Nach fünfter Synodalversammlung: Die erste Etappe ist abgeschlossen
Ihm sei ein großer Stein vom Herzen gefallen, bekannte Bischof Georg Bätzing bei der Abschluss-Pressekonferenz. Das Fazit des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) nach der fünften und letzten Synodalversammlung: Trotz allen Knirschens und aller Unkenrufen habe der Synodale Weg funktioniert. "Wir haben einen großen Schritt im synodalen Lernen getan." Der Synodale Weg ist zu Ende – und gleichzeitig soll er jetzt erst richtig beginnen. "Die Kirche ist in der Lage, sich zu verändern. Und sie verändert sich", so Bätzing. Eine erste und wichtige Etappe zu mehr Synodalität und Reformen in der Kirche ist mit dem Abschluss der Synodalversammlungen geschafft. Doch die weitere Route dürfte ebenso herausfordernd, steil und kurvenreich werden.
Am Ende dieser ersten Etappe stehen auf der Habenseite weitere acht beschlossene Texte – 15 sind es nun insgesamt. Der Knall, der aufgrund der Krisenherde im Vorfeld des letzten Treffens in Frankfurt von einigen Beobachtern erwartet worden war, blieb aus. Dafür wurde den Synodalen nochmal alles an Disziplin und Kompromissbereitschaft abverlangt. Die Mehrheit der Versammlung schien einen Eklat verhindern zu wollen. Bei jeder Debatte zu einem Text standen zwei Fragen in Fokus: Bis zu welchem Punkt können die Bischöfe mitgehen? Und welche Kröten sind die anderen Synodalen bereit zu schlucken, damit das entsprechende Papier verabschiedet werden kann?
Zeit gewonnen
Am dritten Tag der fünften Synodalversammlung ging es um drei Texte: die Präambel des Präsidiums und die Handlungstexte zum Umgang mit geschlechtlicher Vielfalt sowie zum Thema Frauen in sakramentalen Ämtern. Da der Zeitplan im Verzug war, hatte die Tagesordnung ursprünglich vorgesehen, den letztgenannten nicht mehr final zu besprechen und ihn stattdessen in den Synodalen Ausschuss zu geben. Doch auf die Intervention einiger Frauen in der Versammlung, die den Text unbedingt noch behandeln wollten, wurde auf die Generaldebatte vor der Abstimmung über die Präambel verzichtet, um so Zeit zu schaffen für das weitere Papier. Alle drei wurden schließlich beschlossen.
In dem Handlungstext zum Umgang mit geschlechtlicher Vielfalt werden besonders trans- und intergeschlechtliche Personen in den Blick genommen: Sie sollen nun einen achtsam-anerkennenden Umgang in der Kirche erfahren. Das Papier versteht sich ausdrücklich als Startpunkt für weitere Überlegungen, stellt allerdings auch einige Forderungen auf, etwa dass transgeschlechtliche Katholiken unkompliziert die Möglichkeit erhalten sollen, ihren Personenstand sowie ihre Vornamen im Taufregister ändern zu lassen. In einer nachdenklichen Debatte betonten mehrere Bischöfe, dass sie sich bei diesem Thema in einen Lernprozess begeben hätten. Mara Klein, als diverse Person eines der bekanntesten Mitglieder der Synodalversammlung, betonte, trotz aller, zum Teil intensiver Debatten auf dem Synodalen Weg habe sich ihr Engagement bei dem Reformprojekt gelohnt.
Der Handlungstext zu Frauen in sakramentalen Ämtern enthält ein Votum für den Diakonat der Frau und die Aufforderung an die Bischöfe, dies in den weltkirchlichen Dialog einzubringen und eine "theologische Anwaltschaft" dafür zu übernehmen. Auch hier gab es Kompromisse: Eine Aufforderung, sich für die Priesterweihe von Frauen einzusetzen, enthält das beschlossene Papier nicht. Es heißt lediglich, mit Blick auf den Ausschluss von Frauen vom Weiheamt gemäß des Apostolischen Schreibens "Ordinatio sacerdotalis" solle ein inhaltlicher Diskurs mit der Kraft theologischer Argumente geführt werden. Die Redebeiträge vor der Abstimmung waren zum Teil sehr emotional. Die Oberin der Oberzeller Franziskanerinnen, Katharina Ganz, sagte unter Tränen, dass die Kirche sie am Ausleben ihrer Berufung zum sakramentalen Amt hindere.
