Fünfte Synodalversammlung: Ein Start mit angezogener Handbremse
Kurz vor der Abstimmung über den Handlungstext zum Zölibat sprach der Hamburger Erzbischof Stefan Heße eine Mahnung an die Synodalversammlung aus: Man solle nicht zu sehr "auf die Pauke hauen". Mit einer offensiven Forderung riskiere man einen Schlag zurück. Worum es ihm ging, sind wenige Worte: Heße plädierte dafür, die Formulierung so zu belassen, wie sie im ursprünglichen Textvorschlag steht: Man solle den Papst bitten, zu prüfen, ob die Zölibatspflicht für Priester aufgehoben werden könne – und nicht direkt um ihre Abschaffung bitten, wie Gregor Podschun vorschlug. Der Vorsitzende des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) hatte einen entsprechenden Änderungsantrag eingebracht.
Der Antrag wurde abgelehnt – und der Text schließlich mit den erforderlichen Mehrheiten verabschiedet. Dieser Vorgang gleich am ersten Tag zeigt: Die Synodalversammlung scheint vorsichtiger zu werden. Offensichtlich haben die Erfahrungen der vergangenen Synodalversammlung, die Interventionen aus dem Vatikan sowie die Furcht vor einem Scheitern des Prozesses viele Synodale kompromissbereiter gemacht. War im Vorfeld noch von einem erwarteten "Showdown" die Rede, war der Auftakt zur fünften Versammlung ziemlich leise, wenn auch vielen Delegierten die Anspannung ob der Gesamtsituation deutlich anzumerken war.
Viele Themen mit Konfliktpotenzial
Vor dem vorerst letzten Frankfurter Treffen hatten sich einige Konfliktherde aufgetan oder sind größer geworden: Briefe aus Rom zum Thema Synodaler Rat, Streit um namentliche oder geheime Abstimmungen, bischöfliche Änderungswünsche nach Ende der Antragsfrist, Grundsatzkritik von mittlerweile ehemaligen Synodalen sowie die Frage nach deren Nachbesetzung durch Missbrauchsbetroffene und neue Missbrauchsstudien diverser Bistümer. Schon in der Aussprache zu Beginn waren deshalb emotionale Debatten erwartet worden. Doch der erwartete Knall blieb vorläufig aus: All diese Punkte kamen nur nebenbei oder gar nicht zur Sprache. Lediglich die fehlende Nachbesetzung der freigewordenen Plätze und die Sorge, die Missbrauchsthematik komme zu kurz, wurde mehrfach kritisch angesprochen. Alle Wortmeldungen zur aktuellen Lage waren ruhig, abgewogen und mit dem Bekenntnis zum Miteinander auf dem Synodalen Weg verbunden.
Nach der Aussprache stand die zweite Lesung zweier Texte auf dem Programm: Neben dem Handlungstexts zum Zölibat wurde final über den Grundtext aus dem Priesterforum beraten. Letzterer hatte bei früheren Synodalversammlungen für heftige Kontroversen gesorgt, weil dabei die grundsätzliche Frage nach dem Sinn des Priestertums in der Kirche aufgeworfen worden war. Der Text, dem viele Synodale eine große Entwicklung seit dem ersten Entwurf bescheinigten, versucht, ein zeitgemäßes Priesterbild zu skizzieren – und bekennt sich gleichzeitig klar zum Weihepriestertum in der Kirche. "Damit diese Botschaft (von der Heiligkeit Gottes) verkündet wird, braucht die Kirche Priester", heißt es. Die priesterliche Aufgabe bestehe in der Vermittlung des göttlichen Geheimnisses. Das Weiheamt gehöre "zum Wesen des Katholischen". Jedoch müssten die "ständischen Elemente, die diesen Beruf bisher prägen", aufgegeben werden.
Viele Synodale bekundeten, dass der Text keine fertigen Lösungen biete, aber einige Impulse zur Weiterentwicklung sowie eine Grundlage zur Weiterarbeit liefere. Manchen ging er Text nicht weit genug. Wieder andere bedauerten, der Text sei für junge Männer, die über den Priesterberuf nachdenken, wenig ermutigend. Schlussendlich wurde er aber angenommen: Das Papier erhielt eine eindeutige Mehrheit von mehr als 88 Prozent der insgesamt 201 abgegebenen Stimmen. Von den Bischöfen stimmten 77 Prozent dafür. "Am Ende steht der Anfang, auch wenn Defizite bleiben", so eine Stimme aus der Synodalversammlung zu dem Text.
