen Handelns vor gravierende Fragen. Kritisch blickt der Text auf die Note der Glaubenskongregation vom Frühjahr 2021, in der einer Segnung homosexueller Partnerschaften eine Absage erteilt wird. Der Rücklauf der Befragungen im Rahmen der Weltbischofssynode habe gezeigt, "dass die diesem Dokument grundgelegte Sicht auf Homosexualität vielerorts als nicht ausreichend angesehen wird". Es brauche eine theologische Weiterentwicklung. Dabei wird auf den Synodalbeschluss zur Neubewertung der Homosexualität hingewiesen.

Umstrittene Punkte: Aus dem Forum heißt es, dass es insgesamt 66 Änderungsanträge gibt, einige davon von Bischöfen und Weihbischöfen. Viele seien aber nahezu gleichlautend und beträfen nur Details. Zwei Änderungsanträge betreffen den ganzen Text: Sie fordern, zunächst eine Arbeitsgruppe unter Leitung von Bischofskonferenz und ZdK einzurichten, die eine Handreichung für Segensfeiern erarbeiten soll. Laut einem weiteren Änderungsantrag soll in den Vorbereitungsgesprächen vor Segensfeiern auch die Lebenssituation in den Blick genommen werden. Dazu gehört auch die Frage, ob Verpflichtungen gegenüber Partnern und Kindern aus einer früheren Beziehung bestehen. Einen kollektiven Änderungsantrag der deutschen Bischofskonferenz habe es allerdings nicht gegeben.

Bild: ©picture alliance/NurPhoto/Alain Pitton/Artur Widak (Symbolbild)

Einem weiteren Handlungstext des Forums IV plädiert für einen neuen Umgang mit inter- und transsexuellen Menschen in der Kirche.

Synodalforum IV: "Umgang mit geschlechtlicher Vielfalt"

Kernthese: Trans- und intergeschlechtliche Personen sind Teil Gottes guter Schöpfung und haben Anteil an der unantastbaren Würde des gottesebenbildlich geschaffenen Menschen. In der Seelsorge soll die Akzeptanz von und Sensibilisierung für geschlechtliche Vielfalt gefördert werden.

Forderungen: Grundsätzlich hält der Text am bipolaren Geschlechtermodell fest, betont jedoch auch, dass es bereits in der männlichen und weiblichen Geschlechtsvariante jeweils zu einer Vielfalt von physischen, psychischen und sozialen Ausprägungen führt. Ganz konkret nimmt er dann die Situation von trans- und intergeschlechtlichen Personen in der Kirche in den Blick. So wird gefordert, dass für intergeschlechtliche Kinder die Möglichkeit bestehen soll, den Geschlechtseintrag im Taufregister wegzulassen oder, wie mittlerweile im deutschen Recht vorgesehen, "divers" einzutragen. Falls sich zu einem späteren Zeitpunkt der Wunsch ergibt, den Geschlechtseintrag zu ändern, soll dies unkompliziert gewährt werden. Transgeschlechtlichen Gläubigen soll ebenfalls ermöglicht werden, ihren Personenstand im Taufregister ändern zu lassen. Falls trans- oder intergeschlechtlichen Gläubigen das Sakrament der Ehe verwehrt sein sollte, sollen ihnen Segensfeiern für ihre Partnerschaft offenstehen.

Im Blick auf die Universalkirche fordert der Text, dass transgeschlechtliche und intergeschlechtliche Menschen in der Kirche ohne Anfeindungen und ohne Diskriminierung ihr Leben und ihren Glauben leben können. Im Rahmen des angestoßenen Beratungsprozesses der Internationalen Theologischen Kommission zur Erstellung einer vatikanischen Stellungnahme zum Thema Gender wird eine offene, ernsthafte und grundlegende theologische und humanwissenschaftliche Auseinandersetzung mit Geschlechtervielfalt gefordert, die die Vielfalt Gottes guter Schöpfung spiegelt. Die normativ naturrechtspositivistische Geschlechteranthropologie und ihre Legitimation durch Rekurs auf biblische Schöpfungstexte bedürften der Überprüfung mit den Erkenntnissen moderner Bibelwissenschaft und Theologie. Die vatikanische Bildungskongregation solle ihre Auffassung zurückzunehmen, bei Kindern gegebenenfalls sogar ohne Zustimmung der Eltern eine geschlechtliche "Vereindeutigung" in Richtung männlich oder weiblich herzustellen. Der Zugang zu den kirchlichen Weiheämtern und pastoralen Berufen dürfe für inter- und transgeschlechtliche Katholiken, die eine Berufung für sich spüren, nicht pauschal ausgeschlossen sein.

Begründung: Verwiesen wird auf die Enzyklika "Fratelli tutti": Dort fordert Papst Franziskus dazu auf, seine Nächsten über alle Grenzen und Verschiedenheiten hinweg so anzuerkennen, wie sie sind. Neuere exegetische, theologisch-anthropologische, moraltheologische und pastoral-praktische Ansätze böten argumentative Grundlagen, um die "überlieferte, verengte Geschlechteranthropologie" in der kirchlichen Lehre zu überprüfen und sie unter Berücksichtigung des heute verfügbaren medizinischen, biologischen und (neuro-)psychologischen Wissens grundlegend weiterzuentwickeln. Trans- und Intergeschlechtlichkeit seien Realitäten, denen sich die Kirche stellen und mit denen sie einen neuen Umgang finden müsse.

Umstrittene Punkte: Bei diesem Text gibt es laut Forum 39 Änderungsanträge, von denen ebenfalls einige von Bischöfen kommen. Angefragt wurde der Punkt, wonach auch Ordensgemeinschaften für trans- und intersexuelle Menschen grundsätzlich geöffnet werden sollen. Einen kollektiven Änderungsantrag der Bischofskonferenz habe es aber auch bei diesem Text nicht gegeben.

Von Matthias Altmann und Benedikt Heider