Drohender Kipppunkt
Die Versammlung schaffte es so schließlich doch noch, alle Texte zu behandeln, die auf dem Programm standen. Zwei gehen nun in den Synodalen Rat – einer der beiden ist der Handlungstext "Gemeinsam beraten und entscheiden", der synodale Gremien auf Pfarr- und Diözesanebene etablieren will. Die Debatte über ihn am zweiten Tag wäre beinahe zum Kipppunkt der Veranstaltung geworden. Dass gerade dieses Papier Konfliktpotenzial birgt, war erwartbar, schließlich ist das Thema eines der Hauptpunkte im Konflikt um den Synodalen Weg zwischen Rom und Deutschland – Stichwort Synodale Räte. Mehrfach hatte der Vatikan, zuletzt durch den Apostolischen Nuntius in Deutschland, Nikola Eterović, gegen die vermeintliche Beschneidung bischöflicher wie priesterlicher Macht interveniert. Die Vertagung des Textes war laut Bischof Bätzing richtig, da er an einigen Punkten noch Vertiefung brauche und weitere Gespräche mit Rom ausstünden. "Wir werden aber Wege des gemeinsamen Beratens und Entscheidens gehen."
Irme Stetter-Karp, Vorsitzende des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, räumte ein, dass sie sich von dieser letzten Synodalversammlung mehr gewünscht hätte – besonders eine Verabschiedung des Handlungstextes "Gemeinsam beraten und entscheiden". Es gebe insgesamt zwar eine neue Gesprächskultur zwischen Bischöfen und Laien; strukturelle Veränderungen habe der Synodale Weg bisher aber nicht gebracht. Als Erfolg wertet sie, dass nun zumindest alle große Entscheidungsthemen auf dem Tisch lägen.
Generaloberin: Abstimmungen spiegeln Machtverhältnisse in Kirche wider
Die Synodalversammlung hat abgestimmt: Frauen sollen künftig in Eucharistiefeiern predigen dürfen. Schwester Katharina Ganz ist froh über den Beschluss. Gleichzeitig übt sie im Interview mit katholisch.de Kritik – auch, weil die Laienbeichte aus dem Dokument gestrichen wurde.
Was sich viele Synodale vor allem gewünscht hätten, ist mehr Mut und klarere Forderungen in den Texten. Ihnen gingen sie oft nicht weit genug. So fällt auch das Fazit einiger Delegierter verhalten aus, was die Reformkraft der Beschlüsse angeht: Es seien zum Teil nur "Trippelschritte". Was gerade bei Laien oder Nicht-Bischöfen für Unmut sorgte, waren die Änderungsanträge der Bischöfe, die sie auf ihrem Frühjahrs-Treffen in Dresden vergangene Woche besprochen hatten und noch kurzfristig in die Debatte einbrachten. Damit sollten die Texte unter ihnen mehrheitsfähiger werden. Viele Laien äußerten den Vorwurf, die Bischöfe spielten ihre Macht aus, um Papiere weichzuspülen und die anderen Synodalen unter Druck zu setzen.
Viele offene Fragen
Der Synodale Weg soll in anderer Form weitergehen – doch vieles bleibt offen. Der Synodale Ausschuss soll sich zunächst um die Texte kümmern, die die Synodalversammlung nicht mehr geschafft hat. Seine vollständige Besetzung steht nun ebenfalls fest: 20 weitere Delegierte neben den 27 Diözesanbischöfen (von denen eventuell nicht alle teilnehmen) und 27 vom ZdK nominierten Mitgliedern wurden von den Synodalen gewählt. Ob er auch wie vorgesehen den Synodalen Rat bilden kann, hängt davon ab, ob die Kirche in Deutschland dem Vatikan deutlich machen kann, wie er ausgestaltet werden soll und inwiefern er sich in den Rahmenbedingungen des Kirchenrechts bewegt. Dazu stellt sich die Frage, ob und wann die einzelnen Bischöfe die Beschlüsse, die umgesetzt werden können, verwirklichen. Nicht ausgeschlossen ist auch, dass die ein oder andere Frankfurter Entscheidung eine Reaktion aus Rom provoziert, etwa der Beschluss zu den Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare und wiederverheiratete Geschiedene.
Das Entscheidende ist: Werden die deutschen Vorschläge in Rom und der Universalkirche gehört und aufgenommen? Erneut bekräftigte Bischof Bätzing, dass viele Synodalbeschlüsse nur in Zusammenarbeit mit der Weltkirche realisiert werden können. Hierfür verspürt die Kirche in Deutschland Rückenwind: Viele internationale Gäste bei der Synodalversammlung betonten in ihren Statements, dass die deutschen Themen auch in ihrer Ortskirche relevant seien – auch wenn es manchmal eine andere Gewichtung und Herangehensweise gebe. Diese Fragen müssten in Konsultationsprozessen weiter angegangen werden, betonte der DBK-Vorsitzende. Hier appellierte er auch an Rom: Die Kirche müsse auf ihre großen Krisen in vielen Teilen der Welt Antworten geben. Das sollen aber "keine bürokratischen Antworten aus einer Kurienstelle oder aus Hinterzimmern" sein, sondern solche, die in synodalen Prozessen gesucht werden. Die Kirche in Deutschland sieht sich gerüstet, diese weiteren Etappen mitzugehen, sollten sie gestartet werden.