Überprüfung der Zölibatsvorschriften
Im Anschluss war der Handlungstext zum Zölibat an der Reihe. Hier sprach sich eine große Mehrheit für die Überprüfung der Zölibatsvorschrift aus. Auf die als schärfer empfundene Bitte an den Papst zur Aufhebung wurde zugunsten der Bitte um Überprüfung verzichtet – auch wenn einige Synodale betonten, man könne sich ruhig mehr trauen. Der Text würdigt ausdrücklich die zölibatäre Lebensform, plädiert aber für eine Wahlfreiheit. Zudem fordert er, ehemalige Priester schon jetzt wieder stärker ins aktive kirchliche Leben einzubinden. Das Papier wurde mit einer Mehrheit von knapp 95 Prozent der abgegebenen 205 Stimmen angenommen. Von den 60 teilnehmenden Bischöfen in der Synodalversammlung stimmten 44 dafür, 5 dagegen, 11 enthielten sich. Auch hier verlief die Diskussion sachlich und ausgeglichen.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, hatte schon vor Beginn der Beratungen in der Synodenaula versöhnliche Töne angestimmt. Mit Blick auf die Reformpläne der Synodalen betonte er bei der Pressekonferenz zum Auftakt, dass alles, was der Synodale Weg wolle, sich in "den Bedingungen des Kirchenrechts" bewege. Es sollten Lösungen gefunden werden, die im Einklang mit der Weltkirche stehen. Man wolle sich nicht aus der Gemeinschaft bewegen, betonte Bätzing immer wieder. Doch er sagte auch: "Diese Kirche verdient es, dass wir sie nicht lassen, wie sie jetzt ist".
Etwas forscher war Irme Stetter-Karp, Vorsitzende des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. So sagte sie etwa mit Blick auf kurzfristig eingereichte Änderungsvorschläge der deutschen Bischöfe, man werde genau hinschauen, welche Motive dahinter lägen: "Geht es darum, weichgewaschene Papiere noch weicher zu waschen? Oder um den guten Willen der Bischöfe, Mehrheiten zu erreichen?" Alle Kompromisse, die den Synodalen, vor allem den Laien, abgerungen werden, müssten daraufhin geprüft werden, ob sie den Menschen dienen – und nicht dem Erhalt bestehender Machtverhältnisse.
Segensfeiern, Diversität, Frauenämter: Darüber stimmen die Synodalen ab
Seit Donnerstag treffen sich die Synodalen zur fünften und finalen Vollversammlung des Synodalen Wegs. Zum Abschluss steht wieder einiges auf der Tagesordnung – die Ergebnisse werden mit großer Spannung erwartet. Ein Überblick über die Inhalte und Forderungen der zentralen Texte.
Doch die neue Vorsicht wird schon am zweiten Tag einer schwierigen Prüfung unterzogen. An diesem Freitag stehen einige Texte mit großem Sprengpotential auf der Tagesordnung. Bereits am Morgen befassen sich die Synodalen mit einem Text zur Sakramentenspendung durch Laien. Sie sollen künftig eine Fülle von Aufgaben übernehmen, die das Kirchenrecht bisher regulär nur für Kleriker vorsieht. Während etwa Taufe und Eheassistenz kirchenrechtlich völlig problemlos möglich sind, könnte der Begriff "Laienbeichte" eine erste Hürde darstellen und Probleme bei der Annahme des Textes bringen.
Noch mehr Sprengstoff bietet das zweite Papier des Vormittags: Es ist der Handlungstext zu Segensfeiern für Paare, die keine sakramentale Ehe eingehen können – gleichgeschlechtliche oder auch wiederverheiratet Geschiedene. 2021 hatte der Vatikan explizit betont, dass die Kirche keine Vollmacht habe "Beziehungen, die eine sexuelle Praxis außerhalb der Ehe einschließen", zu segnen. Mit einer Annahme dieses Textes würden die deutschen Synodalen die römische Doktrin ausdrücklich herausfordern. Und nachdem der Vatikan in den vergangenen Monaten mehrmals betonte, dass der Synodale Weg "nicht befugt [sei], die Bischöfe und die Gläubigen zur Annahme neuer Formen der Leitung und neuer Ausrichtungen der Lehre und der Moral zu verpflichten" und verstärkt die bischöfliche Letztentscheidung – Stichwort Synodaler Rat – betonte, birgt auch die zweite Lesung des Handlungstexts "Gemeinsam beraten und entscheiden" hohes Konfliktpotenzial.
"Wir bleiben systemimmanent, wir argumentieren systemimmanent", kritisierte die Synodale Gudrun Lux die Linie der Synodalversammlung, die nun noch vorsichtiger geworden zu sein scheint: Vielleicht müsse das System auch mal durchbrochen werden. Am ersten Tag sah es noch nicht danach aus. Doch die richtigen Bewährungsproben kommen erst.