Bestellung eines "Apostolischen Assistenten" keine Visitation

Orden SJM arbeitet mit Vatikan-Hilfe Gründer Andreas Hönisch auf

Veröffentlicht am 09.03.2023 um 14:29 Uhr – Lesedauer: 

Blindenmarkt ‐ Aus einer Spaltung der Pfadfinderbewegung entstand der Orden der Diener Jesu und Mariens. Nach einer Beschwerde in Rom über den verstorbenen Gründer Andreas Hönisch soll der Orden nun die Geschichte mit externer Hilfe aufarbeiten.

  • Teilen:

Die Ordensgemeinschaft Diener Jesu und Mariens ("Servi Jesu et Mariae", SJM) untersucht die Geschichte ihres Gründers Andreas Hönisch mit Hilfe eines vom Vatikan bestellten "Apostolischen Assistenten". Auf Anfrage erläuterte der Sprecher der Gemeinschaft gegenüber katholisch.de, dass die Untersuchung und die Bestellung des Passionistenpaters Gregor Lenzen keine päpstliche Visitation darstelle. Unter Verweis auf ein Schreiben des Ordensdikasteriums heißt es, dass sich eine Person mit "kritischen Anfragen" zu Hönisch an Rom gewandt habe. Diese Anfragen seien aber inhaltlich nicht näher präzisiert worden.

Nach Angaben des Ordens sind durch die Ernennung von Lenzen Eigenständigkeit und Handlungsfähigkeit der Ordensgemeinschaft "in keiner Weise aufgehoben, tangiert oder eingeschränkt". Der Orden habe bereits vor der Ernennung einen Reflexionsprozess über die Rolle seines Gründers angestoßen. Die Rolle eines "Apostolischen Assistenten" bei einer Untersuchung ist im Kirchenrecht nicht definiert. Im Fall der SJM hat der Assistent den Angaben zufolge die Möglichkeit, bei den thematisch einschlägigen Sitzungen der Generalleitung präsent zu sein, Zugang zum Archiv der Gemeinschaft sowie die Möglichkeit zu Einzelgesprächen mit Mitgliedern zu bekommen. Damit seien die Rechte vollständig aufgezählt. Lenzen wurde bereits im Oktober für eine Dauer von drei Jahren zum Apostolischen Assistenten berufen. Die Auskunft des Ordens sei mit dem Assistenten abgesprochen worden. Gegenüber katholisch.de wollte sich Lenzen selbst nicht äußern. Das Ordensdikasterium antwortete auf eine Anfrage nicht.

Ursprung in Spaltung der Pfadfinderbewegung

Der ursprünglich dem Jesuitenorden angehörende Pater Hönisch gehörte 1976 zu den Gründern der Katholischen Pfadfinderschaft Europas (KPE). Der Pfadfinderverband gründete sich in Abgrenzung zu als zu progressiv empfundenen Entwicklungen in der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg (DPSG). Hönisch war bis zu seinem Tod 2008 Bundeskurat der KPE. Im Streit mit seinem Orden um die Tätigkeit in der KPE wurde Hönisch von den Jesuiten ausgeschlossen und war zunächst Augsburger Diözesanpriester. 1988 gehörte er zu den Gründern der Diener Jesu und Mariens, die 1994 als Kongregation päpstlichen Rechts vom Heiligen Stuhl anerkannt wurde. Hönisch war bis zu seinem Tod Generaloberer des Ordens. Vor der Ordensgründung hatte er am Priesteramt interessierten KPE-Mitgliedern nahegelegt, Mitglied des "Engelwerks" zu werden. Die SJM stand in der Vergangenheit unter anderem aufgrund ihrer Nähe zum "Engelwerk" und traditionalistischen Positionen in der Kritik. Der Orden selbst beschreibt sein Charisma mit den Stichworten "Ignatianische Spiritualität, Weihe an das Heiligste Herz Jesu und das Unbefleckte Herz Mariens, Liebe zum eucharistischen Herrn, Hochschätzung der Liturgie, Treue zum päpstlichen Lehramt, Jugendarbeit gemäß der Pfadfinderpädagogik und einfaches Leben nach dem Vorbild der Familie in Nazareth".

Im Januar kündigte der Orden an, die nach eigenen Angaben schon vor mehreren Jahren begonnene Auseinandersetzung mit seiner Gründungsphase und der Geschichte von Hönisch genauer zu untersuchen. Die Verdienste des Gründers dürften "über menschliche Schwächen seinerseits nicht hinwegtäuschen, die sich in manchen Bereichen naturgemäß auch in Struktur und Praxis der damals jungen Gemeinschaft widerspiegelten", teilte der Orden mit. Dazu gehörten Themen wie Übertragung von Verantwortung und angemessene geistliche Begleitung. Die Gründungszeit einer Ordensgemeinschaft sei eine Pionierzeit, in der es leicht zu Einseitigkeiten und Fehlern komme.

Die Diener Jesu und Mariens sind bis heute eng mit der KPE verbunden. Der Pfadfinderverband wurde Ende 2021 von der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) als privater kanonischer Verein anerkannt. In vielen deutschen Bistümern gab es in der Vergangenheit Widerstand gegen Niederlassungswünsche der KPE, weil man sie als fundamentalistisch einstufte. Die Anerkennung hatte zu Protesten bei Betroffenen sexualisierter Gewalt und Jugendverbänden geführt. Die DBK verteidigte ihre Entscheidung. Im Rahmen eines Prozesses hätte die Jugendkommission der DBK verschiedene Fragestellungen "zur Vergangenheit und Neuausrichtung der KPE beraten und Vorbehalte ausgeräumt". Die KPE sei seit 2012 mit der Arbeitsstelle für Jugendseelsorge (afj) der DBK in regelmäßigem Austausch zu theologischen und pädagogischen Fragen. An den Gesprächen hätten auch der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) und die Pfadfinderverbände DPSG und PSG teilgenommen. Dabei habe man eine "deutliche Weiterentwicklung" des Verbandes wahrgenommen. Später zeigte sich der DBK-Jugendbischof Johannes Wübbe selbstkritisch und sicherte zu, den Verband "engmaschig begleiten" zu wollen, nachdem unter anderem Missbrauchsbetroffene die Entscheidung bei der Synodalversammlung des Synodalen Wegs im Februar 2022 scharf kritisiert hatten. (fxn)